Werkstätten teils noch mit Nachholbedarf in Bezug auf RDKS

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Lange vor dem Stichtag 1. November 2014 für die verpflichtende Ausrüstung von Fahrzeugen der Klasse M1 damit haben Reifendruckkontrollsysteme (RDKS) für viel Gesprächsstoff in der Branche gesorgt. Denn schließlich bedingt der Reifenservice an immer mehr Fahrzeugen mit direktem sensorbasiertem RDKS so manche Änderung im gewohnten Werkstattalltag. Auch Investition beispielsweise in neue Diagnosegeräte oder Mitarbeiterschulungen sind unabdingbar, wenn der Service an entsprechend ausgerüsteten Wagen fachgerecht erfolgen soll. Nachdem sich der Reifenhandel im Umrüstgeschäft 2014/2015 im vergangenen Herbst mit einer „ersten Welle“ solcher Fahrzeuge konfrontiert sah und dieser Tage im Zuge der Sommerumrüstung die nächste rollt, ist es Zeit für eine erste Zwischenbilanz.

Beim alljährlichen Round Table Reifentechnik in der Rema-Tip-Top-Zentrale in Poing bei München gab es dazu eine Podiumsdiskussion mit Vertretern des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV), der Dekra, des ADAC sowie vor allem von namhaften Reifehandelsunternehmen wie Reifen + Service Strobel, Reifen Feneberg oder Nabholz Autoreifen. Im Großen und Ganzen hat die Branche ihren Worten zufolge die Einführung der RDKS-Pflicht bzw. die sich daraus im Service ergebenen Folgen jedenfalls recht gut gestemmt. Allenfalls von dem einen oder anderen „markteinführungstypischen Hindernis“ wie vorübergehenden Lieferengpässen bei bestimmten Sensoren wurde berichtet. Und was die Akzeptanz höherer Kosten aufgrund der zusätzlichen Anschaffung von RDKS-Sensoren für einen zweiten Radsatz angeht, wurde im Handel im Hinblick auf deren Vermeidung weniger ein Ausweichen auf Ganzjahresreifen als tendenziell eher ein Ummontieren der Sensoren von Sommer- auf den Winterreifensatz im letztjährigen Umrüstgeschäft beobachtet.

Während auch Ventilhersteller Alligator, zu dessen Portfolio mit „Sens.it“ programmierbare RDKS-Sensoren als Alternative zu den in der Erstausrüstung verbauten gehören, dem Reifenfachhandel sowie markengebundenen Autohäusern eine gute Vorbereitung auf das Thema RDKS bescheinigt, attestiert das Unternehmen vor allem freien Kfz-Werkstätten noch einen gewissen Nachholbedarf. „Manche Betriebe haben sich der Thematik bisher nicht ernsthaft genug angenommen. Sie konnten ihre Kunden nicht ausreichend bedienen“, sagt Jürgen Kinzler, Leiter „Sens.it“-Vertrieb bei Alligator. „Diese Erfahrungen werden betroffene Werkstätte sicher wachrütteln“, glaubt er. Eine weitere Problematik aus seiner Sicht war, dass viele Kunden ihren Bedarf noch nicht einschätzen konnten und „keine oder zu wenig Reifendrucksensoren bestellt“ hätten. Dies habe seinen Teil mit dazu beigetragen, dass es bei Alligator zu Engpässen gekommen sei. „Kunden, die ihre Sensorbestellung frühzeitig aufgaben, konnte das Unternehmen termingerecht beliefern. Im letzten Quartal wurde mit Teillieferungen gearbeitet und damit die Versorgung der Kunden gesichert“, heißt es vonseiten des Unternehmens, das darüber hinaus die Schulung von Werkstattpersonal in diesem Jahr weiter ausbauen will, um noch bestehende Wissenslücken im Bereich RDKS zu schließen.

