Zwischen-/Nachruf: Wenn politische Kräfte ideologisch labeln

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Man weiß nicht genau, ob einem mit Blick auf das EU-Reifenlabeling eher zum Lachen oder nicht vielleicht doch besser zum Weinen zumute sein sollte. Mit Humor versucht hat es die NEUE REIFENZEITUNG bei ihrem diesjährigen Aprilscherz, für den kurzerhand sogenannte „Schockbilder“ auf der Reifenseitenwand erfunden wurden, um Verbraucher darüber verstärkt für (möglichst gute) Labelwerte sensibilisieren zu können. Doch selbst darauf war die Resonanz deutlich kleiner als bei allen anderen in den Vorjahren getriebenen Scherzen. Das könnte man so interpretieren: Auch innerhalb der Reifenbranche lockt man mit dem Thema Reifenlabel niemanden mehr hinter dem Ofen hervor – und sei die Geschichte dahinter noch so abstrus. Ist es angesichts dessen nicht vielleicht schon Zeit, das Taschentuch herauszuholen, einen Nachruf auf den zwischenzeitlich offenbar dahingeschiedenen „Patienten Reifenlabel“ zu verfassen und den nie so ganz gesunden Burschen zu Grabe zu tragen? Oder besteht doch noch berechtigte Hoffnung auf seine Genesung, und woran krankt er überhaupt?

Über ein Jahr nach seiner offiziellen Einführung fristet das Reifenlabeling mehr oder weniger immer noch ein Schattendasein – zumindest berichtet die Mehrzahl der Reifenhändler gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG davon, dass die Reifenkennzeichnung im Verkaufsgespräch in den seltensten Fällen eine gewichtige Rolle spielt. Das wirft natürlich unmittelbar die Frage danach auf, woran das liegen könnte: Ist das Ganze zu kompliziert? Oder mangelt es nicht vielleicht auch gerade deshalb an Akzeptanz des Reifenlabels, weil der Gesetzgeber bei der Energieeffizienzkennzeichnung der schwarzen runden Gummis einerseits gewissermaßen „mit Kanonen auf Spatzen schießt“ und dann andererseits aber nicht einmal daran denkt, sich um möglicherweise getroffenes „Wild“ entsprechend zu kümmern? Zudem lassen einige Dinge Zweifel daran aufkeimen, ob bei der Konzeption des Reifenlabelings geballte technische Kompetenz zum Tragen gekommen ist oder nicht doch eher ideologisch verfärbter Aktionismus Triebfeder des Ganzen war/ist.

Wenn rohe Kräfte sinnlos walten, kann nicht viel Vernünftiges dabei herumkommen – freilich nicht mit genau diesen Worten, sondern mehr dem Sinn nach schrieb das der deutsche Dichter Friedrich von Schiller schon in seinem „Lied von der Glocke“, lange bevor es Autos gab oder an deren Bereifungen überhaupt zu denken war. Und doch lässt sich das irgendwie auf die Situation rund um das Reifenlabeling übertragen. Selbst wenn man der Politik ihre Besorgnis um die Umwelt zugutehält, so lässt sich jedoch der Eindruck nicht von der Hand weisen, die EU-Reifenkennzeichnung sei irgendwie mit heißer Nadel gestrickt. Angesichts der allgemeinen Hysterie rund um den befürchteten Klimawandel, die mitunter fast schon religiöse Züge mit Gläubigen auf der einen und Zweiflern auf der anderen Seite annimmt, war es scheinbar in erster Linie das Ziel, so schnell als nur irgend möglich Lösungen für das vermeintlich drängende Problem einer globalen Erwärmung vorzulegen.

