Runderneuerungsgipfel: Kalterneuerung in „Sandwichposition“
Für den 23. bis 25. Juni hatte Kraiburg Austria nach entsprechenden Events 2013 und 2015 zur mittlerweile bereits dritten Ausgabe seines „Retreading-Gipfeltreffens“ eingeladen. Dem Ruf zu der Konferenz im Hotel Gut Brandlhof mit angrenzendem ÖAMTC-Fahrtechnikzentrum im österreichischen Saalfelden folgten mehr als 70 Teilnehmer aus elf europäischen Ländern. Diskutiert wurde vor Ort über aktuelle Branchenthemen.
Dabei fungierten unter anderem Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV), oder Stefan Mayrhofer, zweiter Geschäftsführer bei dem Runderneuerungsmateriallieferanten, sowie Christoph Priewasser vom Produktmanagement des Unternehmens als Referenten. Abgesehen von Vorträgen zur Gesetzes- und Marktlage speziell aus dem Blickwinkel der Runderneuerung sowie im Besonderen zum Status quo und Testergebnissen in Sachen Kennzeichnungspflicht mit dem 3PMSF-Symbol – das Kürzel steht für „Three Peak Mountain Snow Flake“ – wurde den Tagungsteilnehmern außerdem noch die Gelegenheit geboten, Entwicklungen von Kraiburg-Partnern kennenzulernen wie beispielsweise die Reifenmanagementsoftware „OptimTyre“ oder das Reifendruckkontrollsystem „PneuTel“.
Die Marktsituation im Geschäft mit runderneuerten Reifen hat zuletzt bekanntlich wenig Anlass für überbordende Euphorie geboten. Vergleichsweise billige Lkw-Neureifenimporte in der Regel aus dem fernöstlichen Raum machen der Branche schließlich schon seit einiger Zeit in zunehmendem Maße zu schaffen. Dabei ist es aus Kraiburg-Sicht insbesondere die sich „in einer Sandwichposition“ befindende Kaltrunderneuerung, die darunter etwas stärker leide als die Heißrunderneuerung. Kaltrunderneuerte wurden nach Ansicht des Unternehmens in der Vergangenheit vor allem aus Preisgründen gekauft, jedoch sei ein Preiskampf gegen die „asiatischen Dumpingangebote“ nicht erfolgreich. „Gleichzeitig ist die Positionierung als Premiumprodukt immer schwerer durchsetzbar, da diese Einsatzgebiete vorrangig mit Heißrunderneuerten bedient werden“, sieht man bei Kraiburg Austria die Notwendigkeit, sich mit neuen unternehmerischen Feldern auseinanderzusetzen. „Die Bedürfnisse des Endkunden müssen stärker in den Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns rücken“, so Mayrhofer. Seinen Worten zufolge werde daran bei Kraiburg bereits aktiv gearbeitet.
Wenig konkrete Fortschritte gibt es offenbar in Bezug auf das „ReTyre“-Projekt zu berichten. Dank dem sollten Runderneuerer einerseits ja in die Lage versetzt werden, die von ihnen produzierten Reifen analog zu den gesetzlichen Vorschriften bei Neureifen gemäß den drei Kriterien der EU-Reifenkennzeichnungsverordnung (Kraftstoffeffizienz/Rollwiderstand, Nasshaftung, Geräusch) zu klassifizierten, ohne andererseits mit allzu hohen Prüfkosten dafür belastet zu werden. Laut Hans-Jürgen Drechsler ist nach aktuellem Stand der Dinge der Karkasseinfluss und dessen Behandlung in der Kategorie Rollwiderstand Hauptdiskussionspunkt bei dem Ganzen. Aufgrund von der ERTRO durchgeführter Messungen an Karkassen, bei denen eine mögliche Bandbreite der Messergebnisse über drei Labelklassen beim Rollwiderstand festgestellt wurde, sei die im Rahmen von „ReTyre“ eigentlich geplante Vorgehensweise, beim Labeling Runderneuerter auf ein Software-Tool zurückzugreifen, jedenfalls abgelehnt worden.
