Kommentar: Zu viel Regulitis

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Keine Frage, einerseits muss es gewisse Regelungen, Bestimmungen, Gesetze geben, die das Miteinander in einigermaßen geordnete Bahnen lenken. Gleichwohl kann eine Überregulierung andererseits kontraproduktiv sein, weil ein allzu starres Korsett mitunter nicht nur eine mangelnde Akzeptanz des Ganzen nach sich zieht, sondern sich zugleich stark bremsend auf die Begeisterung für damit verbundene Dinge auswirken kann. Bestes Beispiel dafür ist die Formel 1, die sich in zunehmendem Maße zu einer „Formel gähn“ entwickelt hat und der zumindest hierzulande immer mehr Fans/Zuschauer abhandenkommen.

Wen wundert’s, schließlich hat man gefühlt den Eindruck, dass öfter über die Verletzung bestimmter Regeln durch den einen oder anderen Fahrer bzw. dessen Team diskutiert wird als Überholmanöver auf der Strecke zu beobachten sind. Beim Italien-Grand-Prix musste Sieger Lewis Hamilton beispielsweise lange um seinen von ihm in Monza eingefahrenen Sieg bangen, weil einer der Reifen an seinem Fahrzeug angeblich einen um knapp 0,03 bar zu niedrigen Fülldruck aufgewiesen haben soll.

Der Vorwurf hat sich letztlich zwar in Wohlgefallen aufgelöst, weil die noch nicht einmal zweiprozentige Abweichung zum vorgegebenen Minimalwert wohl daraus resultierte, dass der Fülldruck bei einer zusätzlichen Messung nach Unterbrechen der Stromzufuhr für die Heizdecken leicht unter den noch akzeptierten Wert bei der vorherigen offiziellen Messung gesunken war. Doch schon werden Stimmen laut, wonach nun halt noch eine weitere Regel her muss, um bei der Druckermittlung dem Temperatureinfluss entsprechend Rechnung zu tragen.

All dies wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die Technikkompetenz der Verantwortlichen beim hinter der Rennserie stehenden Automobilweltverband FIA, zumal ja jedes inzwischen obligatorisch in allen in Europa neu zugelassenen Fahrzeugen der Klasse M1 verbaute Reifendruckkontrollsystem (RDKS) den Wert für den Fülldruck temperaturkompensiert bestimmt/angibt. Das Ganze zieht unweigerlich auch die Frage nach sich, wie viele Bäume man im Reglementdschungel rund die Formel 1 denn noch pflanzen will.

Denn es besteht die Gefahr, dass auf diese Weise von dem, worum es in der Serie eigentlich gehen sollte, bald schon gar nichts mehr zu erkennen ist. Sollte eine Serie, die oft als „Königsklasse des Motorsports“ tituliert wird, nicht viel mehr als derzeit geprägt sein von einem möglichst offenen Wettbewerb auf allerhöchstem Niveau? Soll heißen: Neben den besten Fahrern gehören dazu freilich auch die besten Fahrzeuge bzw. Fahrzeugkomponenten.

Warum also den Teams nicht mehr freie Hand geben hinsichtlich der Entwicklung ihrer Boliden angefangen bei den Motoren über die Aerodynamik bis hin zu den Reifen? Würden nur ein paar wenige Eckwerte wie unter anderem etwa die maximalen Abmessungen der Fahrzeuge, ein Höchstwert für die Anzahl der pro Saison einsetzbaren Motoren, soundso viel Reifensätze je Rennwochenende sowie ein Limit der insgesamt je Lauf zur Verfügung stehenden Spritmenge letztlich nicht wieder ein wenig mehr Spannung mit sich bringen?

Und vielleicht auch mehr innovative Entwicklungen? Dann könnte jeder Rennstall beispielsweise selbst entscheiden, ob er zwischendurch nachtanken oder die Reifen wechseln will sowie ob er lieber auf 13- ober nicht vielleicht doch besser 18-Zoll-Reifen antreten will. Das jeweils bessere technische Konzept würde sich im Zusammenspiel mit der ausgefeilteren Strategie letztlich durchsetzen, und den Zuschauern der Serie würde etwas mehr echtes Spektakel geboten, ohne dass mit Dingen wie etwa DRS, begrenzt haltbaren Rennreifen und dem Zwang zur Verwendung zweier unterschiedlicher Mischungen erst nachgeholfen werden muss.

Wäre das Leben der Menschheit in grauer Vorzeit von so vielen Reglementierungen geprägt gewesen wie das ganze Drumherum, das die Fahrer/Teams in der Formel 1 zu beachten haben, könnte ich mir jedenfalls gut vorstellen, schon die ersten Siedlungen im Freien hätte man sicher verboten und wir würden heute immer noch in Höhlen leben. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Formel 1 den aufrechten Gang zurückerlernt und wieder zu mehr Wettbewerb auf allen Ebenen zurückfindet. Im tagtäglichen Geschäft muss sich jeder Reifenhändler schließlich ebenso aus eigener Kraft mit seinen Wettbewerbern messen. christian.marx@reifenpresse.de

PS: Was meinen Sie? Würde ein Mehr an (Reifen-)Wettbewerb der Attraktivität Formel 1 guttun? Oder sind Einheitsreifen nicht doch die bessere Lösung und sollte alles so bleiben, wie es ist? Oder interessiert die „Reifenproblematik“ der Rennserie im Zusammenhang dem Reifengeschäft ohnehin niemanden wirklich? Sagen Sie’s uns bei unserer aktuellen Frage des Monats.

1 Antwort
  1. matzke willy says:

    Die F 1 ist samt ihren Managern und der FIA etwas von Gestern, da wird gerade mal diskutiert, ob man weiter in Freien sitzen soll oder nicht, also eben von gestern.
    Die Strecken sind wie ein Parkplatz im Supermarkt, sagt Niki Nazionale, recht hat er.
    Selbst der Österreichring in Zeltweg ist ein schwacher Abklatsch von früher.
    Aber Einheitsreifen sind überhaupt zum Einschlafen, das gilt auch für die DTM .
    Kluges Reifenmanagement kann den Sieg bringen. Hab das in der Rallye-WM und auf der Langstrecke in USA gemacht z.b für Karl Wendiger. Legt euch ruhig alle wieder hin denn Motorsportinsider schauen ohnedies ganz was anderes. lg willy

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