Trotz einiger Fragezeichen: Reifenbranche zeigt Flagge auf der Intermot
Schon im Frühjahr hatte die Koelnmesse verkündet, dass man zur diesjährigen Intermot wieder alle Big Player der Zweiradbranche zu der internationalen Motorrad-, Roller- und Fahrradmesse in Köln erwartet. Genannt wurden in diesem Zusammenhang Namen wie BMW, Honda, Kawasaki, Suzuki oder auch Yamaha. Doch was ist mit der Reifenbranche, also mit im Motorradreifengeschäft aktiven Unternehmen wie unter anderem (Cooper-)Avon, Bridgestone, Continental, Dunlop, Metzeler/Pirelli oder Michelin vonseiten der Industrie bzw. Großhändlern wie Göggel, Krupp oder Hohl, die in früheren Veranstaltungen in Präsenz bei der Intermot gezeigt hatten?
Das in Erfahrung zu bringen, gestaltet sich für einen am Thema Motorradreifen Interessierten unerwarteterweise schwieriger als gedacht. Normalerweise veröffentlichen die Veranstalter einer Messe schon beizeiten vor deren Öffnung ein – zumindest vorläufiges – Ausstellerverzeichnis. Für die Intermot 2010, die vom 6. bis zum 10. Oktober dieses Jahres ihre Pforten öffnet, war denn auch ein ebensolches für Juli angekündigt. Dessen Veröffentlichung wurde zwischenzeitlich allerdings auf den Monat September verschoben, sollte dieser Tage also beispielsweise unter www.intermot.de zum Abruf bereitstehen. Den Grund dafür hat die Koelnmesse der NEUE REIFENZEITUNG selbst auf entsprechende Nachfrage hin nicht mitteilen können oder wollen. Ob trotz aller Big Player die Buchungslage für die Messe bis dato vielleicht nicht den Erwartungen – im Juni ging man von rund 1.000 Anbietern aus 40 Ländern auf einer Gesamtbruttofläche von 110.000 Quadratmetern aus – entspricht? Dann wäre natürlich nachvollziehbar, warum man so etwas nicht unbedingt frühzeitig an die große Glocke hängt, um damit womöglich potenzielle, aber noch unentschlossene Aussteller abzuschrecken.
Doch all dies bleibt nichts weiter als Spekulation, weil die Koelnmesse dieser Fachzeitschrift auch die Antwort auf die Frage nach der Anzahl der Aussteller schuldig geblieben ist, die bis dato konkret ihre Teilnahme an der diesjährigen Intermot zugesagt haben. Und wie es sich in etwa bezüglich des Buchungsstandes (Ausstellerzahl/Standfläche) im Vergleich zum selben Zeitpunkt vor zwei Jahren verhält, ließ man uns ebenfalls nicht wissen. Dafür aber übermittelten die Messemacher zumindest einen Auszug aus dem Ausstellerverzeichnis, dem zu entnehmen ist, ob sich der Weg nach Köln für jemanden aus der Reifenbranche lohnt bzw. ob und gegebenenfalls welche Unternehmen rund um das Motorrad-/Rollerreifengeschäft dort Flagge zeigen. Der Blick darauf verdeutlicht: Auch die Big Player in Sachen der Bereifung motorisierter Zweiräder sind in Köln vertreten.
Als selbstverständlich war dies lange Zeit freilich nicht vorauszusetzen. Denn noch im Frühjahr äußerte sich so mancher Vertreter der Reifenindustrie eher negativ in Bezug auf eine wie auch immer geartete Beteiligung bei der diesjährigen Intermot. Doch zwischenzeitlich haben sowohl Bridgestone als auch Metzeler/Pirelli und Michelin (hatte anders als die beiden Ersteren 2008 gefehlt) bestätigt, diesmal doch (wieder) mit dabei zu sein. Vonseiten des Conti-Konzerns sowie für Coopers Marke Avon hat die NEUE REIFENZEITUNG bis Redaktionsschluss zwar keine entsprechende Rückmeldung bekommen, doch laut der Koelnmesse werden trotzdem beide ebenso vor Ort sein wie darüber hinaus solche Unternehmen/Marken wie Heidenau, IRC, Mefo Sport, Vee Rubber, Maxxis, Mitas und Schwalbe seitens der Industrie oder die Zweiradreifen Hohl GmbH, die in Sachen Reifen(groß)handel die Flagge hochhalten wird. Von den Großen im Motorradreifengeschäft scheint einzig Dunlop nicht nach Köln kommen zu wollen – so wie auch vor zwei Jahren schon.
Zum Sinneswandel der Reifenindustrie dürfte einerseits beigetragen haben, dass die Macher der Intermot offenbar einiges an Überzeugungsarbeit geleistet haben. So direkt hat sich zwar keiner der Hersteller in die Karten blicken lassen, doch anscheinend ist man den Unternehmen so weit entgegen gekommen, dass sie sich letztlich nur schwerlich zu einer tatsächlichen Absage haben hinreißen lassen können. Andererseits wurde auf eigener Seite gleichzeitig beim Aufwand rund um das Intermot-Engagement – also beispielsweise beim Standbau – der Rotstift angesetzt. Wie zu hören ist, haben sich die großen Reifenhersteller diesbezüglich untereinander darauf verständigt, dass alle gewissermaßen mit einer „Schmalspurlösung mit Schmalspuraufwand“ vor Ort in Köln vertreten sein werden, anstatt auf die alternative Option – dem Fernbleiben von der Messe – auszuweichen.
