Kommentar: Kopp in Nacken …

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Bedingt durch einen größtenteils „goldenen Herbst“ ist das diesjährige Pkw-Winterreifengeschäft vergleichsweise schleppend gestartet. Oder sollte man angesichts der aufgrund des schon in der Sommersaison wieder einmal registrierten Stückzahlrückganges gegenüber 2015 erneut auf der kälteren Jahreszeit ruhenden Branchenhoffnungen nicht besser enttäuschend sagen? Schließlich ist aus dem Handel zu hören, dass zumindest im Oktober, auf den üblicherweise rund ein Drittel aller Winterreifenverkäufe des Gesamtjahres entfällt, der „ganz große Druck noch nicht entstanden“ sei.

Eine solche eher subjektive Einschätzung lässt sich zugleich mit objektiven Zahlen untermauern. Schließlich ist der Absatz an Pkw-Winterreifen im zurückliegenden Monat laut dem sogenannten Sell-out-Panel des Wirtschaftsverbandes der deutschen Kautschukindustrie (WdK), das Aufschluss über die Reifenverkaufszahlen des Handels in Richtung Verbraucher gibt, fast 16 Prozent hinter dem im Oktober des Vorjahres zurückgeblieben. Bezogen auf den bisherigen Jahresverlauf kommt dies einem Minus von ziemlich genau zwischen zwölf und 13 Prozent nach zehn Monaten gleich.

Zusammen mit dem bis dato von Januar bis Oktober aufgelaufenen Minus von runden vier Prozent bei den Pkw-Sommerreifen (inklusive Ganzjahresreifen) haben die Vermarkter hierzulande bisher einen etwa siebenprozentigen Nachfragerückgang im Pkw-Reifengeschäft verkraften müssen. In gleicher Größenordnung gingen zudem die Absätze an Llkw-Reifen zurück, während bei Offroadreifen ein leichtes bzw. einprozentiges, bei Lkw-Neureifen aber sogar gut fünfprozentiges Plus verzeichnet wurde. Da die Nachfrage nach runderneuerten Lkw-Reifen dem WdK zufolge jedoch weiterhin deutlich rückläufig ist um auf kumulierter Basis runde 14 Prozent per Ende Oktober, schreibt das Lkw-Reifengeschäft insgesamt trotzdem rote Zahlen mit einem Stückzahlminus von einem Prozent.

Vor dem Hintergrund der bisherigen Negativentwicklung im Vergleich zum selben Zeitraum 2015 steht insofern zu befürchten, dass auch 2016 die Absatzzahlen in den meisten Produktgruppen wohl wieder hinter denen des Vorjahres zurückbleiben werden. Die schlechten Nachrichten für den Reifenhandel werden also nicht weniger. Was man dagegen tun kann? Jetzt im Moment rein gar nichts. Zumal der Wettergott gerade ein Einsehen hat und landauf landab endlich die ersten Schneefälle gemeldet werden. Das heißt: Aktuell brummt es in den Werkstätten, weil nun selbst die trägsten Autofahrer daran erinnert werden, dass es Zeit für Winterreifen an ihrem Fahrzeug ist.

Ob dieser Impuls reichen wird, um die aufgelaufenen Stückzahlrückgänge im volumenmäßig wichtigsten Segment Pkw-Reifen wenigstens zum Teil wieder aufzuholen, wird man abwarten müssen. Sehr viel mehr Hilfe als die derzeitigen Meldungen des Verkehrsfunkes über schnee- bzw. glättebedingte Staus teils durch an Steigungen scheiternde Fahrzeuge/Lkw kann die Branche ansonsten aber nicht erwarten. Daher heißt es jetzt erst einmal die Herausforderungen der Saison zu bewältigen, weil nun natürlich wieder mal alle auf einmal Winterreifen montiert haben möchten.

Selbst für diejenigen, die ob der allgemeinen Entwicklung des Marktes inzwischen des Reifengeschäftes ein wenig müde geworden sein mögen, ist daher jetzt nicht Zeit, irgendwelche strategischen Grundsatzentscheidungen zu treffen. In Abwandlung der norddeutschen Redensart „nicht lange schnacken, Kopp in Nacken“, mit der etwaige weitere Diskussionen auf die Zeit nach dem Leeren eines (Schnaps-)Glases vertagt werden, könnte man es mit Blick auf die Reifenwerkstatt auch so formulieren: „Nicht lange lamentieren, jetzt erst mal montieren.“

Dennoch ist eines mehr denn je unausweichlich: die Beantwortung der Frage nach der Zukunft des Reifengeschäftes bzw. wie diese aussehen könnte. Unabhängig von allen eher kurzfristigen Entwicklungen sollte jeder Betrieb sich damit zwar ohnehin immer wieder aufs Neue befassen. Doch ein paar stürmische Tage im Umrüstgeschäft lassen mitunter schnell in Vergessenheit geraten, dass es hier und da eigentlich etwas zu drehen gäbe an der einen oder anderen Stellschraube. Das darf gerade nach der leicht verspätet gestarteten Wintersaison nicht zu kurz kommen, sofern man weiter noch einigermaßen erfolgreich im Reifengeschäft mitmischen will. christian.marx@reifenpresse.de

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