Verantwortung übernehmen: Gitis UVP-Ansatz beim B2C-Onlinereifenhandel

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In anderen Märkten bzw. vor allem in den USA haben andere Hersteller wie Goodyear oder BFGoodrich bzw. Michelin schon erste Schritte gewagt, ihre Reifen mittels eines eigenen Webshops in Richtung Endverbraucher – also Business to Consumer (B2C) – zu vermarkten. Mit Giti Tire ist in hiesiger Region bzw. in Europa und ganz speziell in Deutschland ein erstes Unternehmen an den Start gegangen mit einem solchen Direktvertrieb. Seit dem Frühjahr können Verbraucher unter http://shop.giti.de jedenfalls die Produkte des in Singapur ansässigen Herstellers mit Reifenwerken in China, Indonesien und den USA käuflich erwerben. Das dahinter stehende Konzept richte sich aber nicht gegen den Handel, erklärt Tobias Stöckmann, General Manager der Giti Tire Deutschland GmbH. Vielmehr sei das Ganze Ausdruck dessen, dass man als Hersteller ganz bewusst Verantwortung rund um die Vermarktung der eigenen Produkte im Markt übernehme, indem deren „Verschleudern“ im Online- wie im Offlinehandel eine Art Riegel vorgeschoben wird. „Mit dem Handel gemeinsam werden wir wachsen“, ist sich Stöckmann sicher. Die Zauberformel hinter alldem heißt demnach UVP, was bekanntermaßen für unverbindliche Preisempfehlung steht, in Kombination mit deren konsequenter Durchsetzung im Markt.

Seit Jahren ist das Lamento der Reifenbranche immer das Gleiche, weil die Reifenpreise langfristig betrachtet nur eine Richtung zu kennen scheinen: die nach unten. Diese Abwärtsspirale hat sich trotz teils steigender Rohstoffkosten rund um deren Produktion sowie höhere Aufwendungen beispielsweise für Energie oder für das Personal bislang nicht stoppen lassen. So sind innerhalb der Branche vielfach bereits Aussagen zu hören gewesen, an/mit dem Produkt Reifen lasse sich anders als noch in früheren Zeiten wohl kein Geld mehr verdienen. Den schwarzen Peter bei der ganzen Sache sieht Stöckmann nicht allein aufseiten des Handels, sondern eine Mitschuld an der Entwicklung trägt aus seiner Sicht ganz klar mitunter auch die Industrie. Das allgemein in der Branche, aber bei den Reifenherstellern bisher eben noch weit stärker ausgeprägte Mengendenken sorgt seinen Worten zufolge ja erst für einen entsprechenden Vermarktungsdruck. Denn getrieben letztlich von vermeintlich attraktiven Konditionen der Industrie lässt sich so mancher Händler zu einer zu starken Bevorratung hinreißen, sodass bei hinter den Erwartungen zurückbleibenden Abverkäufen dann halt mit (unauskömmlich) niedrigen Preise gegengesteuert werden muss, um nicht auf der Lagerware sitzen zu bleiben.

„Der Handel mit unseren Produkten endet nicht, wenn sie im Regal liegen“, umreißt Stöckmann, dass man bei Giti Tire gewillt ist, weitergehende Marktverantwortung zu übernehmen. Dazu gehört für das Unternehmen auch und gerade der Onlinevertrieb seiner Reifen. Zumal er und Stefan Brohs, Marketingdirektor Europe bei Giti Tire, keinen Zweifel daran aufkeimen lassen, dass ein „Kampf“ gegen das Internet als (zusätzlicher) Vertriebskanal für Reifen aussichtslos ist. Im Gegenteil: Ohne Onlinereifengeschäft werde es in Zukunft nicht mehr gehen. „Der Wettbewerb scheut sich noch, aber wir wollen anders als alle anderen sein“, macht Brohs deutlich, warum man verstärkt onlineaffine Kunden ins Visier nimmt. Schließlich sieht er Gitis Markenpositionierung mit Attributen wie clever oder auch frech und flexibel am besten charakterisiert. „Mit dem Onlinegeschäft wollen wir den nächsten Schritt gehen, ohne aber dabei dem Handel in die Beine zu grätschen“, beschreibt Stöckmann die dabei von Giti Tire zu bewältigende Gratwanderung. Dabei scheint er offensichtlich keinerlei wirkliche Bedenken zu haben, dies tatsächlich leisten zu können mit dem vom Unternehmen gewählten Vermarktungsansatz.

