Astronomische Spitzengehälter bekommt man – verdient man sie auch?
Da wird der Name zum Programm. Goodyear-CEO Richard Kramer zeigt, was er ist und was er kann. Jedermann spricht von „Rich“ Kramer. Und für Reichtum schämt man sich nicht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem erst neulich Präsidentschaftskandidat Donald Trump auf Stimmenfang tönte: „I am rich, really rich.“ Ganz so als sei Reichtum ein Zeichen von Intelligenz, großen Könnens, Seriosität, Kompetenz, Gemeinsinn und so weiter. Auch „Rich“ Kramer kann man getrost als rich bezeichnen. Er bekam 2013 ein Festgehalt von 15,1 Millionen US-Dollar. Dafür müssen nicht weniger als 323 Goodyear-Mitarbeiter ihr durchschnittliches Jahreseinkommen von US-Dollar 46.700 zusammenlegen. Alles ist das für „Rich“ aber ohnehin nicht, denn mit Stock Options und Pensionszusagen summiert sich sein Einkommen auf 19,2 Millionen US-Dollar. Nach dem Verlauf des Jahres 2014 muss „Rich“ Kramer allerdings den Gürtel enger schnallen, sein Gesamteinkommen fiel auf 17,9 Millionen US-Dollar.
Die Finanz- und Börsenzeitung The Street stellte im August die ersten zehn CEOs vor, die „astronomisch mehr Geld als ihre Angestellten machen“. Auf von The Street vorgelegte Fragen gab es seitens Goodyear keine Reaktion.
Die Reaktionen auf solche Einkommensgrößen sind je nach Land sehr unterschiedlich. Selbst in Amerika redet man zwar von Stakeholder-Value (alle – Belegschaft, Aktionäre, Gesellschaft – sollen verdienen), doch der Shareholder-Value (einzig Aktionärsinteressen zählen) feiert fröhliche Urständ. Da ist sie also, die viel beschriebene Einkommensschere. Reiche werden reicher, basta.
In Deutschland ist bisher eine bessere Balance zwischen den einzelnen Interessengruppen, so zum Beispiel zwischen Belegschaft, Unternehmern bzw. Aktionären zu beobachten. Dass Eigentum verpflichtet und dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll, steht nicht allein schon im Grundgesetz und ist – noch – nicht zu einer Leerformel verkommen. Soziale Gerechtigkeit ist ein hohes Gut und wird zunehmend immer wichtiger, wobei damit keinesfalls Gleichmacherei, wie sie linken Politikern vorschwebt, gemeint ist. Ein Bestreben nach mehr sozialer Gerechtigkeit steht in den USA nicht auf der politischen Agenda, nicht bei den Republikanern, aber auch nicht bei den Demokraten. Und wer mit Besserverdienern ein Gespräch darüber führen möchte, ob man solche Summen wirklich verdienen oder einfach nur bekommen kann, wird gekontert mit der Gegenfrage, ob man also Sozialismus wolle. Mindestens Sozialismus, wahrscheinlich wird man sogar verdächtigt, Kommunist zu sein.
323 zu 1, so das Verhältnis bei Goodyear. Würde man diesen Maßstab anlegen, müsste der Michelin-CEO mehr als 20 Millionen Euro jährlich erhalten, der Bridgestone-CEO rund 30 Millionen und der Chef des Continental-Konzerns sackte mehr als 40 Millionen Euro ein. Jährlich, mehr oder weniger unabhängig von der Performance des jeweiligen Konzerns.
Wie viel, im Sinne des Wortes, verdient ein CEO? Wer will das beantworten? Was er bekommt, ist nachzulesen in den Jahresberichten.
Der angesehene Chef eines großen Familienkonzerns äußerte letztlich trefflich seine Meinung zu ausufernden Spitzeneinkommen. Er werde niemals mit so viel Geld um sich werfen. Wer über mehr als drei Millionen Euro Jahreseinkommen verfüge – das klingt angesichts sonstiger hier vorgetragener astronomischer Zahlen wenig und entspricht doch dem Jahreseinkommen von etwa 70 Mitarbeitern –, habe keine Zeit mehr für seinen eigentlichen Job, weil er sich um die Verwaltung seines Vermögens kümmern müsse. klaus.haddenbrock@reifenpresse.de
Rich Kramer sollte sich schämen. In seinen Reifenwerken schuften die Mitarbeiter im 3-Schichtbetrieb unter extrem schlechten Arbeitsbedingungen und gehen dann mit unter 3.000 € brutto heim. Es macht sich niemand ein Bild davon was es heißt bei 30 grad Außentemperatur an einer Mischmaschine zu arbeiten.