Deutsche Fintyre Group jetzt (fast) komplett in der Insolvenz

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Nun also doch: Nachdem das Amtgericht Frankfurt vor knapp einer Woche das Insolvenzverfahren über die Reifen Krieg GmbH eröffnet und damit die Verwaltung des Vermögens angeordnet hat, folgen jetzt etliche weitere Gesellschaften unter dem Dach der deutschen Fintyre Group in die Zahlungsunfähigkeit. Darunter befinden sich fast alle für das operative Geschäft maßgeblichen Gesellschaften, wobei es – Stand heute Morgen – einige Ausnahmen gibt, wozu auch die Fintyre Group GmbH mit Sitz in Neu-Isenburg selber zählt.

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6 Kommentare
  1. Ferdinand Woerlen says:

    Mit Interesse verfolge ich die Berichterstattung zum Thema Fintyre sowie die damit verbundenen Leserbriefe.
    Mich wundern die Geschehnisse, ehrlich gesagt, nicht. Genauso wenig wie die Details, die von mehr oder minder gut informierten Lesern per Kommentar beigesteuert werden. Was mich eher wundert, ist die Aufregung, die im Markt über diese Ereignisse herrscht.
    Verstehen Sie mich nicht falsch. Den betroffenen Mitarbeitern gilt mein uneingeschränktes Mitgefühl. Dass man da wütend wird, wenn man mit ansieht, wie ein florierendes Unternehmen binnen weniger Jahre an die Wand gefahren wird, ist verständlich. Das kann einem den Blutdruck schon in die Höhe treiben. Aber dass sich die übrigen Marktteilnehmer von den Vorgängen überrascht zeigen, verstehe ich nicht. Und ich kann auch erklären, warum das so ist.
    In der Reifenbranche (und nicht nur dort) haben in den vergangenen Jahrzehnten Fusionen und Übernahmen immer wieder für Furore gesorgt. Ich erinnere nur an die vor Jahren erfolgte Zusammenlegung von Gummi Mayer und Stinnes unter Viborg, der dann (nach einer Bauchlandung) die Integration in die hoch defizitäre Euromaster-Organisation folgte, oder an den (wiederholten) spektakulären Verkauf von ATU an Investmentgesellschaften. Fast immer haben derartige Unternehmungen, verbunden mit entsprechenden Nebengeräuschen, eine Bruchlandung hingelegt.
    Warum ist das so? Am Geld kann es zunächst nicht gelegen haben, die übernehmenden Institutionen waren meist mit einem üppigen Geldbeutel unterwegs. Wenn es das Geld nicht war, was war es dann?
    Es ist kaum anzunehmen, dass es an den individuellen Schwächen der jeweiligen Führungskräfte lag. Ob jemand Batterien am Taschenrechner wechseln kann oder nicht, sagt wenig über seine sonstigen Fähigkeiten aus. Wenn ein Unternehmen erfolgreich genug geführt wird, übersteht es auch ein missglücktes Outsourcing einer Buchhaltung nach Osteuropa oder die Existenz von einem gewissen Prozentsatz an „Blindgängern“ unter den Mitarbeitern. Die in diesem Zusammenhang geschilderten Impressionen sind Folgen dessen, was ich jetzt versuchen werde zu beschreiben. Es sind nicht die Ursachen.
    Meiner Ansicht nach ist ein Unternehmen, egal ob klein oder groß, ein Mikrokosmos. Es ist ein Habitat, bevölkert mit den jeweiligen Lebewesen und immer auch ausgestattet mit einer gewissen Kultur. In diesem Lebensraum haben sich die jeweiligen individuellen Verhaltensweisen, Sitten, Gebräuche usw. herausgebildet und zwar auf eine Art und Weise, wie sie den Anforderungen des Lebensraumes am besten gerecht werden. Dieses (ökonomische) System funktioniert nur als Ganzes, es ist ein abgeschlossener Lebensraum, der alles beinhaltet, was er zum Existieren benötigt.
    Der Mittelstand stellt so einen Mikrokosmos dar. Die Reifenhersteller ebenfalls, auch die Finanzgesellschaften, usw. Alle Lebensräume haben ihre Berechtigung und können nebeneinanderher existieren, auch mit gewissen Wechselwirkungen oder Interaktionen. Aber sie können nicht vermischt werden. Pflanzen, die in den Tropen wachsen, werden sich in der Arktis nicht entwickeln.
    Und das erklärt meines Erachtens auch, warum Vorhaben regelmäßig scheitern, die einen mittelständischen, inhabergeführten Betrieb in einen anderen Lebensraum verpflanzen wollen ganz nach dem Motto: Was am Amazonas wächst, kann an der Wolga nicht falsch sein.
    Damit wird auch klar, warum es relativ sinnfrei ist, wenn Reifenhersteller Handelsorganisationen betreiben oder (angeblich unabhängige) Einkaufsverbände gründen und damit Mittelständler glauben machen, die Handlungsempfehlungen der Industrie wären ein Garant für eine erfolgreiche Zukunft. Und es ist, nebenbei gesagt, auch eine Erklärung dafür, warum die Zufriedenheit in den mittelständischen, unabhängigen Einkaufsverbänden so hoch und unter den Angehörigen der industriegeführten Vereinigungen so gering ist.
    Wer einen Bananenpflücker als Tiefseetaucher einstellt, muss sich nicht wundern, wenn das nix wird.
    Auch das Adaptieren von Verhaltensweisen aus einem anderen Habitat ist wenig zielführend.
    Mittelständler schielen immer mal wieder auf die Industrie und versuchen, dort erfolgreiche Handlungsweisen zu übernehmen in der Hoffnung, damit Synergien zu schaffen. Die (meist) hoch defizitären Handelsketten der Industrie versuchen von Zeit zu Zeit, das Verhalten von erfolgreichen Mittelständlern in die eigene Organisation zu übertragen in der Hoffnung, damit Defizite zu kompensieren. Da werden dann so bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen wie diese, dass Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit nicht zu trennen sind.
    Das Ganze funktioniert immer nur im entsprechenden Mikrokosmos. Ein erfolgreicher Handelsbetrieb, ob klein oder groß, ist eben inhabergeführt und mittelständisch, zumindest in der Reifenbranche. Ausnahmen bestätigen die Regel. Nicht selten wissen die Unternehmerfamilien gar nicht so sehr genau, welche Einzelmaßnahmen den Erfolg eigentlich ausmachen. Können Sie auch gar nicht explizit wissen, genauso wenig wie man sagen kann, was einen Apfel letztendlich wachsen lässt. Es ist nicht die eine oder andere Strategie. Es ist der ganze Mikrokosmos. Es ist die Summe des Ganzen.
    Erfolgreiche Reifenhersteller kümmern sich am Besten vorrangig um das, was in ihrem Habitat gefragt ist, nämlich hervorragende Produkte zu entwickeln und zeitgerecht zur Verfügung zu stellen.
    Erfolgreiche Investmentfonds tun das, was ihre Kernkompetenz ist. Sie handeln mit Werten.
    Und all denen, die sich jetzt immer noch wundern, warum erfolgreiche und funktionierende Firmen wie Reifen Krieg, Reiff, ATU und andere nach der Verpflanzung in ein anderes Habitat auf einmal nicht mehr funktionieren, sei gesagt: Das kann gar nicht funktionieren. Pflanzen Sie mal Ananas im Schwarzwald.

