GDHS-Tagung: Volle Kraft voraus
Noch vor Beginn der Umrüstsaison hatten die Goodyear Dunlop Handelssysteme (GDHS) im September ihre Partner zur gemeinsamen Tagung unter dem Motto „Feel the Power“ nach Berlin geladen. Schauplatz der alle zwei Jahre stattfindenden Zusammenkunft war wiederum das Estrel-Hotel, denn hierzulande dürfte es nur wenige Lokalitäten geben, die genügend Platz für eine derartige Veranstaltung bieten: Immerhin kann sich die GDHS mit all ihren Partnern unterschiedlichster Ausprägung – Premio, Handelsmarketinginvitiative (HMI) oder Quick – inzwischen mit alles in allem über 880 Betrieben als größte Reifenhandelsverbundgruppe in Deutschland bezeichnen. Und rund 1.000 Gäste waren der Einladung in die Hauptstadt gefolgt, um sich vor Ort untereinander auszutauschen. „Wir haben dieses Motto für die Tagung gewählt, weil die Marktsituation es erfordert. Wir wollen Impulse geben und zum Denken bzw. Nachdenken anregen“, so GDHS-Geschäftsführer Goran Zubanovic mit Blick auf die nach der mehr oder weniger ausgefallenen Winterreifensaison des Vorjahres allgemein vorherrschende Nervosität in der Branche. Die Tagung sollte den Handelspartnern Möglichkeiten aufzeigen, wie sie am besten mit dem „momentan schwierigen Umfeld“ fertig werden bzw. wie man diesen Umständen am besten Rechnung trägt. Dabei wurde im Wesentlichen eine geschlossene GDHS-Gemeinschaft beschworen. Es gehe – so Zubanovic – unter anderem darum, die „Solisten so abzustimmen, dass der GDHS-Sound im Markt gehört wird“.
Um Ziele zu definieren, wohin die Reise gehen soll, bedarf es zunächst jedoch einer Standortbestimmung. Deshalb ließ GDHS-Geschäftsführer Klaus Romanus zunächst Revue passieren, was sich seit der letzten Tagung 2006 bei dem Verbund getan hat. „Die Zahl der HMI-Partner hat sich seither um vier Prozent auf nunmehr 595 Betriebe gesteigert. Bei Premio beträgt der Zuwachs sieben Prozent auf jetzt 236 Betriebe, und auch bei Quick konnten wir zulegen: um 15 Prozent auf inzwischen 52 Betriebe“, bilanziert Romanus die Entwicklung hierzulande, nicht ohne jedoch gleichzeitig auf das Wachstum im Ausland – beispielsweise in Osteuropa (Premio) oder auch in Österreich (HMI, Quick) und Frankreich (Quick) – zu verweisen. Erfolge sieht Romanus zudem aufseiten der verschiedenen Bausteine, welche die GDHS ihren Partnern zu bieten hat. Gemeint damit sind solche Dinge wie VMI (Vendor Managed Inventory), PAT (Price Analysing Tool), MIS (Managementinformationssystem) oder die Warenwirtschaft Tiresoft II und anderes mehr. Laut Romanus machen beispielsweise mittlerweile bereits 270 Betriebe bei der Nachschubsteuerung mit, die sich hinter dem Akronym VMI verbirgt. „Schon 300 Betriebe lassen sich durch PAT unterstützen, und den Preisempfehlungen wird immer mehr Glauben geschenkt“, sagt Romanus.
Die von ihm vorgetragene Liste von währende der vergangenen zwei Jahre Erreichtem ließe sich dabei durchaus noch verlängern: Angefangen bei einem nach seinen Worten 28-prozentigen Umsatzwachstum der 4Fleet-Group über erfolgreiche Messeteilnahmen und den alljährlich neu erscheinenden Tuningkatalog bis hin zu einem umfangreichen GDHS-Schulungsangebot – Romanus: „Wir sind die Nummer eins in der Branche beim Thema Training“ – mit rund 2.500 Teilnehmern. „Unsere Bausteine entstehen aus der Partnerschaft heraus durch den Austausch bei Stammtischen, Workshops, in Arbeitskreisen usw. Sie stammen nicht von irgendeinem elitären Zirkel“, erklärt er sich die hohe Akzeptanz der Angebote. Also doch alles im grünen Bereich? Nicht ganz, denn auch Romanus stellt ein „zurzeit schwieriges Marktumfeld“ nicht in Abrede. Doch da es bekanntlich nicht hilft, den Kopf in den Sand zu stecken, müsse man halt versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. „Wir können dem Handel zwar nicht die Kunden auf den Hof schicken, aber seine Wettbewerbsfähigkeit stärken“, meint der GDHS-Geschäftsführer mit Blick auf die schon mittels des Tagungsmottos beschworene Kraft einer starken Gemeinschaft.
Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass Peter Hülzer, geschäftsführender Vorsitzender des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV), den Tagungsteilnehmern in Berlin wenig Erhellendes in Sachen Marktentwicklung mitzuteilen hatte. Denn nach dem Verlauf der ersten acht Monate des aktuellen Geschäftsjahres sah sich der Branchenverband Hülzers Worten zufolge dazu veranlasst, seine Prognose für den Reifenabsatz im deutschen Ersatzmarkt 2008 zu korrigieren. Je nach Reifengattung geht der Branchenverband nunmehr von teilweise deutlich niedrigeren Volumina aus als noch im Frühjahr. So erwartete der BRV ursprünglich, dass der Pkw-Reifenersatzmarkt in diesem Jahr leicht um 1,5 Prozent würde zulegen können, wobei dem Geschäft mit Sommerreifen ein Plus von 0,8 und dem mit Winterreifen ein Zuwachs um 2,4 Prozent zugetraut wurde. Von dieser eher positiven Prognose bleibt nun allerdings nicht mehr viel übrig, ist laut Hülzer jetzt doch von einem 2,4-prozentigen Minus bei den Pkw-Sommerreifen die Rede und einer mehr oder weniger schwarzen Null bei den Winterreifen. Insofern wurde zum Zeitpunkt der GDHS-Tagung erwartet, dass der Gesamtabsatz von Pkw-Reifen 2008 in Deutschland im Geschäft Handel an Verbraucher nunmehr um schätzungsweise 2,4 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen wird.
Nur wenig später wurde bekannt, dass der BRV seine Prognose nach einer Vorstandssitzung nochmals verifiziert bzw. noch weiter nach unten korrigiert hat und nun sogar von einem Minus in Höhe von vier Prozent bezogen auf den Pkw-Reifengesamtmarkt ausgeht. In diesem aktuellen Szenario soll der Winterreifenabsatz um drei Prozent rückläufig sein, der von Pkw-Sommerreifen um 4,5 Prozent. Noch deutlich schlechter die aktuelle Prognose für den Llkw- bzw. Lkw-Reifenersatzmarkt, wo nun statt eines 1,7- bzw. 2,6-prozentigen Zuwachses seitens des BRV von einem Minus in Höhe von sieben respektive sogar zwölf Prozent ausgegangen wird. Verantwortlich dafür macht der BRV die anhaltende deutliche Belastung der Verbraucher durch gestiegene Kraftstoffkosten sowie die Verunsicherung durch die Klimadebatte und die Kfz-Steuerdiskussion. Der gleiche Kostendruck wirke sich in gleichem, wenn nicht noch höherem Maße im gewerblichen Bereich aus, sodass die Reifen von Llkw/Transportern wie diejenigen für Pkw länger genutzt werden. Entsprechend niedriger sei die Nachfrage im Ersatzmarkt, während bei den schweren Nutzfahrzeugen der Grund für den Nachfragerückgang im Wesentlichen in einer weiteren Verschiebung der Transportleistungen in Richtung osteuropäischer Speditionen gesehen wird: Deren Ersatzbedarf an Reifen werde halt in der Regel nicht in Deutschland gedeckt.
„Wachstum kann nur aus Verdrängung des Wettbewerbs kommen“, muss der Handel Hülzers Meinung nach daher angesichts dieser Situation verinnerlichen. Allerdings mahnt er an, dabei nicht der Preiserosion bzw. einem Verfall der Dienstleistungspreise Vorschub zu leisten. „Der Preis ist das dümmste Verkaufsargument“, ist der BRV-Chef überzeugt und empfiehlt dem Handel stattdessen lieber auf das kleine Unternehmens-Abc zu setzen: anders sein als der Wettbewerber sowie zudem noch besser und cleverer. Und aus seiner Auffassung, dass gerade die GDHS-Partner diesbezüglich mehr oder weniger zu der Champions League zu zählen sind, machte Hülzer keinen Hehl. Einen Grund dafür sieht Anne Reck, Leiterin PR der Goodyear Dunlop Handelssysteme, auch darin, dass die GDHS in Goodyear Dunlop einen „starken Partner“ im Rücken hat. Für Dr. Rainer Landwehr, Vorsitzender der Goodyear Dunlop Tires Germany, ist die alle zwei Jahre stattfindende Tagung denn auch weit mehr als nur etwa ein simples Partnertreffen – er sieht sie vielmehr als eine Art „Familientreffen“.