 

Die Eindrücke des Ventilherstellers bestätigt auch Bruno Rousseau, RDKS-Manager für die Region Europa beim Diagnosegeräteanbieter ATEQ. „Derzeit versuchen viele Betriebe noch, mit der neuen ‚Welle’ an mit RDKS ausgerüsteten Fahrzeugen fertig zu werden, ohne den gewohnten Werkstattalltag bzw. die bisherigen Arbeitsweisen komplett umzukrempeln. Es wird versucht, im Hinblick auf die Kundschaft den Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten“, sagt er. In diesem Bemühen würden Dinge wie die Gewinnerzielung oder zusätzliche Geschäftspotenziale mitunter hintenangestellt. Viele Werkstätten seien halt einfach nicht so auf RDKS vorbereitet, wie sie es sein sollten, will Rousseau dies allerdings nicht als Vorwurf verstanden wissen. „Die RDKS-Thematik kann sich ein wenig komplex gestalten für jemanden, der nicht gewohnt ist, damit umzugehen“, sieht er bei alldem Unternehmen wie ATEQ selbst, aber auch dessen Wettbewerber oder die Sensoranbieter in der Pflicht, ihre Kunden fit zu machen für die neuen Anforderungen. „Das heißt: eine Menge an Schulungen, Unterstützung und eine einfache Handhabung der Produkte im gesamten [Werkstatt-]Prozess”, wie er erklärt.

Als größte Herausforderung sieht Rousseau in diesem Zusammenhang – anders als nach der RDKS-Pflicht in den USA ab 2007 – weniger bei Dingen wie eine mögliche Beschädigung der Sensoren direkter Systeme bei der (De-)Montage damit ausgerüsteter Reifen. Während derlei Probleme in Nordamerika lange eine Rolle spielten, seien es in Europa vornehmlich eher die verschiedenen Anlernprozeduren der diversen Sensoren/Systeme im Markt, die mitunter für Sorgenfalten sorgen. „Die größte Herausforderung sind die verschiedenen Anlernprozeduren bzw. das Zusammenbringen von Erstausrüstungs- und Ersatzmarktsensoren mit dem jeweiligen Steuergerät im Fahrzeug, denn die sind bekanntlich nicht alle gleich“, so Rousseau unter Verweis darauf, dass ATEQ mit seinen RDKS-Servicegeräten vier verschiedene Anlernprozeduren unterstützt und das Equipment den Anwender durch den gesamten Prozess führe. „Um es noch einmal zu wiederholen: Wir stehen auf dem Standpunkt, dass in Sachen RDKS aktive Unternehmen in der Pflicht stehen, dem Nutzer ihrer Produkte das Leben so einfach wie möglich zu machen“, ergänzt er.

 

ATEQ arbeitet demnach mit namhaften Unternehmen der Branche wie Continental VDO, Huf und TyreSure/Hamaton zusammen. Zum Portfolio des Anbieters zählen insgesamt vier unterschiedliche Diagnose- bzw. Servicegeräte rund um den RDKS-Werkstattalltag. Die Modelle „VT15”, „VT30”, „VT55 OBDII” und „VT56 OBDII” sind dabei auf verschiedene Anforderungen zugeschnitten vom einfachen „Aufwecken“ der Sensoren bis hin zum vollständigen Programm samt Reprogrammierung und Anlernen der Sensoren. Dabei bietet nach Rousseaus Worten das „VT56 OBDII” genannte Gerät grundsätzlich die gleichen Funktionen wie das Modell „VT55 OBDII”, sei aber speziell auf die Arbeitsabläufe im Umrüstgeschäft getrimmt und mache Servicebetrieben damit das Leben beim Sommer- auf Winterreifen und umgekehrt wieder ein Stück leichter. Laut ATEQ haben sich jedenfalls große deutsche Reifenhandelsketten wie Euromaster und Vergölst für dieses Tool entschieden.

„Für Werkstätten, die nur mit defekten Sensoren umgehen bzw. diese ersetzen müssen, empfehlen wir die Modelle ‚VT30’ oder ‚VT55’“, fügt Rousseau hinzu. Noch lohne das Investment in ein leistungsfähigeres Gerät nicht in allen Fällen, begründet er diese Sicht der Dinge. „Das wird sich bis 2020 allerdings ändern, weil sich bis dahin die Zahl mit RDKS ausgerüsteter Fahrzeuge, die zum Reifenservice auf den Hof kommen, dramatisch erhöhen wird“, sagt er. Insofern wird es spätestens jetzt Zeit für Reifenservicebetriebe/Werkstätten, sich so langsam und sofern nicht ohnehin schon geschehen mit dem Thema RDKS auseinanderzusetzen. Schließlich legen Unternehmen wie ATEQ ebenfalls nicht die Hände in den Schoß, sondern entwickeln ihre Produkte ebenso weiter auch die Sensorhersteller Schrader oder Alligator. christian.marx@reifenpresse.de

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