    Ferdinand Woerlen,
    Point-S-Händler aus Nördlingen

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  2. Markus Heinrich says:

    Hallo,

    Ich bin ein Vater wo mein Sohn seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker bei TyreXpert gemacht hat. Ihn trifft es hart.am 31.01.2020 die Bestätigung über die bestandene Gesellenprüfung bekommen.
    Man hat Ihm im Januar 2020 versprochen das er übernommen wird. Nun ist er erst mal auf dem Amt. Ich finde es eine Sauerrei was da auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen wird. Denn die können ja nun nix dafür. Die Filiale hat die letzten Jahre schwarze Zahlen geschrieben. Aber die Mannager haben ihr Geld sicherlich schön bei Seite geschafft.
    Und erzählt mir nichts davon das die Reifenbranche Vom Wandel der Autoindustrie betroffen ist. Auch ein Elektro Auto brauch Reifen.

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  1. […] Räderanbieter AD Vimotion GmbH, der Reifenhandelsverbund Point S oder der inzwischen allerdings insolvente Großhändler Tyre1. Insofern verwundert nicht, dass man für die virtuelle N4-Konferenz am 27. Januar unter anderem […]

  2. […] GmbH und damit einer weiteren Gesellschaft der deutschen Fintyre-Gruppe gestellt worden. Wie in allen anderen Fällen bisher ist hier genauso der Frankfurter Rechtsanwalt Miguel Grosser als vorläufiger Insolvenzverwalter […]

  3. […] Hatten sich die Teilnehmer daran davon ein wenig mehr an Klarheit versprochen, wie es nach der Insolvenz der Fintyre-Gruppe hierzulande, zu der Reiff sowie auch zahlreiche weitere der Branchenunternehmen wie beispielsweise Reifen Krieg […]

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