Voll vernetzt: Caruso bringt Anbieter und Nutzer von Kfz-Daten zusammen
Als Marktplatz, wo alle fahrzeugbezogenen Daten – egal welche Marke, Technologie oder welcher Hersteller dahinter steht – zusammenlaufen: So beschreibt Alexander Haid, neben Jürgen Buchert einer der beiden Geschäftsführer der Caruso GmbH, die Mitte November offiziell gestartete Webplattform des Unternehmens unter www.caruso-dataplace.com. Das Ganze ist seinen Worten zufolge das erste offene System dieser Art, das Anbieter von Kfz-Daten wie Kilometerständen, Teilenummern, Reparaturanleitungen und dergleichen mehr auf der einen und deren Nutzer (Werkstätten, Fuhrparkmanager usw.) auf der anderen Seite zusammenbringen soll. Davon würde alle Seiten profitieren, sagt Haid. Zumal die einen ihre bei ihnen vorliegenden Daten monetarisieren könnten, während sich bei den anderen durch einen bequemen Zugriff Kosten und Effizienz optimieren ließen. Und da Caruso als Vermittler zwischen den Parteien natürlich auch profitiert, spricht er letztlich von eine Win-win-win-Situation.
Gleichwohl legt Haid Wert auf die Feststellung, dass man gewissermaßen als eine Art von Einkaufskooperation für Kfz-Daten lediglich für feste Rahmenbedingungen sorge, selbst aber freilich keine Daten anbiete. Für diese Aufgabe hat man hinsichtlich Telematikdaten bis dato Abax, BMW, Bosch, Continental und ZF als Partner gewinnen können sowie Bosch und die TecAlliance in Sachen digitaler Werkstatt-/Teiledaten. Letzteres Unternehmen hat im Übrigen Caruso als initialer Investor auf den Weg gebracht, wobei Ende September bereits ATR (Autoteilering) als weiterer Gesellschafter vermeldet werden konnte. „ATR International ist als eine der größten und erfolgreichsten Handelsorganisationen im freien Aftermarket ein echter Gewinn für Caruso. Da wir über die TecAlliance bereits eine starke Vertretung der Teileindustrie auf dem Marktplatz haben, war der Handel der nächste logische Schritt, um den Automotive Aftermarket in seiner Gänze abzubilden“, so Caruso-Geschäftsführer Jürgen Buchert.
„Mit unserer Beteiligung versprechen wir uns Zugang zu neuen Geschäftsmodellen, technischer Expertise und zu einem zusätzlichen, sehr attraktiven Absatzkanal für unsere Gesellschafter. Vor allem ist es uns wichtig, dass wir unsere Position in dem sich verändernden Automotive Aftermarket selbst bestimmen und die Vorteile der Digitalisierung voll ausschöpfen können“, erklärt Roland Dilmetz, Vorstand der ATR International AG, warum man sich für einen Einstieg als Gesellschafter bei Caruso entschieden hat. Haid zufolge sind darüber hinaus jüngst auch die Carat-Gruppe sowie die Eucon Group als Gesellschafter noch dazu gestoßen. „Wir sind in teilweise recht weit fortgeschrittenen Gesprächen mit potenziellen Gesellschaftern oder Datenanbietern aus den Segmenten Werkstatt, Fleet und Leasing, Versicherungen, Service- und Mobilfunkanbieter, um unseren Marktplatz kontinuierlich auszubauen“, ergänzt Buchert.
Auf dem Marktplatz sollen jedenfalls auch Daten der Automobilhersteller verfügbar sein, zumal man über BMW hinaus auch noch mit weiteren OEMs konkret in Verhandlungen stehe. Zu den Datennutzern zählen demnach wiederum Abax sowie zusätzlich noch das Automobilklub-Start-up JimDrive, die Schaeffler-Gruppe in ihrer Funktion Teilehersteller und der Werkstattsoftwareanbieter Werbas. „Die Vision von Caruso ist es, im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung einen neutralen, offenen und sicheren Datenmarktplatz zu schaffen, der allen bisherigen und zukünftigen Akteuren des Automotive Aftermarket offensteht. Datenlieferanten können ihre Daten in einer geschützten und offenen Umgebung auf Basis eigener Geschäftsmodelle einer Vielzahl an Interessenten gleichzeitig anbieten. Datennutzer erhalten schnelleren und leichteren Zugang zu Daten verschiedener Anbieter und können so eigene Mobilitätsservices entwickeln oder verbessern“, sagt Haid.
