Weltweite Automobilproduktion legt auch 2014 und 2015 weiter zu
Laut einer aktuellen Studie des Kreditversicherers Euler Hermes befindet sich die weltweite Automobilindustrie nach der Krise in den Jahren 2009/2010 weiter auf Erholungskurs. Für 2014 und 2015 wird jedenfalls ein Produktionsanstieg von jeweils vier Prozent vorhergesagt, und 2017 soll nach Ansicht der Ökonomen dann die Marke von 100 Millionen Fahrzeugen pro Jahr geknackt werden.
Als Wachstumsmotor wird dabei vor allem der weltgrößte Markt in China bezeichnet, der rund 20 Millionen verkaufte Fahrzeuge verzeichne und damit einen Marktanteil von 27 Prozent der weltweiten Autoverkäufe für sich reklamieren könne. Das prognostizierte Wachstumsplus in China liegt bei zehn Prozent im Jahr 2014 und acht Prozent im Jahr 2015, wobei rund 20 Prozent der dortigen Autoimporte aus Deutschland stammen sollen. „Der chinesische Markt ist für deutsche Autobauer hochprofitabel und macht einen zunehmend großen Anteil an den Unternehmensgewinnen aus“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler-Hermes-Gruppe. „Dies bedeutet einerseits eine stärkere Abhängigkeit und damit steigende Risiken“, sagt er.
In diesem Zusammenhang verweist Subran darauf, dass die Preispolitik und Marktmacht deutschen Autobauer zuletzt stark im Fokus chinesischen Kartellbehörden gerückt war. „Als Folge der laufenden Untersuchungen der chinesischen Behörden haben beispielsweise fast alle großen Firmen bereits umfangreiche Preissenkungsmaßnahmen, vor allem bei Ersatzteilen angekündigt. Andererseits sind sinkende Preise die Voraussetzung für weiteres langfristiges Wachstum. Die Aussichten sind deshalb weiterhin sonnig – zumal lediglich fünf Prozent aller Chinesen bisher ein eigenes Auto besitzen. Um das große Potenzial der chinesischen Landbevölkerung zu erschließen, müssen die Autobauer für diese Zielgruppe Lösungen finden, die auf die geringere Kaufkraft dieser Bevölkerungsgruppe zugeschnitten sind“, ergänzt er.
Die Euler-Hermes-Ökonomen erwarten vor diesem Hintergrund für Deutschland einen weiteren Produktionsanstieg von sechs Prozent im Jahr 2014 und weiteren vier Prozent im kommenden Jahr. Die Exportquote der deutschen Autobauer wird mit 77 Prozent beziffert, was einem Langzeithoch entspreche. Auch die Verkaufszahlen im Inland stabilisierten sich bei drei Millionen Fahrzeugen bis zum Jahresende entsprechend einem Plus von drei Prozent im Vergleich zu 2013. Für 2015 erwartet der Kreditversicherer einen weiteren leichten Anstieg um drei Prozent auf 3,1 Millionen verkaufte Autos, was aber immer noch etwa zehn Prozent unter dem mittelfristigen Durchschnittswert der vergangenen Jahre liege. Dieser ist bekanntlich jedoch vor allem durch die von der „Abwrackprämie“ bedingten Spitze bei den Neuregistrierungen in den Jahren 2009/2010 beeinflusst.
Ungeachtet dessen macht Euler Hermes in dem starken Preiswettbewerb in Europa und den steigenden Produktionskosten jedoch vermehrt Risiken für die deutschen Autobauer aus, die als Reaktion darauf zum Teil schon Sparmaßnahmen angekündigt hätten. „Trotz einiger Risikofaktoren sind die deutschen Autobauer als Premiumhersteller weltweit gut positioniert. Sie sind von Anbeginn in allen wichtigen Wachstumsmärkten vertreten und die deutschen Automarken erfreuen sich weltweit großer Wertschätzung“, findet Thomas Krings, Risikovorstand bei Euler Hermes. Durch ihre hohe Profitabilität könnten sie zudem mehr investieren – in die geografische Expansion ebenso wie in die Entwicklung neuer Produkte und Modelle und einen effizienteren Produktionsprozess.