Normalsterblichen erschließt sich nicht, was das Pkw-Label mit dem Einsparen von Kraftstoff bzw. Ressourcenschonung zu tun hat angesichts identischer Kohlendioxideffizienzklasse „B“ zum Beispiel für Toyotas Aygo (rechts) und Porsches Cayenne S Hybrid (oben), obwohl das SUV einen rund doppelt so hohen Verbrauch und entsprechend höhere Kohlendioxidemissionen aufweist wie der Kleinwagen

Normalsterblichen erschließt sich nicht, was das Pkw-Label mit dem Einsparen von Kraftstoff bzw. Ressourcenschonung zu tun hat angesichts identischer Kohlendioxideffizienzklasse „B“ zum Beispiel für Toyotas Aygo (rechts) und Porsches Cayenne S Hybrid (oben), obwohl das SUV einen rund doppelt so hohen Verbrauch und entsprechend höhere Kohlendioxidemissionen aufweist wie der Kleinwagen

Herausgekommen sind in Bezug auf die Automobilindustrie bekanntlich neben Grenzwerten für den Kohlendioxidausstoß von Kraftfahrzeugen und die Einbeziehung der Emissionswerte bei deren Besteuerung vor allem auch die Effizienzkennzeichnung von Autos und deren Reifen. Prinzipiell eine gute Idee, hat vor Kurzem doch erst die Deutsche Automobiltreuhand GmbH (DAT) auf ein Detailergebnis ihres alljährlich erscheinenden DAT-Reportes hingewiesen, wonach die Mehrheit der Autokäufer in Deutschland sogar bereit wäre, mehr Geld für die Anschaffung eines Autos auszugeben, sofern es dafür weniger Kraftstoff verbraucht: Von knapp 4.000 im DAT-Auftrag durch die Gesellschaft für Konsumforschung befragten Privatpersonen sollen sich immerhin 70 Prozent in diesem Sinne geäußert haben – fünf Jahre zuvor seien es noch 65 Prozent gewesen heißt es. Bei Neuwagen steht das Thema Spritverbrauch demnach auf Rang vier der Prioritätenliste von Autokäufern hinter der Zuverlässigkeit des Pkw, seinem Aussehen und dem Anschaffungspreis, während bei Gebrauchtwagen der Kraftstoffverbrauch sogar an dritter Stelle hinter dem Anschaffungspreis und dem Aussehen des Autos rangiert.

Eigentlich gute Voraussetzungen für Effizienzlabel, welche die Verbraucher ja doch wohl gerade in ihrem ganz offensichtlichen Bestreben, Kraftstoff(-kosten) zu sparen, unterstützen sollen. Werden sie aber diesem Anspruch überhaupt gerecht? Zumindest mit Blick auf das Pkw-Labeling lässt sich das aus objektiver Sicht ganz klar verneinen. Dazu genügt ein Blick auf wenige Beispiele. Wer etwa einen Viertürer der Marke Volkswagen mit Dieselmotor und nicht allzu vielen Pferdestärken erwerben will, könnte in die Verlegenheit geraten, sich zwischen einem Golf und einem ebenfalls mit 110 PS sowie Sechsganggetriebe aufwartenden Tiguan entscheiden zu müssen. Während ersteres Modell laut den technischen Daten beider Fahrzeuge einen Normverbrauch (inner- und außerorts kombiniert) von 4,5 Litern je 100 Kilometer in die Waagschale werfen kann, wird der des Tiguan aber mit 5,3 Litern je 100 Kilometer beziffert: Das entspricht einem immerhin fast 18 Prozent höheren Verbrauch, obwohl beide Kandidaten der Effizienzklasse „B“ zuzurechnen sind. Das liegt bekanntlich daran, dass bei der Einstufung in die Pkw-Effizienzklassen die Masse der jeweiligen Fahrzeuge mit einbezogen wird.

