Quadratur des „SportSmart“ – Dunlop führt zweite Generation ein
Seit einigen Jahren legt Dunlop bezüglich der Vorstellung neuer Motorradreifen eine ziemlich hohe Taktung vor. Daher verwundert nicht, dass nach dem erst im Frühjahr 2010 vorgestellten „SportSmart“ für besonders sportliche Maschinen nun schon die zweite Generation dieses Reifenmodells folgt. Entgegen der bisherigen Dunlop-Namensgebung, wo auf den „Qualifier“ der „Qualifier II“ und auf den „Roadsmart“ der „Roadsmart II“ folgte, heißt der Neue nun „SportSmart²“ oder „SportSmart zum Quadrat“, womit wohl auf die potenzierten Leistungseigenschaften dieses Motorradreifens hingedeutet werden soll.
Laut Sharon Antonaros, Direktor des Geschäftsbereiches Motorrad bei Dunlop für die Region EMEA (Europe, Middle East, Africa), produziert bzw. setzt man weltweit alljährlich rund fünf Millionen Motorradreifen ab. „Dabei fertigen wir nicht einfach das, was wir können, sondern hören vor allem auf das, was unsere Kunden wollen“, erklärt er, worauf bei dem neuen „SportSmart²“ besonderes Augenmerk gelegt wurde. Er soll weder ein reinrassiges Gummi für die Rennpiste sein noch allein für den Straßeneinsatz taugen, sondern gewissermaßen das beste beider Welten in sich vereinen. Denn einerseits würden Motorräder zwar immer leistungsstärker und schneller, doch andererseits deren Fahrer im Schnitt auch immer älter, erklärt Antonaros, warum beim Nachfolger des „SportSmart“ beispielsweise vor allem auch Wert auf ein Mehr an Komfort gelegt wurde.
„Einige Eigenschaften des ‚SportSmart’ wurden beibehalten, aber andere – gerade älteren Käufern wichtige – ein wenig mehr betont wie etwa der Komfort“, ergänzt er. Auch bezüglich Lenkverhalten und Handlichkeit oder in Sachen Hochgeschwindigkeitsstabilität soll der neue „SportSmart²“ gegenüber seinem Vorgänger ordentlich zugelegt haben, fügt Patrice Omont hinzu, der bei Dunlop für die EMEA-Region Forschung und Entwicklung in Sachen Motorrad sowie Motorsport verantwortet. Die Stärken des „SportSmart“ – die Leistungseigenschaften bei Nässe und Trockenheit, Rennstreckentauglichkeit sowie Laufleistung werden in diesem Zusammenhang aufgezählt – wurden demnach mehr oder weniger beibehalten bzw. lediglich geringfügig verbessert. Zumal die erste „SportSmart“-Generation durchaus für seine Sportlichkeit gelobt worden sei, dafür aber wegen einer vergleichsweise langen Aufwärmphase und Abstrichen beim Komfort Kritik habe einstecken müssen.
Vor diesem Hintergrund hat sich Dunlop entschlossen, die zweite Auflage dieses Motorradreifens ins Rennen zu schicken. Zwischen dieser Entscheidung und der nunmehr erfolgten Produktvorstellung sind Omonts Worten gerade einmal zwölf Monate vergangen. Dabei wird der Reifen als komplette Neuentwicklung bezeichnet, was sich nicht zuletzt darin manifestiert, dass gewisse Konstruktionsdetails des Vorläufers im neuen Produkt nicht mehr zu finden sind, zumindest beim Hinterradreifen andersherum jedoch eine ganz neue Technologie Einzug gehalten hat. Mit Ersterem ist das sogenannte NTEC-Konzept gemeint, das beim „SportSmart“ erstmals in einem Dunlop-Straßenreifen Einzug hielt und gekennzeichnet ist durch zwei Schnittgürtel in Kombination mit einem aufgespulten Jointless Belt (JLB). NTEC ist beim „SportSmart²“ nun aber schon wieder Geschichte.
Nicht ohne Grund, macht der Hersteller diese Technologie doch mit dafür verantwortlich, dass der „SportSmart“ eben nicht als besonders komfortabel empfunden wurde. Zwar ermöglicht das dahinter stehende Konzept, auf der Rennstrecke mit recht niedrigen Luftdrücken um die Kurven wetzen zu können, doch soll eine zügige Gangart auch beim Nachfolger dank Verbesserungen an anderer Stelle weiterhin möglich sein. Gleichwohl weist Patrice Omont darauf hin, dass für den „SportSmart²“ als Minimaldruck jetzt 2,1 bar am Vorderrad sowie 1,9 bar im Hinterrad festgesetzt wurden. „Diese Mindestwerte liegen damit höher als beim Vorgänger“, räumt Omont ein. Dem Fahrspaß soll dies allerdings keinen Abbruch tun.
Zumal der neue Motorradreifen im Gegenzug für den Wegfall der aus dem Motorsport stammenden NTEC-Technologie am Hinterrad dafür außer einer nun „Floating Ply“ genannten Konstruktion jetzt zusätzlich zum JLB noch mit JLT aufwarten kann. Das letztgenannte Kürzel steht für Jointless Tread, also eine nahtlos aufgebrachte Lauffläche. Wie man sich das vorstellen muss, dafür hat Dunlop im Rahmen der Produktvorstellung einen Blick in sein französisches Produktionswerk Montluçon gewährt. Das Ganze bedeutet, dass die Lauffläche nicht als ein einziger breiter Streifen auf die Karkasse aufgebracht wird, sondern in Form einzelner schmaler Stränge aufgespult wird. Wie Patrice Omont erläutert, verbindet man damit eine gleichmäßigere Druckverteilung in der Bodenaufstandsfläche, einen besseren Rundlauf, eine höhere Verschleißfestigkeit sowie ein Plus an Hochgeschwindigkeitsstabilität ebenso wie einen „progressiven Grip von der Laufflächenmitte zu den Schultern hin“.