„Chinesische Hersteller investieren beispielsweise nur rund zwei Prozent ihrer Erlöse in Forschung und Entwicklung, bei den westlichen Autobauern sind es zwischen vier Prozent und sechs Prozent. Das ist ein erheblicher Wettbewerbsvorteil, der sich langfristig bezahlt macht“, meint er. Auch und gerade im US-Markt, wohin Euler Hermes zufolge 20 Prozent aller deutschen Autoexporte gehen. Die Vereinigten Staaten gelten als weltweit zweitgrößter Pkw-Markt, werden dort doch rund 23 Prozent aller globalen Fahrzeuge verkauft. Und nach einer vorherigen Art „Katerstimmung“ stünden die Zeichen dort ebenfalls wieder auf Wachstum. Euler Hermes prognostiziert für 2014 ein Plus von vier Prozent und für 2015 in Höhe von drei Prozent.
Vorangegangen seien jedoch tief greifende Restrukturierungsmaßnahmen in den Jahren 2009-2010 und ein Arbeitsplatzabbau um 20 Prozent bei gleichbleibenden Produktionskapazitäten. „Der Markt ist jedoch relativ gesättigt, Wachstumssprünge wie in den aufstrebenden neuen Märkten sind nicht zu erwarten“, heißt es. Im Gegensatz zu China (fünf Prozent) und Indien (zwei Prozent) sollen 80 Prozent aller Amerikaner bereits ein Auto besitzen. Dennoch wird der von Pick-ups und SUVs dominierte Markt für Autobauer als „weiterhin sehr lukrativ“ beschrieben. Angeführt wird er demnach von den heimischen sowie den japanischen Herstellern, während die deutschen Autobauer „nur“ auf einen Marktanteil von annähernd acht Prozent kämen.
Zu den Verlierern bei den Verkaufszahlen gehören Thailand, Argentinien und Russland, die laut Euler Hermes 2014 Rückgänge um 36 Prozent, 30 Prozent und 14 Prozent werden verkraften müssen. „Neben den geopolitischen Risiken tragen auch die Abwertung der jeweiligen Landeswährung und das hohe Zinsniveau zu dieser Negativentwicklung bei. Auch Brasilien (minus zehn Prozent 2014) leidet unter der Rezession im Land und kann die in den vergangenen Jahren sukzessive erweiterten Produktionskapazitäten nicht auslasten, was die Profitabilität belastet. Japan kämpft – zumindest kurzfristig – mit einer Anhebung der Mehrwertsteuer, die das Wachstum 2014 negativ beeinflusst (minus fünf Prozent 2015) und in Europa zählen Italien und Belgien zu den Verlierern“, ist der Studie weiterhin zu entnehmen.
Zu den Gewinnern wiederum werden auch Automobilzulieferer gezählt. Deutsche Unternehmen seien in diesem Bereich Marktführer, hätten 2013 Rekordumsätze von rund 70 Milliarden Euro (plus zwei Prozent im Vergleich zu 2012) erwirtschaftet sowie durchweg eine gute Profitabilität und operativen Margen von rund 7,5 Prozent verzeichnet. „Grund dafür ist vor allem deren Produktionsverlagerung in der geografischen Nähe zu den Fabriken der großen Autobauer in den globalen Wachstumsmärkten. Zwischen 2007 und 2013 zeichnete sich eine starke Verschiebung in der Automobilproduktion ab zugunsten der neuen Märkte. China legt in diesem Zeitraum plus 149 Prozent zu bei der Herstellung von Fahrzeugen, in Indien waren es plus 72 Prozent und in Mexiko plus 46 Prozent. In Frankreich und Italien hingegen werden mit minus 42 Prozent beziehungsweise minus 29 Prozent immer weniger Autos produziert“, so Euler Hermes. cm
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