Letzteres führt zu sogar noch viel abstruseren Ergebnissen, wie ein Vergleich der Verbrauchswerte eines Toyota Aygo der neuesten Generation mit Fünfgangschaltgetriebe, für den 3,8 bis 4,1 Liter je 100 Kilometer angegeben werden, mit denen eines Porsche Cayenne S Hybrid (8,2 Liter pro 100 Kilometer) zeigt: Trotz seines rund doppelt so hohen Kraftstoffkonsums kann das große SUV ebenso mit der Effizienzklasse „B“ aufwarten wie der Kleinwagen. Wer soll das verstehen? Und vor allem: Wie wirkt sich so etwas auf die Akzeptanz des entsprechenden Labelings aus? Schließlich werden irgendwelche Regelungen, Ge- oder Verbote von der breiten Masse der Bevölkerung normalerweise umso eher angenommen bzw. befolgt, je mehr der dahinter stehende Grund nachvollzogen werden kann. Wer für zu schnelles Fahren vor einem Kindergarten oder einer Schule zur Kasse gebeten wird, hat in aller Regel wohl mehr Einsehen, etwas Falsches gemacht zu haben, als derjenige, der aus demselben Grund durch einen Blitzer außerorts auf einer gut ausgebauten Straße zur Kasse gebeten wird.

Wen interessiert da noch das Reifenlabel, wenn beispielweise bei der C-Klasse je nach Dimension der Aluräder von 17 über 18 bis hin zu 19 Zoll (v.l.n.r.) bei sonst gleicher Ausstattung der Kraftstoffverbrauch zwar um fast acht Prozent zunimmt, der Wagen aber ungeachtet dessen trotzdem in allen Fällen in die Kohlenstoffdioxideffizienzklasse „B“ fällt?

Wen interessiert da noch das Reifenlabel, wenn beispielweise bei der C-Klasse je nach Dimension der Aluräder von 17 über 18 bis hin zu 19 Zoll (v.l.n.r.) bei sonst gleicher Ausstattung der Kraftstoffverbrauch zwar um fast acht Prozent zunimmt, der Wagen aber ungeachtet dessen trotzdem in allen Fällen in die Kohlenstoffdioxideffizienzklasse „B“ fällt?

Nicht viel nachvollziehbarer wird das Effizienzlabeling für Pkw, wenn die Bereifung(-soptionen) der Neufahrzeuge in die Betrachtung mit einbezogen werden. Zieht man etwa die neue C-Klasse von Mercedes-Benz als Benziner mit Basismotorisierung (C 180, 115 kW/156 PS) als Beispiel heran, so lässt sich den technischen Daten des „nackten“ Autos ohne irgendwelche Sonderausstattungen bei Serienbereifung auf 16-Zoll-Stahlrädern ein kombinierter (inner-/außerorts) Normverbrauch von fünf Litern je 100 Kilometer entnehmen, und der Wagen ist damit hinsichtlich seiner Kohlendioxideffizienz in die Klasse „A“ eingestuft. Entscheidet sich ein Käufer bei ansonsten gleicher Ausstattung für 17-Zoll-Leichtmetallräder und gleichzeitig damit natürlich für entsprechend größere Reifen, so steigt der Verbrauch auf 5,1 Liter je 100 Kilometer, wobei das Auto gleichzeitig damit in die „B“-Effizienzklasse rutscht. Werden – wiederum bei ansonsten identischer Fahrzeugausstattung – gar Aluräder in 18 oder 19 Zoll beim Kauf geordert, steigt der Verbrauch auf 5,3 respektive 5,5 Liter pro 100 Kilometer – in Sachen der Pkw-Effizienzeinstufung bleibt es jedoch unabhängig davon bei einem „B“.