In diesem Frühjahr hat Giti Tire hierzulande einen eigenen B2C-Onlineshop unter http://shop.giti.de an den Start gebracht zwecks Direktvertrieb seiner Reifen in Richtung Endverbraucher – kommendes Jahr soll noch die Vermittlung von Montagepartnern das Internetangebot erweitern

In diesem Frühjahr hat Giti Tire hierzulande einen eigenen B2C-Onlineshop unter http://shop.giti.de an den Start gebracht zwecks Direktvertrieb seiner Reifen in Richtung Endverbraucher – kommendes Jahr soll noch die Vermittlung von Montagepartnern das Internetangebot erweitern

Dabei setzt man einerseits bekanntlich auf die Tyre Alliance (TA) – ein noch recht junger Zusammenschluss von fünf etablierten Großhändlern (Burkhardt, Semex, Specht, Straub, Tanski) – als strategischen, aber nicht exklusiven Distributionspartner. „Preisstabilität“ ist Brohs zufolge ein weiterer essenzieller Baustein bei dem Ganzen. Ziel sei, die Preisspreizung für Giti-Reifen im Markt möglichst klein zu halten oder es besser gesagt gar nicht erst zu einer solchen kommen zu lassen. Mittel zum Zweck ist hierbei besagte UVP, die man – so Stöckmann – „im Markt durchgesetzt“ habe. Vor diesem Hintergrund wird das Reifenangebot für Verbraucher im eigenen B2C-Webshop, der im Laufe des nächsten Jahres dann außerdem noch auf angeschlossenen Montagepartner hinweisen soll, von ihm denn auch nicht als Konkurrenz zum klassischen Handel gesehen, sondern vielmehr als ein „Mittel zur Preisstabilisierung“. Schließlich könne so letztlich kein Autofahrer darauf verweisen, er habe dieses oder jenes Giti-Profil irgendwo anders günstiger gesehen und sich deswegen genötigt fühlen, einen niedrigeren Preis einzufordern.

Zumal noch hinzukommt, dass man den Handel dazu ermuntere, Reifen erst dann zu ordern, wenn sie auch gebraucht werden. Dank des Partners TA bzw. dessen Logistiknetz sei eine so gute Lieferfähigkeit gegeben, dass eine groß angelegte eigene Lagerhaltung in Bezug auf Giti-Reifen in vielen Fällen gar keinen Sinn mache. Was wiederum helfe, den Mengendruck herauszunehmen. „In Kombination mit dem UVP-Konzept geben wir dem Handel so gewissermaßen die Selbstsicherheit zurück“, meint Brohs. Wie Stöckmann und er unisono bestätigen, soll der gewählte Ansatz jedenfalls funktionieren. „Die UVP-Durchsetzung hat bis jetzt funktioniert. Wenn man viele Kunden hat, gibt es zwar immer auch ‚Irritationen‘. Doch erst wenige Händler hatten noch Nachholbedarf an Schulungen zu unserem Konzept“, wissen Brohs und Stöckmann zu berichten. Insofern sei man damit nicht nur der erste Reifenhersteller mit einem eigenen B2C-Onlinereifenshop in Deutschland, sondern betreibe zugleich damit den ersten, der vom Handel akzeptiert werde genauso wie der dahinter stehende Konzeptansatz positiv aufgenommen.

Ob sich eine derartige „Markthygiene“ bzw. die Sache mit der Preisstabilität und der UVP-Durchsetzung zukünftig auf lange Sicht als tragfähig erweisen wird, muss man allerdings abwarten. Schließlich ist Giti Tire in einer vergleichsweise „komfortablen“ Situation, mit den unter eigenem Markennamen angebotenen (Pkw-)-Reifen noch nicht allzu lange im Markt zu sein, nachdem man sich mithilfe des ehemals exklusiven Vertriebspartners Reifen Gundlach zuvor vor allem als Hersteller der Marke GT Radial einen Namen gemacht hat hierzulande. Eine Marke Giti, die im Segment Pkw-Reifen selbst ja erst im letztjährigen Herbst in Deutschland an den Start gegangen ist und sich damit quasi noch im Aufbau befindet, sieht sich nun einmal schon per se einem deutlich geringeren Mengendruck ausgesetzt als etabliertere Marken mit ihren an allen Ecken und Enden verfügbaren Produkten. Unabhängig von derlei Einwänden müsse man manches – wie Brohs es formuliert – „einfacher machen“. Zumal in der Branche Konsens sein dürfte, dass ein „Weiter-so-wie-bisher“ ohnehin nicht zielführend ist. christian.marx@reifenpresse.de

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