Im aktuellen Dekra-Mängelreport spielen Reifen keine Rolle mehr
Die Sachverständigen von Dekra gehen bei ihrem Mängelreport 2008 völlig neue Wege. Im Unterschied zu allen bisherigen Berichten weist der als Sonderausgabe der Zeitschrift Aauto Motor und Sport erscheinende Autoratgeber die festgestellten Mängel einerseits nicht nach Fahrzeugalter, sondern nach Laufleistung und Fahrzeugklassen aus. „Außerdem wurden nur gebrauchtwagenspezifische Mängel berücksichtigt, die Hinweise auf die technische Qualität des Fahrzeuges geben. Nicht in die Auswertung gingen hingegen Mängel ein, die eher Auskunft über den Wartungszustand eines Fahrzeuges geben, wie Mängel bei Reifen, ‚AU fällig’, ‚Verbandkasten abgelaufen’ oder ‚Außenspiegel beschädigt’“, so Dekra. Denn solche Aspekte seien „für den Gebrauchtwagenkäufer unwichtig“, heißt es weiter. „Das neue Konzept führt deshalb zu wesentlich realistischeren Aussagen über die technische Qualität der Automodelle als die gängigen Auswertungen. Wir bieten dem Verbraucher mit dem Dekra-Mängelreport 2008 deutlich mehr Praxisnähe und Aussagekraft und somit eine echte Kaufberatung“, ist Clemens Klinke, Vorsitzender der Geschäftsführung der Dekra Automobil GmbH, überzeugt.
Damit sei der aktuelle Mängelreport „näher an der Realität“ und von seiner Konzeption her „ein absolutes Novum“. Als Datenbasis dafür wurden diesmal rund 15 Millionen Untersuchungen aus den vergangenen zwei Jahren herangezogen, wobei nur Fahrzeugtypen in die Auswertung eingingen, von denen ausreichend viele (mehr als 1.000 in einem Laufleistungsbereich) geprüft wurden. Auf diese Weise portraitiert der Dekra-Mängelreport 2008 insgesamt 150 Fahrzeugmodelle. „Der technische Zustand eines Fahrzeuges hängt wesentlich stärker von der Laufleistung als vom Fahrzeugalter ab. Die Auswertung nach Laufleistung ist somit viel näher am Bedarf des Gebrauchtwagenkäufers, der sich über fahrzeugspezifische Besonderheiten informieren möchte“, erklärt Klinke, warum man neuerdings die Mängelauswertung nach Laufleistungsklassen vornimmt. Durch diese Differenzierung vermeide man bisherige unrealistische Vergleiche von beispielsweise einem wenig gefahrenen Kleinwagen mit einem Fahrzeug der Oberklasse mit hoher Laufleistung.
Minicars/Kleinwagen und Kompaktklasse wurden in den Laufleistungsgruppen von null bis 30.000 Kilometer, 30.000 bis 60.000 Kilometer sowie 60.000 bis 90.000 Kilometer bewertet. Bei den Minicars/Kleinwagen bis 30.000 Kilometer belegte der Mitsubishi Colt den ersten Platz. In der Kompaktklasse ist der Einer-BMW der Primus. In der Kategorie bis 60.000 Kilometer haben der Mazda 2 bei den Minicars und den Skoda Oktavia in der Kompaktklasse die Nase vorn. Die Gruppe bis 90.000 Kilometer dominieren der Honda Jazz bei den Minicars/Kleinwagen und den VW Golf V in der Kompaktklasse.