Wie passt das alles mit dem zusammen, was die Reifenbranche sich abgemüht hat respektive sich mehr oder weniger weiter abmüht, dem Verbraucher zu vermitteln? Denn heißt es bezogen auf das Reifenlabeling nicht, dass beim angenommenen Normverbrauch eines Fahrzeuges in Höhe von 6,6 Litern je 100 Kilometer zwischen den einzelnen Abstufungen hinsichtlich der Rollwiderstands-/Effizienzklassifizierung Pi mal Daumen eine Verbrauchsdifferenz von etwa 0,1 Litern pro 100 Kilometer (entsprechend also etwa 1,5 Prozent) liegen soll? Und wie erklärt man Kunden im Falle eines Falles vor dem Hintergrund all dessen, dass dem bei Reifen sehr wohl so ist und dass dies bei einer Neuanschaffung nach Möglichkeit mit berücksichtigt werden sollte, wenn in Sachen des Fahrzeuges selbst und bezogen auf sein Effizienzlabel ein Mehrverbrauch mit 19-Zoll-Optionsbereifung von 0,4 Litern auf 100 Kilometern bzw. immerhin knapp acht Prozent gegenüber der 17-Zoll-Optionsbereifung überhaupt nicht ins Gewicht fällt?

Freilich ist sicherlich nicht allein darin der Grund zu suchen, warum sich bislang nur vergleichsweise wenige Autofahrer um das Labeling scheren – sei es das für Reifen oder auch das für die Fahrzeuge. Aber trotzdem hinterlässt das Ganze den Eindruck, als sei die EU-Effizienzkennzeichnung im Hinblick auf den automobilen Bereich eher politisch motiviert bzw. von ideologischen Interessen geleitet als geprägt von der Kenntnis technischer Zusammenhänge. Letzten Endes ist so etwas wiederum eine schlechte Ausgangslage, wenn man auf eine möglichst breite Akzeptanz entsprechender Regelungen hofft. Nicht umsonst scheint ein Großteil der Reifenbrache nach nunmehr rund zwei Jahren EU-Reifenlabeling doch recht desillusioniert zu sein, was die Bedeutung rund um den Reifenkauf angeht. Laut einer Onlineumfrage auf den Webseiten der NEUE REIFENZEITUNG unter www.reifenpresse.de messen ihm Stand Ende Juli nur sechs Prozent einen „entscheidenden“ bzw. zehn Prozent einen „zunehmend wichtigeren“ Einfluss bei. Umgekehrt meinen 46 Prozent, die Rolle des Reifenlabels falle beim Reifenkauf „kaum ins Gewicht“, und 38 Prozent halten es gleich für komplett „unwichtig“.

 

Zu dieser doch recht negativen Einschätzung dürften nicht zuletzt viele weitere „Ungereimtheiten“ rund um die EU-Kennzeichnung von Reifen beigetragen haben. Dass das Reifenlabel allenfalls sehr begrenzt (über die Nasshaftung) Rückschlüsse auf die Wintereigenschaften der schwarzen Rundlinge zulässt, auf denen es klebt, wäre da vielleicht noch zu verschmerzen gewesen, hätte man es nicht gerade zum Stichtag 1. November 2012 und damit mitten in der in Deutschland so wichtigen Winterreifensaison eingeführt. Okay, das lässt sich nun nicht mehr ändern. Aber was ist seither eigentlich hinsichtlich einer unabhängigen Kontrolle der Labelingeinstufungen geschehen? Nada, nichts, nothing – zumindest ist dieser Fachzeitschrift bis heute nichts dergleichen zu Ohren gekommen. Soll heißen: Zwar hat mitunter so mancher Reifenvermarkter Besuch von der Obrigkeit bekommen, wobei dann überprüft wurde, ob die Reifen im Verkaufsraum wie vorgeschrieben ausgezeichnet sind, aber ob die von den Herstellern jeweils selbst vorgenommenen Einstufungen ihre Richtigkeit haben, ist bis dato noch nie überprüft worden.

