Fokussierung aufs Kerngeschäft: die Tyre24-Pläne rund um E-Commerce
Vor über zehn Jahren ist Tyre24 mit einer B2B-Reifenhandelsplattform an den Start gegangen und kann seither nicht nur jedes Jahr von neuerlichem Wachstum berichten, sondern zudem für sich beanspruchen, Veränderungen in der deutschen Reifenhandelsbranche mit geprägt zu haben. Denn allein schon aufgrund der Preistransparenz durch das Medium Internet im Allgemeinen und die Tyre24-Plattform im Besonderen sind die Marktgegebenheiten sowohl im B2B-Geschäft als auch mit Blick auf das Geschäft Handel an Verbraucher heute ganz andere als früher. Im Laufe der Jahre hat freilich auch Tyre24 sich gewandelt vom Betreiber einer B2B-Plattform über die Hinzunahme eines eher verbraucherorientierten Onlineangebotes unter dem Namen „Reifen vor Ort“ bis hin zum Räderhersteller durch die Übernahme des insolventen Felgenanbieters AZEV oder gar als Medienunternehmen mit eigener Werbeagentur sowie Herausgeber einer zehnmal pro Jahr erscheinenden „Zeitung für die Branche“. Aber in welche Richtung mag die zukünftige Entwicklung gehen? Darüber hat die NEUE REIFENZEITUNG mit Michael Saitow, geschäftsführender Gesellschafter der Tyre24-Gruppe, gesprochen und Interessantes erfahren.
Klar sein dürfte, dass sich das Unternehmen wie jedes andere auch weiteres Wachstum auf die Fahnen geschrieben hat. Ausdruck dessen ist einerseits die Expansion in internationale Märkte. Jüngstes Beispiel dafür ist Italien, wo Tyre24 in diesem Herbst gestartet ist. Seit Mitte September ist die in Kaiserslautern beheimatete Gruppe nach Deutschland, Polen, Frankreich und Österreich mit ihrer B2B-Plattform nun auch im italienischen Reifenmarkt präsent (www.tyre24.it). In dem südeuropäischen Land wurde eigens dafür eine Vertriebsgesellschaft mit Sitz in Mailand gegründet, und um Beratung und Unterstützung der Kunden sicherzustellen, hat man ein muttersprachliches Vertriebsteam (Innen- und Außendienst) aufgebaut. Als Schnittstelle zwischen dem Reifengroß- und -einzelhandel soll die Plattform auf der einen Seite den Lieferanten neue Vertriebswege öffnen sowie auf der anderen Seite den italienischen Händlern neue Bezugsquellen bieten. Tyre24-Lieferanten aus ganz Europa könnten so nun den Markt in Italien beliefern, ohne dabei die üblichen Markteintrittsbarrieren überwinden zu müssen, heißt es.
Und selbst dann, wenn der eine oder andere vielleicht doch nicht allen Fallstricken beim Geschäft mit „Bella Italia“ gewachsen ist, hat der Plattformbetreiber aus Kaiserslautern Möglichkeiten zur Hilfestellung: Im Falle eines Falles erfolgt die Belieferung halt einfach von Deutschland aus, wobei der AZEV-Standort als eine Art logistischer Umschlagsplatz auf dem Weg der Sendungen gen Italien genutzt wird. Davon verspricht sich Saitow, dass schon zum Start in Italien das Land flächendeckend beliefert werden kann. Die Rede ist jedenfalls von mehr als acht Millionen Reifen und Felgen, die bereits von Anfang an auf der Plattform zur Verfügung gestanden haben sollen. Damit all dies reibungslos funktioniert, ist eine leistungsfähige IT-Infrastruktur und entsprechendes Know-how natürlich eine Grundvoraussetzung. Ein Gang durch die Firmenzentrale in Kaiserslautern lässt Zweifel daran ebenso wenig aufkeimen wie ein Blick auf die bisherige Tyre24-Entwicklung seit den Gründertagen. Wie man hört, ist der Marktstart in Italien dabei so etwas wie eine „Blaupause“ für den geplanten Eintritt in noch weitere Märkte Europas.
Doch nicht nur die Internationalisierung bzw. die geografische Expansion wird ins Auge gefasst. Zudem bestätigt Saitow den Einstieg ins Geschäft mit Kfz-Ersatzteilen, von dem vor einigen Wochen bereits zu hören war. Ein eigentlich auf der Hand liegender Schritt, zumal immer mehr Reifenhändler sich ja auch im Bereich Autoservice engagieren und von daher Verschleißteile wie etwa Bremsbeläge und dergleichen benötigen – und Kfz-Werkstätten, die heute schon ihren Reifeneinkauf über die Tyre24-Plattform abwickeln, ohnehin. Warum sollten sie dann also nicht beides – also Reifen und Kfz-Teile – über Tyre24 ordern, so offenbar zumindest die Überlegungen in Kaiserslautern. Der Marktplatz werde im Teilegeschäft zwischen Werkstätten und den jeweiligen Anbietern genauso vermitteln, wie man es von Tyre24 her in Bezug auf das Thema Reifen schon kennt. Das Unternehmen betreibt also lediglich die Plattform, über die Großhändler oder Hersteller ihre Produkte den Nutzern anbieten können, verkauft oder kauft selbst mithin keine Teile. Saitow ist vom Erfolg des Ganzen überzeugt, schließlich seien Werkstätten im Zweifelsfalle Reduzierungen im Wareneinkauf nämlich wichtiger als die von so manch anderem Teilegroßhändler als Vorteil herausgestellte mehrmalige Belieferung pro Tag.