Nach den Worten von Jürgen Ihl, Leiter des Geschäftsbereichs Zweiradreifen Deutschland, Österreich, Schweiz bei Michelin, wird die französische Reifenmarke jedenfalls Flagge bei der Intermot zeigen, selbst wenn der Messetermin Anfang Oktober – zumindest aus der Sicht des von ihm vertretenen Unternehmens – ein „relativ ungünstiger Zeitpunkt“ sei. „Wir werden in Köln noch keine Neuheiten für die kommende Saison präsentieren können“, erklärt Ihl, was er damit meint. Bridgestone will die Plattform der Intermot demgegenüber schon auch dazu nutzen, um etwa die „Biker’s-Club“-Partner über die neuen Produkte für die Saison 2011 zu informieren und um darüber hinaus – wie Wolfgang Terfloth, Leiter Verkauf Motorradreifen bei Bridgestone Deutschland, ergänzt – neue Partner für dieses Handelskonzept des Herstellers zu gewinnen.
„Für Bridgestone ist dieser Auftritt sehr wichtig“, sagt Terfloth mit Blick auf das Intermot-Engagement des Herstellers. Zumal auch die Zahl von (wie vor zwei Jahren) rund 200.000 Fachbesuchern nicht zu unterschätzen sei, die sich auf dieser Messe über die Neuheiten für die Saison 2011 informieren, gibt er zu bedenken. Allerdings werde man „nicht wie gewohnt mit einem klassischen Messestand, sondern mit einem MotoGP-Lkw mit Vorzelt“ auf der Intermot vertreten sein. In ähnlicher Form wird sich Pirelli mit seinen beiden Marken präsentieren. Denn laut Bernd Evers, Marketingdirektor Pirelli- und Metzeler-Zweiradreifen für die Region Deutschland/Österreich/Schweiz bei der deutschen Dependance des italienischen Reifenherstellers, wird der Auftritt in Köln „der gleiche sein wie auf den Frühjahrsmessen in Hamburg, München, Linz und Dortmund“ – und dort waren schließlich ebenfalls Renndienst-Trucks zum Einsatz gekommen.
„Wir werden an der Intermot 2010 mit einem Stand vertreten sein und unsere beiden Marken dort separat präsentieren. Wir sehen grundsätzlich den Dialog mit unseren Endkunden, den Motorradfahrern, sowie natürlich auch den Branchentreffpunkt als Hauptgründe für unsere Präsenz auf der Intermot wie auch auf anderen Messen“, so Evers, der die derzeitige Situation im Motorradreifenmarkt als „durchwachsen, aber nicht grundsätzlich oder nachhaltig negativ“ beschreibt. Jürgen Ihl geht noch einen Schritt weiter und spricht gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG sogar davon, dass der Markt nicht nur gegenüber 2009 „geradezu explodiert“ sei und auch im Vergleich zu 2008 zulegen konnte. Die Geschäfte liefen jedenfalls „sehr, sehr gut“, und man sei bei Michelin angesichts einer als bis dato sehr hoch beschriebenen Nachfrage im Ersatzgeschäft „extremst zufrieden“.
Ihl nennt in diesem Zusammenhang ein Plus von bis zu 15 Prozent, was sich anhand der von den Mitgliedern der European Rubber Manufacturers’ Conference (ERMC) gemeldeten Abverkaufszahlen (Industrie an Handel) durchaus nachvollziehen lässt. Gemäß dieser sogenannten „Europool“-Zahlen hat die Reifenindustrie in den ersten sieben Monaten dieses Jahres in Deutschland schon gut eine Million Motorradreifen an den Handel geliefert, was einem 24-prozentigen Zuwachs im Vergleich zum selben Zeitpunkt 2009 und einem Plus von immerhin noch etwa vier Prozent in Bezug auf den entsprechenden Vergleichszeitraum 2008 entspricht. Vor allem die Nachfrage nach Radialreifen hat demnach kräftig zugelegt (bis dato um rund 38 Prozent gegenüber 2009), während von Motorradreifen in diagonaler Bauweise „nur“ drei Prozent mehr ausgeliefert wurden als in den ersten sieben Monaten des zurückliegenden Jahres.
Von solch schwarzem Zahlenwerk können die Hersteller von Motorrädern mit Blick auf die Entwicklung der Zulassungen neuer Maschinen hierzulande derzeit nur träumen. Von Januar bis Juli dieses Jahres sind nach Angaben des Industrieverbandes Motorrad e.V. (IVM) alles in allem knapp 96.000 motorisierte Zweiräder neu auf bundesdeutsche Straßen gekommen. Das sind 9,8 Prozent weniger als in denselben sieben Monaten 2009, wo es noch gut 106.000 Einheiten waren. Nur wenig tröstlich dürfte der Umstand sein, dass die „richtigen“ Motorräder mit einem Hubraum jenseits der Marke von 125 Kubikzentimetern dabei mit einem Minus von 7,1 Prozent auf nicht ganz 64.000 Maschinen und Leichtkrafträder (Hubraum kleiner als 125 Kubikzentimeter) mit einem Minus von 6,2 Prozent auf gut 9.100 Fahrzeuge nicht ganz so stark verloren haben wie die Kraftroller (knapp 7.100 Fahrzeuge, minus 19,7 Prozent) oder die Leichtkraftroller (15.600 Fahrzeuge, minus 16,8 Prozent).
Dass angesichts dessen in der Motorradbranche – entsprechend Obigem abgesehen vielleicht vom Geschäft mit den zugehörigen Bereifungen – ein gewisses Maß an Krisenstimmung vorherrscht, ist durchaus nachvollziehbar. Aber möglicherweise kann ja gerade die Intermot dem Motorrad(reifen)geschäft neue (bzw. zusätzliche) Impulse verleihen. Man wird sehen. christian.marx@reifenpresse.de
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