„Nach der Gründung im März 2017 mit Anfangsinvestitionen von rund sechs Millionen Euro freuen wir uns sehr darüber, dass wir unseren Caruso-Datenmarktplatz jetzt eröffnet haben. Alle Teilnehmer des Automotive Aftermarket – egal ob Teilehersteller, Handel, Werkstätten, Versicherungen, Fleet- und Leasingunternehmen, Autovermietungen und Carsharing-Anbieter, Mobilfunkanbieter oder Pannenserviceunternehmen – sind auf fahrzeugbezogene Daten angewiesen, wenn sie ihre Mobilitätsservices verbessern oder ganz neue entwickeln wollen. Gerade wenn sie mit den ‚Big Playern‘ im digitalen Zeitalter mithalten wollen, müssen vorhandene Daten intelligent miteinander verknüpft werden“, erklärt er, in welcher Rolle man Caruso sieht. Der Datenmarktplatz ermögliche durch die Verknüpfung von Daten neue Geschäftsmodelle im Automotive Aftermarket und bündele verschiedene Prozesse über die Plattform, heißt es.
Als einer der ersten Anwendungsfälle lässt sich der Kilometerstand eines Fahrzeugs mit Repair-and-Maintenance-Informationen (RMI) verknüpfen – den technischen Daten für Kfz-Reparatur, Mechanik, Wartung und Diagnose – sowie mit Terminbuchungssystemen von Werkstattketten. „Durch die Verknüpfung der Telematikdaten mit den RMI- und Werkstattdaten weiß der Flottenmanager im Voraus, wann bei welchem Fahrzeug die nächste Inspektion ansteht, und kann über den Caruso-Datenmarktplatz direkt einen passenden Termin in der nächsten Werkstatt buchen. Diese kann dann mithilfe der RMI-Daten die laut Serviceplan fälligen Ersatzteile bestellen – wenn der Teilehändler ebenfalls angebunden ist, sogar automatisiert über den Datenmarktplatz“, hebt Haid im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG als Vorteil hervor.
Als dies soll kontinuierlich weiter ausgebaut werden, sodass zukünftig beispielsweise Versicherungen über das System etwaige während der Inspektion aufgefallene Kaskofälle (zum Beispiel die Reparatur eines Steinschlagschadens) nach Zustimmung des Fahrers direkt mit der Werkstatt regeln könnten. Als weitere Anwendungsfälle denkt man bei Caruso unter anderem über an den Schutz vor manipulierten Kilometerständen oder die Remote-Diagnose von Fahrzeugen, wobei die Plattform die verschiedenen zusammenschalteten Partner dann jeweils mit den dafür nötigen Daten versorgt. Der Zugriff darauf erfolgt für den Nutzer browserbasiert und sei daher „schnell und unkompliziert über alle Endgeräte mit Internetanschluss möglich“. Auf einer Startseite („Dashboard“) wird den Partnern ein Überblick über ihre Aktivitäten auf dem Marktplatz gegeben bzw. Informationen etwa dazu bereitgestellt, wie oft ihre Daten in Anspruch genommen und welcher Umsatz damit erzielt werden konnte oder welche Daten sie selbst abonniert haben und welche Kosten ihnen dadurch entstanden sind.
Das Anbieten und Beziehen von Daten erfolgt über eine als unkompliziert beschriebene Katalogsuche bzw. per Schlagwort im Suchfeld. Caruso liefert dann alle auf dem Marktplatz verfügbaren vordefinierten Datenpakete, die dem entsprechenden Suchbegriff entsprechen. Der Datenanbieter hinterlegt hier eine Beschreibung seiner Datensätze und definiert die entsprechenden Preise sowie die vertraglichen Rahmenbedingungen. Der Datenkonsument kann dann gegebenenfalls zwischen verschiedenen Anbietern das passende Angebot auswählen oder verschiedene Angebote kombinieren, um die benötigten Daten für seinen Anwendungsfall zu erhalten. Dafür wird eine Vermittlungsgebühr erhoben, die abhängig von den genutzten Plattformfunktionen, dem Datenvolumen und dem Verkaufspreis der Daten ist. Die Caruso GmbH sei bei alldem zwar gewinnorientiert ausgerichtet, schütte allerdings keine Dividende an die Gesellschafter aus. Gewinne sollen stattdessen vollständig in die Weiterentwicklung des Marktplatzes fließen, um so kontinuierlich dessen Funktionalitäten entsprechend den Bedürfnissen der angeschlossenen Partner weiterzuentwickeln. Dabei will man diese aktiv mit in den Prozess einbinden und in enger Abstimmung mit ihnen den Datenindex, den Daten- und Servicekatalog und die Standardisierung festlegen und stetig ausbauen. christian.marx@reifenpresse.de
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