Kritik an „unseriöser“ Reifenvermarktung in Autohäusern
Bekanntlich gibt es als Ergebnis eines entsprechenden Verfahrens der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland in Europa und natürlich insbesondere hierzulande schon seit dem Jahre 2000 keine Fabrikatsbindung mehr in Sachen Pkw-Reifen. Dennoch sind dem Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV) freilich nicht nur nicht die Bemühungen insbesondere des Reifenherstellers Pirelli verborgen geblieben, seine herstellerspezifisch gekennzeichneten Produkte besonders zu promoten. Vor allem wird auch die zunehmend aggressive und dabei von der Branchenvertretung als „mehr als unseriös“ bezeichnete Vermarktung solcher mit „MO“ (Mercedes Original), einem Stern (BMW), „AO“ (Audi Original) etc. auf der Seitenwand gekennzeichneter Reifen durch markengebundene Kfz-Werkstätten kritisiert.
Wie BRV-Geschäftsführer Hans-Jürgen Drechsler konkretisiert, gipfele dies zum Teil darin, dass „wider besseren Wissens Kunden gegenüber behauptet wird, dass nur diese Reifen an den betreffenden Fahrzeugen zulässig seien und bei der Verwendung anderer die Gewährleistung und/oder Garantie des Fahrzeuges verloren ginge“. Vor diesem Hintergrund weist er nachdrücklich darauf hin, dass alle E/ECE-gekennzeichneten (typengenehmigten) Reifen definitiv an einem Kraftfahrzeug zulässig sind, sofern sie bezüglich ihrer Dimension und hinsichtlich ihres Last-/Geschwindigkeitsindexes den vom Fahrzeughersteller im Rahmen der EG-Übereinstimmungsbescheinigung formulierten Anforderungen bzw. in Bezug auf Last- und/oder Geschwindigkeitsindex den Angaben in der Zulassungsbescheinigung Teil I entsprechen.
„Alle diesbezüglichen Angaben der Fahrzeughersteller, die sich auf die von ihnen getesteten, freigegebenen und entsprechend herstellerspezifisch gekennzeichneten Reifen beziehen, haben lediglich Empfehlungscharakter“, macht Drechsler unmissverständlich deutlich. Gleichwohl betont er, dass freilich niemand daran gehindert werde, den Empfehlungen der Fahrzeughersteller in Bezug auf die von ihnen getesteten, freigegebenen und entsprechend herstellerspezifisch gekennzeichneten Reifen Folge zu leisten. Zumal diese in der Regel optimal auf das jeweilige Fahrzeug abgestimmt seien, wobei die Aufklärung der Verbraucher darüber nach Meinung des BRV sogar ganz eindeutig zu einer Fachberatung dazugehört.
Sollten sich Reifenfachhändler ungeachtet all dessen in der Praxis mit einer „unseriösen“ Vermarktung herstellerspezifischer Reifen durch markengebundene Kfz-Werkstätten konfrontiert sehen, bittet die Branchenvertretung um einen entsprechenden schriftlichen Hinweis, um dann gegebenenfalls rechtliche Schritte dagegen einleiten zu können. Gemeint damit sind allerdings nicht solche Fälle, in denen Fahrzeughersteller ausnahmsweise tatsächlich die Verwendung von Reifen bestimmter Marken vorgeben können. Zumal hier – wie bei einigen Fahrzeugen mit Allradantrieb und achsweiser Mischbereifung – bei den betroffenen Fahrzeugen tatsächlich berechtigte Gründe für die Ausnahme von der Regel vorliegen.
„Technischer Hintergrund ist, dass die Systeme der Fahrzeughersteller in der Regel in diesen Fällen so eingestellt sind, dass bei abweichenden Abrollumfängen von Vorder- zu Hinterachse von mehr als einem Prozent (zum Beispiel bei BMW) oder bei entsprechenden Abweichungen von drei bzw. zwei Millimetern (zum Beispiel bei Audi) diese zu regeln beginnen, was dann zu entsprechenden Reklamationen durch die Kunden führt. Dies, obwohl nach ETRTO Konstruktionstoleranzen beim Abrollumfang von plus 1,5 Prozent und minus 2,5 Prozent zulässig sind“, erläutert Drechsler. Reifenservicebetriebe, die ein Fahrzeug mit Allradantrieb und unterschiedlichen Rad-/Reifenkombinationen auf Vorder- und Hinterachse auf ein nicht vom betreffenden Fahrzeughersteller (oder Radhersteller) freigegebenes Reifenfabrikat umrüsten wollen, müssten in so gelagerten Fällen daher unbedingt vorher eine Freigabe des betreffenden Reifenherstellers einholen. cm
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