Die Mittelklasse, Obere Mittelklasse/Oberklasse, Sportwagen/Cabrios, Geländewagen und Vans wurden in Gruppen von null bis 50.000 Kilometer, 50.000 bis 100.000 Kilometer und 100.000 bis 150.000 Kilometer zusammengefasst. In der Mittelklasse bis 50.000 Kilometer belegte der Peugeot 407 die Spitzenposition. Der Audi A6 siegte im Segment Obere Mittelklasse/Oberklasse, der Mercedes SLK bei den Sportwagen/Cabrios, der Hyundai Tucson bei den Geländewagen und der Seat Altea in der Fahrzeugklasse Vans. In der Gruppe bis 100.000 Kilometer belegte der Toyota Avensis in der Mittelklasse Platz eins, der Audi A8 im Segment Obere Mittelklasse/Oberklasse, der Audi A4 Cabrio bei den Sportwagen/Cabrios, der BMW X3 bei den Geländewagen sowie der VW Touran in der Fahrzeugklasse Vans. In der Laufleistungsgruppe bis 150.000 Kilometer liegen der Audi A4 in der Mittelklasse, der BMW 5er im Segment Obere Mittelklasse/Oberklasse, der Mazda MX-5 bei den Sportwagen/Cabrios, der BMW X5 bei den Geländewagen sowie der VW Touran in der Fahrzeugklasse Vans jeweils an der Spitze.
Als weiteres Novum ihres aktuellen Mängelreportes hebt die Dekra Automobil GmbH die typgenaue Auswertung hervor, die durch den großen Datenbestand als Basis ermöglicht wurde. Damit wird der Vorteil verbunden, dass der Leser weit genauere und verlässlichere Angaben erhält, weil „aktuelle Fahrzeuge und Vorgängermodelle nicht in einen Topf geworfen werden“. Auch der Modellvergleich innerhalb der Fahrzeugklasse erhöhe den Informationswert, da der Report erstmals die Mängelwerte des jeweiligen Modells nicht mit den Durchschnittswerten aller Fahrzeuge vergleicht, sondern mit dem Schnitt der jeweiligen Fahrzeugklasse. „Man vergleicht nicht ‚Äpfel mit Birnen’. Das heißt: Die Mängelbilanz in einer Fahrzeugklasse, wie etwa Kleinwagen, wird nicht von den Mängelquoten anderer, nicht vergleichbarer Fahrzeugklassen wie Geländewagen oder Sportwagen beeinflusst“, sagt das Unternehmen.
Die festgestellten Mängel selbst werden dabei in fünf Gruppen kategorisiert: Fahrwerk/Lenkung, Motor/Umwelt, Karosserie/Rahmen/Fahrgastraum, Bremsanlage sowie Elektrik/Elektronik/Licht. Die häufigsten Mängel entfallen gemäß der Dekra-Auswertung auf die Gruppe Elektrik/Elektronik/Licht mit 12,1 Prozent bei Minis, Kleinwagen und in der Kompaktklasse, die in einem 30.000-Kilometer-Raster bewertet wurden, und 11,3 Prozent bei den größeren Fahrzeugen, die in einem 50.000-Kilometer-Raster bewertet wurden. Im Mängelranking auf Platz zwei liegt die Bremsanlage (8,3/10,7 Prozent). Auf den weiteren Rängen folgen Motor/Umwelt (6,8/5,5 Prozent), Fahrwerk/Lenkung (4,3/7,5 Prozent) und Karosserie/Rahmen/Fahrgastraum (1,5/1,7 Prozent).
„Im Detail beanstandeten die Sachverständigen am häufigsten verschlissene Bremsbeläge und -scheiben, Defekte an Fahrwerksteilen wie Trag- und Führungsgelenke, Stabilisator und Spurstangen, Ölverlust am Motor, beschädigte Windschutzscheibe, Defekte an der Beleuchtung und verschlissene Wischerblätter“, teilt die Dekra Automobil GmbH mit. Spätestens an dieser Stelle muss sich das Unternehmen allerdings fragen lassen, ob es dem Gebrauchtwagenkäufer als offensichtliche Zielgruppe des Mängelreportes nicht wichtiger ist (oder zumindest sein sollte) mit ordentlichen/intakten Reifen unterwegs zu sein als mit frischen Wischergummis – obwohl eine eingeschränkte Sicht aufgrund von Schlieren auf der Windschutzscheibe nicht nur nerven, sondern selbstredend ebenso wie Mängel an der Bereifung gefährliche Folgen haben kann.
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