Dabei ist es beileibe nicht so, dass es nicht Indizien gäbe, mancher Anbieter nehme es bezüglich der Labeleinstufung seiner Produkte nicht gar so genau. Aufseiten der etablierten Marken wird sich so etwas zwar keiner der Marktspieler erlauben können, trotzdem hat zuletzt gerade erst die Zeitschrift AutoBild nach einem Vergleichstest sogenannter Spritsparreifen laut Zweifel an der korrekten Labeleinstufung einiger Kandidaten geäußert. Mit Blick auf das Kapitel Rollwiderstand hat das Blatt beispielsweise für die in Bezug auf Effizienzklassifizierung in der Testgröße 205/55 R16 (mit Lastindizes 91 bzw. 94 sowie Geschwindigkeitsindex V oder W) samt und sonders eine „B“-Einstufung vorweisenden Modelle Goodyear „Efficient Grip Performance“, Michelin „Energy Saver +“, Dunlop „Sport BluResponse“, Pirelli „Cinturato P7 Blue“ sowie Conti „EcoContact 5“ Rollwiderstandsbeiwerte angefangen bei 7,16 kg je Tonne (Goodyear) bis hin zu 8,46 kg je Tonne (Conti) gemessen. Wer das schon nicht versteht, der hakt das Thema Reifenlabel allerspätestens dann ab, wenn er in AutoBild zusätzlich noch liest, dass das „LS388“ genannte Profil der Marke Landsail aus der Produktion des aus China stammenden Herstellers Qingdao Sentury Tire Co. Ltd. in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz ebenfalls „B“-gelabelt ist, aber für den Reifen mit 9,40 kg je Tonne der bei Weitem schlechteste Rollwiderstandsbeiwert von dem Magazin gemessen wurde.

Das Kopfschütteln wird nicht gerade geringer, wenn zusätzlich noch die Leistungen beim Nassbremsen der getesteten Spritsparreifen mit in die Betrachtung mit einbezogen werden. Denn von allen acht Probanden weisen hinsichtlich des Nassbremslabelwertes zwar nur der „EcoContact 5“ und wiederum der „LS388“ eine „B“-Einstufung auf, aber die von AutoBild tatsächlich gemessenen Bremswege auf nasser Fahrbahn liegen mit 59,6 Metern (Conti) und 69,9 Metern (Landsail) Welten auseinander. Nun könnte es natürlich sein, dass der deutsche Hersteller – aus welchen Gründen auch immer – sein Modell schlechter gelabelt hat als nötig tut. Das würde vielleicht erklären, warum in dem Vergleich des Automagazins manche Wettbewerbsprodukte mit einem „A“ beim Nassbremsen etwas besser als der Conti-Reifen abschneiden und manche etwas schlechter als er: Der „EcoContact 5“ wäre damit so etwas wie ein „verkappter ‚A’-Nassbremser“, aber der große Abstand zu dem „LS388“ wird dadurch trotzdem nicht plausibler.

Dafür muss es also andere Gründe geben, wobei ohnehin überrascht, dass ein Reifenhersteller wie Qingdao Sentury Tire, der nach eigenem Bekunden erst 2009 mit der Massenproduktion von Pkw-Reifen gestartet ist, binnen nur fünf Jahren bereits mit Produkten aufwarten kann, die im Hinblick auf das EU-Reifenlabeling sowohl beim Rollwiderstand als auch beim Nassgriff eine „B“-Klassifizierung erreichen sollen. Mehr noch: Bei der diesjährigen „Reifen“ in Essen konnte der erstaunte Messebesucher am Stand des Unternehmens sogar Modelle mit Doppel-„A“-Bewertung bewundern: etwa in Form des „LS588 SUV“ genannten Landsail-Profils in der Dimension 285/35 R22 106W XL oder der Runflat-Ausführung des „LS388“ in der Größe 195/55 R16 91W XL. Doch was ist bislang aus solchen Irrungen und Wirrungen gefolgt wie sie AutoBild und zuvor bereits andere für jedermann mit zumindest so viel Sachverstand, dass eins und eins ohne Taschenrechner zusammengezählt werden kann, nachvollziehbar dargelegt haben? Wie schon gesagt: Nada, nichts, nothing.