JLT ist dabei ebenso allein dem Hinterrad vorbehalten wie zwei verschiedene Laufflächenmischungsspezifikationen: eine härtere zur Mitte hin, eine weichere jeweils zur Schulter hin. Die Aufgabenteilung bzw. der Sinn des Ganzen ist von anderen Motorradreifenmodellen her bekannt – die Laufflächenmitte ist eher für die Themen Laufleistung und Geradauslaufstabilität verantwortlich, während das weichere Gummi zur Reifenaußenseite hin guten Grip selbst bei extremen Schräglagen sicherstellen soll. „Am Vorderrad ist JLT nicht nötig, und hier reicht ebenso ein einfaches Konzept mit nur einer Mischungsspezifikation“, sagt Omont. Man sollte die JLT-Technologie nicht blind als eine Art Allheilmittel sehen, sondern man setze sie nur dort ein, wo man sie für nötig halte, ergänzt er. Man baue also keine Gadgets dort ein, wo sie nicht nötig seien, so Omont.
Ein Beitrag zu den verbesserten Fahreigenschaften wird allerdings der gegenüber dem Vorgängermodell leicht veränderten Reifenkontur zugeschrieben. Und damit der Reifen auch bei Nässe eine gute Figur macht, hat Dunlop dem „SportSmart²“ ein neues Profildesign spendiert, das mithilfe der Finite-Elemente-Analyse (FEA) entwickelt wurde. „Die Ausrichtung der Profilrillen wurde geändert“, beschreibt Omont den am Vorderradreifen auffälligsten Unterschied zum Vorgängermodell. Das jetzt „umgedrehte V-Profil“ in der Laufflächenmitte wirke zwar ungewöhnlich, biete aber eine 20 Prozent verbesserte Wasserdrainage und verleihe dem „SportSmart²“ zugleich ein „einzigartiges Erscheinungsbild“, ist man bei Dunlop überzeugt. Beim Hinterradreifen trägt zum optimierten Nassgrip auch die Gummimischung ihren Teil bei, wobei im Schulterbereich demnach zu 100 Prozent eine auf Basis von hoch dispergierbarem Silica zum Einsatz kommt.
Durch den Einsatz von Flüssigpolymeren und verschiedenen haftungsverbessernden Harzen, die im Rennsport weiterentwickelt und verfeinert wurden, sollen außerdem die Leistungseigenschaften im Trockenen beim „SportSmart²“ deutlich besser sein als bei seinem Vorläufer, und das zudem noch über einen im Vergleich größeren Temperaturbereich hinweg. Mit einer neuen, runderen Kontur Vorderradreifens zielt Dunlop zudem auf eine verbesserte Druckverteilung in der Aufstandsfläche und damit eine optimierte Bremsstabilität auf trockenem Belag ab. Gleichzeitig soll sich der „SportSmart²“ durch einen deutlich minimierten Shimmy-Effekt und eine um 23 Prozent reduzierte Ansprechzeit auf Lenkimpulse auszeichnen. „Daraus resultieren ein geringeres Lenkmoment sowie damit einhergehend ein geringerer Kraftaufwand beim Einlenken und in Kurvenfahrt“, heißt es vonseiten des Herstellers.
„Insgesamt konnten somit die Handlingeigenschaften des neuen ‚SportSmart²’ erheblich verbessert werden“, wird hinzugefügt. Mit dazu beigetragen haben dürfte nicht zuletzt außerdem das reduzierte Gewicht des neuen Reifens, wobei das Vorderrad um sieben und das Hinterrad um bis zu acht Prozent leichter sein soll als beim Vorgänger. Auf dem Markt kommt der „SportSmart²“ übrigens in den beiden Dimensionen 120/60 ZR17 (55W) und 120/70 ZR17 (58W) für vorne sowie in den vier Größen 160/60 ZR17 (69W), 180/55 ZR17 (73W), 190/50 ZR17 (73W) und 190/55 ZR17 (75W) für hinten. Begleitet wird der Verkaufsstart dabei übrigens von einer Art – wie Antonaros sagt – „Marketingaktivierung“, die im Wesentlichen auf zwei Komponenten beruht.
Einerseits sollen Motorradfahrer, die den „SportSmart²“ anderen (Freunden, Bekannten etc.) weiterempfehlen, mit Prämien belohnt werden, andererseits will Dunlop eine „Zufriedenheitsgarantie“ für Käufer des neuen Reifens geben, die eine Rückabwicklung des Erwerbs bei nicht 100-prozentiger Zufriedenheit mit dem Modell vorsieht. „All dies wird für den Verbraucher kostenlos sein, und der Händler bekommt im Fall eines Falles eine Handlingpauschale erstattet“, erklärt David Steinmetz, Vertriebsleiter Motorradreifen Deutschland, Österreich und Schweiz. Insofern biete man damit eine risikolose Möglichkeit, dass Motorradfahrer gegebenenfalls auch einmal eingefahrene Spuren bezüglich der Wahl der Bereifung für ihre Maschine verlassen, erläutert er den dahinter stehenden Gedankenansatz. christian.marx@reifenpresse.de
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