Ebenso verworfen wurde Drechsler zufolge die von BIPAVER vorgeschlagene Neutralisierung der Karkasse und Konzentration auf den Einfluss von Lauffläche und Prozess, da die ermittelten Werte „keinerlei Bezug zum existierenden Neureifenrollwiderstandslabel“ aufwiesen. Geprüft wird nach seinen Worten derzeit ein Vorschlag, bei dem ein Rollwiderstandsbeiwert für den Gesamtreifen ermittelt werden soll, der sich aus einem allgemeinen und einem allen zugänglichen Durchschnittswert des Karkassanteils sowie einer zu addierenden Komponente des Laufflächenprozessanteils zusammensetzt. „Wie diese Prüfung auch ausgeht, Ziel der Europäischen Kommission ist es in jedem Fall, den Mittelstand zu schützen“, betont Hans-Jürgen Drechsler angesichts dessen.
Die neuen gesetzlichen Grundlagen in Sachen Winterreifenpflicht hierzulande sollten der Runderneuerungsbranche demgegenüber weit weniger Kopfzerbrechen bereiten. Zumal Anbieter wie Kraiburg für Heiß- ebenso wie für Kalterneuerungen entsprechende Mischungen respektive Laufstreifen anbieten, mit denen sich 3PMSF-markierte Reifen herstellen lassen. Vor diesem Hintergrund präsentierte Produktmanager Christoph Priewasser beim jüngsten „Retreading-Gipfeltreffen“ nicht nur aktuelle Testergebnisse zum Bremsweg eines unbeladenen Sattelzugs (zwölf Tonnen) mit vollständiger Winterbereifung, der sich bei entsprechenden Fahrbahnverhältnissen im Vergleich zur Standardbereifung demnach um beinahe zehn Meter verkürzt. Gute sechs Meter weniger Bremsweg sind es dem Krauburg-Austria-Produktmanager zufolge, wenn die Antriebsachse winterbereift ist – knapp drei Meter, wenn der Trailer oder die Zugmaschine entsprechend ausgerüstet sind.
„Erfreulich für den Anwender: Die Winterbereifung bringt nicht nur sicherer, sondern auch schneller und damit wirtschaftlicher ans Ziel. Denn schon allein auf der Antriebsachse winterbereift beschleunigt ein Sattelzug von Null auf 50 Kilometer pro Stunde in 27 Metern, standardbereift braucht er 41 Meter“, so Priewasser. Vor Ort in Saalfelden konnten sich die Tagungsteilnehmer dank des angrenzenden ÖAMTC-Fahrtechnikgeländes und eines entsprechend mit den Profilen „K700/CD2“ auf der Traktionsachse sowie „K801/CT3“ auf der Trailerachse bereiften Lkw in der Praxis selbst ein Bild bei simulierten Winterbedingungen machen. Das Thema Wirtschaftlichkeit wurde dann zudem noch von den Firmen Optim Services s.r.o. sowie Auris CZ spol. s.r.o. aufgegriffen. Weniger zwar unter dem Aspekt Traktion als vielmehr über eine webbasierte Reifenmanagementsoftware „OptimTyre“ respektive das „PneuTel“ genannte Reifendruckkontrollsystem, für die beide Senkungen der Betriebskosten im Fuhrpark versprochen werden.
„OptimTyre“ soll eine schnelle und genaue Datenerfassung ermöglichen, alle Operationen zum Reifen speichern und auf Termine für Inspektionen, Reifentausch und -nachschneiden hinweisen können sowie die Reifenkosten pro Kilometer berechnen, den Reifenbedarf für die nächste Periode schätzen und mit alldem letztlich die Reifenleistung und die Reifenlebensdauer erhöhen und die Reifenkosten um bis zu 30 Prozent senken. „Die Erfassung erfolgt so, dass jeder Benutzer dieselbe Information erhält und damit jeder weiß, wann er was machen muss“, verspricht der Anbieter. Auch „PneuTel“ ist dafür gedacht, zur Kostenersparnis beizutragen, soll außerdem aber noch für mehr Sicherheit sorgen. Dazu sammelt das System Informationen über den aktuellen Betriebsstatus der Reifen in der Flotte. „Es erkennt Reifendruck, der nicht im optimalen bzw. empfohlenen Bereich liegt, darüber hinaus sowohl langsamen als auch plötzlichen Reifendruckverlust und mögliche mechanische Veränderungen der Fahrzeugachse sowie eine Überschreitung der erwarteten Kilometerleistung der Reifen“, heißt es. cm
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!