Die Qingdao Sentury Tire Co. Ltd. aus China hat nach eigenem Bekunden zwar erst 2009 die Massenproduktion von Pkw-Reifen aufgenommen, hat bei der diesjährigen Reifenmesse jedoch bereits Reifen gezeigt, die bezüglich der Labelkriterien Kraftstoffeffizienz und Nassbremsen mit einer Doppel-„A“-Einstufung aufwarten können sollen: das „LS588 SUV“ genannte Landsail-Profil in 285/35 R22 oder die Runflat-Ausführung des „LS388“ in 195/55 R16

Die Qingdao Sentury Tire Co. Ltd. aus China hat nach eigenem Bekunden zwar erst 2009 die Massenproduktion von Pkw-Reifen aufgenommen, hat bei der diesjährigen Reifenmesse jedoch bereits Reifen gezeigt, die bezüglich der Labelkriterien Kraftstoffeffizienz und Nassbremsen mit einer Doppel-„A“-Einstufung aufwarten können sollen: das „LS588 SUV“ genannte Landsail-Profil in 285/35 R22 oder die Runflat-Ausführung des „LS388“ in 195/55 R16

Man braucht sich also noch nicht einmal in Untersuchungen wie die der britischen Emissions Analytics Ltd. zu vertiefen, wo man herausgefunden haben will, dass ein beim Rollwiderstand mit „B“ gelabelter Reifensatz bei Geschwindigkeiten oberhalb von etwa 40 Meilen pro Stunde (gut 64 km/h) gegenüber einem mit „F“-gelabelten zwar Sprit spare, sich der Effekt aber bei niedrigerem Tempo – also im innerörtlichen Verkehr etwa – umkehre bzw. ein identisches Fahrzeug mit Reifen der „F“-Rollwiderstandsklasse dann weniger verbrauche. Denn egal, ob da etwas dran ist oder nicht, sollte klar geworden sein, dass ein offensichtlich mit ziemlich heißer Nadel gestricktes (Öko-)Labeling, das dann noch nicht einmal auf korrekte Anwendung hin überprüft wird, nicht allzu viel Sinn macht. Kein Wunder also, dass das Ganze weiter munter vor sich hindümpelt, selbst wenn das Labeling Reifenvermarktern prinzipiell eine Steilvorlage für den Einstieg in ein vertiefendes (Verkaufs-)Gespräch mit dem Kunden/Endverbraucher liefert.

Veränderungen beim EU-Reifenlabeling mahnt vor dem Hintergrund all dessen die Europäische Vereinigung für Unfallforschung und Unfallanalyse (EVU) an, wenn auch weniger in Bezug auf die von der Reifenkennzeichnungsverordnung abgedeckten Umweltkriterien (Rollwiderstand/Kraftstoffeffizienz, Abrollgeräusch) als vielmehr mit Blick auf das Thema Fahrsicherheit, also das Nassbremsen. Die EVU fordert, dass es bei der Kategorie Nassgriff des Labels nur noch drei Abstufungen – „A“, „B“ und „C“ – geben sollte. „Jene Reifen für Pkw, Llkw, Lkw und Busse, die nicht mindestens ein ‚C’ erreichen, haben auf nasser Fahrbahn zu lange Bremswege, was nicht im Sinne der Verkehrssicherheit ist“, meint einmal mehr EVU-Präsident Prof. Dr. Egon-Christian von Glasner. „Zumal die EU bis heute nicht ihren Druckfehler bei der Definition der Nassgriffklasse ‚F’ behoben hat“, ergänzt er. Dort seien irrtümlich nämlich die Größer/Gleich- und die Kleiner/Gleich-Zeichen für den Nassgriffindex „G“ vertauscht worden. „Aufgrund dieses Fehlers kann jeder Schrottreifen noch die Note ‚F’ erreichen“, so der Unfallforscher. Doch ohne wirksame Kontrolle der Labelwerte spielt das ohnehin keine Rolle mehr und ist gewissermaßen nur das Tüpfelchen auf dem i. Man wird also weiterhin abwarten müssen, wie’s weitergeht mit dem Reifenlabel. Vielleicht braucht gut Ding doch nur noch ein wenig mehr Weile. christian.marx@reifenpresse.de

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