Wobei es wie in jeder Familie zwischen den einzelnen Mitgliedern in der Regel auch bestimmte Abhängigkeiten gibt. So wies Landwehr beispielsweise auf die Bedeutung des Vertriebskanal GDHS für die deutsche Dependance des US-amerikanischen Reifenherstellers hin. Etwa 20 Prozent ihres Umsatzes generiert Goodyear Dunlop Tires Germany demzufolge mit den GDHS-Partnern. Anders herum hätten die Händler mit Goodyear Dunlop ein „stark aufgestelltes Unternehmen“ als Verbündeten, womit er unter anderem auf das 8,1-prozentige Umsatzplus des Konzerns im ersten Halbjahr 2008 verwies. „Deutschland ist ein Schlüsselmarkt für Goodyear, 18 Prozent des Konzernumsatzes werden hier erwirtschaftet, was die Wichtigkeit dieses Marktes unterstreicht“, so Dr. Landwehr. Dass die GDHS-Partner bei Goodyear Dunlop Tires Germany gut aufgehoben sind, lässt sich seiner Überzeugung aber auch daran ablesen, dass Goodyear in allen Segmenten und insbesondere in solchen Wachstumsbereichen wie RunOnFlat oder Ähnliche gut aufgestellt sei, sich klar zum Standort Deutschland bekenne, starke Partner beispielsweise aufseiten der Fahrzeughersteller/Erstausrüstung habe und mit den eigenen Produkten zudem bereits viele Testerfolge einfahren konnte.
Zwar ist auch Landwehr überzeugt, dass die „sieben fetten Jahre“ jetzt erst einmal vorbei sind. Doch für GDHS-Geschäftsführer Goran Zubanovic macht einen Unternehmer ohnehin eher aus, wie er mit schwierigen Situationen zurechtkommt. „Zukunft hat auch damit zu tun, welchen Anspruch wir haben. Und wie wir unsere persönlichen Ziele erreichen wollen, hat nichts mit dem Markt zu tun oder dem Wettbewerb, sondern vor allem mit uns selbst. Es geht immer auch darum, wie viel Mühe wir uns geben, wie viel Kraft jeder Einzelne investiert, um seine Ziele zu erreichen, um sich selbst und das Netzwerk, in dem sich jeder Einzelne von Ihnen bewegt, sicher in die Zukunft zu führen“, erklärt Zubanovic. Er macht keinen Hehl daraus, dass er die GDHS gut vorbereitet auf die anstehenden Herausforderungen sieht. Und während Prof. Dr. Joachim Zentes, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Goodyear Dunlop Tires Germany, in seinem Vortrag über die Bedeutung von Kompetenznetzwerken anlässlich der GDHS-Tagung in Berlin die Überzeugung vertrat, dass es 2012 nur noch zwei Arten von Kooperationen – „die exzellenten und die toten“ – geben wird, dann dürfte angesichts der von Zubanovic ausgegebenen Zielvorgabe für 2012 klar sein, zu welcher Kategorie GDHS dann zu zählen ist. „Unser Ziel ist es, in allen Bereichen die klare Nummer eins in Deutschland zu sein“, sagt Zubanovic. Und er ließ keinerlei Zweifel über die Erreichbarkeit dieses Zieles aufkommen, indem er diese Ansage um ein Zitat der Trickfigur „Bob, der Baumeister“ ergänzte: „Wir schaffen das.“
„Trotz der trüben Prognosen für das kommende Wintergeschäft – der Markt bietet viele Chancen“, so mehr oder weniger der Tenor aller Referenten im Rahmen der GDHS-Jahrestagung. So warte beispielsweise Wachstumssegment der „Best Agers“ sowie der „automobilen Frauen“, die sich noch dazu einer statistisch höheren Lebenserwartung erfreuen, nur darauf, aktiviert zu werden, wie beispielsweise Prof. Zentes meint. Doch es gehöre Kraft, Energie und Engagement dazu, diese Chancen zu nutzen, die Kraft der Information, die Kraft der Innovation, die Kraft eines großen Netzwerkes – und nicht zuletzt die Kraft der Vision. Und die „Vision 2012“ sieht für Zubanovic so aus, dass die GDHS in vier Jahren mit über 1.000 Betrieben 2012 im Markt vertreten sein sowie zugleich die Qualitäts- und Kostenführerschaft im Fachhandel und Discount für sich beanspruchen können will. Solcherlei „Power“, Kraft und Energie sollten aber nicht nur die Vorträge der Referenten versprühen – auch rund 100 Lieferanten hatten sich in Berlin im Rahmen einer Hausmesse präsentiert. Und schon vor dem eigentlichen Kongresstag hatten die Herbsttagung des Quick-Reifendiscounts, eine Tagung der Premio-Niederlassungen und eine Veranstaltung der Freien Reifeneinkaufsinitiative (FRI) stattgefunden. Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einem Galaabend. Dazu trugen nicht nur Künstler wie beispielsweise „Sasha“ bei, sondern außerdem noch eine Tombola, die über den Verkauf von Losen eine Spende über 25.000 Euro für Dolphin Aid aufbrachte.
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