Zudem hat man in Kaiserslautern diverse andere Projekte in Planung bzw. sogar bereits in der Umsetzung. Dazu zählen Dinge, welche die Partner aufseiten des Reifenhandels bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen können, andererseits aber auch dazu geeignet sind, die Kundenbeziehung zwischen Tyre24 und dem jeweiligen Handelspartner zu festigen. Als ein Beispiel dafür lässt sich das sogenannte „TyrePad“ oder „TyPad“ – so genau steht der Name laut Saitow noch nicht fest – anführen. Dahinter verbirgt sich ein Tablet-Computer, den die Kaiserslauterner in Fernost fertigen lassen und auf dem nur speziell angepasste Tyre24-Anwendungen laufen. Das Gerät soll der Handel nach Vorstellung der Kaiserlauterner zukünftig zur Beratung seiner Kunden direkt am Fahrzeug einsetzen und darüber alle dafür relevanten Informationen abrufen können. Und dass darüber gegebenenfalls natürlich auch das Bestellen von Ware via Tyre24 möglich ist, dürfte sich von selbst verstehen.
„Die Idee dazu hatten wir schon vor rund zwei Jahren“, so Saitow gegenüber dieser Fachzeitschrift. Derzeit laufe die Gerätebeschaffung, und erste Testgeräte befänden sich bereits im Einsatz. Seinen Worten zufolge könnten die Pads später dann vielleicht sogar kostenlos an die Handelspartner ausgegeben werden, sodass diese vor Ort in der Werkstatt für den Internetzugang lediglich ein Funk-WLAN benötigten oder eben eine Mobilfunk-SIM-Karte in das Gerät einsetzen müssten. Doch das ist nicht das einzige Hardwareprojekt des Unternehmens: Bei einem anderen geht es um ein kleines unscheinbares Kästchen, das für die Ansteuerung von Verkaufsraumdisplays sorgt. Mittels berührungsempfindlicher Bildschirme ist hier ebenfalls eine Navigation durch das Angebotsspektrum des jeweiligen Händlers angedacht, wiederum nebst der Möglichkeit angefangen beim Abruf umfangreicher (Produkt-)Informationen bis hin zum Auslösen eines letztendlichen Orderprozesses.
Abgesehen von alldem kann sich Saitow auch den Einstieg von Tyre24 in andere Branchen vorstellen, die überhaupt nichts mit dem Reifen- und Rädergeschäft sowie noch nicht einmal mit dem Automobil im weitesten Sinne zu tun haben. Als ein konkretes Beispiel fällt ihm in diesem Zusammenhang der Kosmetiksektor ein, wo er sich ein Engagement des Unternehmens vorstellen könnte. „Da mag es dann zwar um andere Produktgruppen gehen, aber ansonsten gleicht sich alles doch irgendwie“, meint der Tyre24-Geschäftsführer. Wenn er von solchen möglichen Projekten spricht, meint er jedoch immer ein irgendwie geartetes Onlineangebot. „Wir wollen Tyre24 voll und ganz als E-Commerce-Unternehmen ausrichten“, macht Saitow unmissverständlich klar. Was nicht zu dem Kerngeschäft der Kaiserslauterner gehöre, steht gewissermaßen also wohl auf dem Prüfstand. Deswegen verwundert es nicht weiter, dass die von Tyre24 rund vier Jahre lang unter dem Namen Reifenwelt herausgegebene „Zeitung für die Branche“ Ende 2013 eingestellt wird. Zumindest in gedruckter Version, war sie doch schon im Oktober groß und breit mit dem Aufdruck versehen „Diese Ausgabe ist veraltet“.
Online soll die Reifenwelt jedoch über den 1. Januar 2014 hinaus weiter bestehen. Die Herausgabe eines gedruckten Blattes passe nun einmal nicht richtig ins Strategiekonzept bzw. zur Tyre24-Fokussierung auf das „Kerngeschäft E-Commerce“, wie Saitow es formuliert. Dies wirft natürlich unmittelbar die Frage danach auf, wie sich der Räderhersteller AEZV in dieses Bild einfügt, doch laut dem Tyre24-Geschäftsführer gibt es derzeit keinerlei Pläne, am diesbezüglichen aktuellen Status quo zu rütteln. Gleichwohl spricht er von einer Reorganisation bzw. Verschmelzung aller derzeit knapp 20 Gesellschaften der Unternehmensgruppe unter dem Dach einer Aktiengesellschaft. Unabhängig davon wird das Wachstum weiter vorangetrieben. Jedenfalls stockt das Unternehmen seinen Personalbestand derzeit schon einmal kräftig auf. „Momentan stellen wir fast jede Woche zwei neue Mitarbeiter ein“, so Saitow. Dabei beschäftigt man nach eigenen Angaben schon heute 180 Mitarbeiter. Tyre24 hat also auch in Zukunft weiterhin Großes vor. christian.marx@reifenpresse.de
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[…] sollen, wird ein großes Team an Muttersprachlern im Innen- und Außendienst gesehen Als Teil der eigenen Zukunfts-/Expansionsstrategie hat Tyre24 seine gleichnamige B2B-Reifenhandelsplattform Mitte September auch in Italien unter […]
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