„Wirkliches Design“ als Wettbewerbsfaktor im Rädergeschäft
Die Automobilbranche zählt zu der wichtigsten Kundengruppen der in Renningen bei Stuttgart beheimateten Elatio Design Development GmbH. Laut Geschäftsführer Marcus Längerer, der das Stammunternehmen 1991 gründete, werden etwa 70 bis 80 Prozent des Umsatzes mit Aufträgen aus dem Automobilbereich generiert. Neben dem Design von In- und Exterieur für verschiedene Fahrzeughersteller – darunter so bekannte Marken wie Mercedes-Benz und Honda – beschäftigt sich Elatio auch mit dem Aussehen von Aluminiumrädern. „Rund 30 Prozent unseres Umsatzes erwirtschaften wir mit dem Raddesign“, sagt Längerer, der in diesem Segment seit langer Zeit eng mit BBS zusammenarbeitet. „Aus dieser Verbindung ergeben sich immer wieder neue Impulse anhand von Technik und Design, die bereits in einer frühen Phase eng miteinander verbunden werden. Ein Beispiel dafür ist das speziell für die Formel 1 entwickelte Abstreckverfahren von BBS, das auf dieser Basis zu einer neuen Designaussage kommt.“ Darüber hinaus arbeitet Elatio genauso eng mit den Fahrzeugherstellern zusammen, wenn es um ein neues Rad für ein neues Automodell geht.
Bis ein Rad letztendlich auf dem Fahrzeug montiert werden kann, ist es jedoch ein weiter Weg. „Normalerweise kommen wir etwa zwei Jahre vor dem Produktionsstart eines neuen Modells ins Spiel“, erklärt Längerer. Ein Lastenheft gibt das Stylinggerüst vor. Festgeschrieben sind darin unter anderem Parameter wie die Radgröße, die zu tragende Radlast sowie die Bremskontur. Bevor es nun an den Entwurf des Rades geht, setzt man sich bei Elatio zunächst mit weiteren Aspekten auseinander. Welche Zielgruppe soll das Fahrzeug ansprechen? Welches Image hat die Fahrzeugmarke bei seinen Kunden? Dies sind nur zwei der Fragen, die sich die Kreativen in Renningen vor dem Start des eigentlichen Designprozesses stellen. Die daraus gesammelten Erkenntnisse werden zusammengetragen und über Bilder auf einem großen Chart visualisiert. „Damit versuchen wir visuell greifbar zu machen, für welchen Fahrzeug- bzw. Kundentypus wir das Rad eigentlich entwickeln“, erzählt der Elatio-Geschäftsführer im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG.
Erst danach folgen darauf aufbauend erste Handskizzen, die zunächst nur intern diskutiert werden. „Einem fertigen Raddesign gehen etwa 30 Erstentwürfe voraus, die immer wieder mit dem zuvor erarbeiteten Anforderungsprofil abgestimmt werden“, so Längerer. In der Regel arbeiten bei Elatio zwei der Mitarbeiter an einem solchen Projekt. „Das Gute ist, dass wir nicht ausschließlich auf das Raddesign fixiert sind, sondern auch Aufträge im Bereich Industriedesign – wie IT-Geräte, Fernseher, Sanitärprodukte usw. – bearbeiten. Dadurch ist sicher gestellt, dass niemand bei uns im Hause nur an Radstylings arbeitet. Ich stelle es mir schwierig vor, wenn ein Radhersteller einen Designer beschäftigt und dieser tagein tagaus versucht, neue Raddesigns zu entwerfen“, meint Längerer. Von den Erstentwürfen bleiben in der Regel vier bis sechs Vorschläge übrig. Im nächsten Schritt werden aus den Entwürfen die entsprechenden Daten in den CAD-Systemen (Computer Aided Design) des Unternehmens aufgebaut.
Die Renninger setzen hierfür modernste Technik ein. „Wir verwenden Tools wie ‚Rhino’ oder ‚CATIA’“, erklärt Marcus Längerer. Alles in allem dauert es dann ca. sechs bis acht Wochen, bis das Rad seitens des Stylings endgültig entwickelt ist und eine Präsentation beim Kunden erfolgt. Auch hierbei spielt das Chart das Marken- bzw. Fahrzeugimage betreffend eine zentrale Rolle. „Idealerweise entscheidet sich der Kunde dann für ein oder zwei der Radentwürfe – ein Rad vielleicht für die Serie, das andere als Sonderausstattung oder Zubehör. Manchmal sind es aber auch mehrere Radentwürfe, die den Geschmack des Endkunden treffen sollen“, sagt Längerer, in dessen Unternehmen seit der Gründung rund 250 Räder fertig entwickelt und in den Markt gebracht wurden. Hat man sich vonseiten des Kunden in der Designfrage entschieden, erfolgt der finale Datenaufbau im Hause Elatio, mit dem den hohen Ansprüchen der Entwicklungstechnik und dem Formenbau entsprochen wird. „Unser Datenaufbau bietet modernste Schnittstellen zu fast allen CAD-Systemen“, erläutert Marcus Längerer.
„Räder, die aus einem solchen Prozess hervorgegangen sind, haben meiner Ansicht die Bezeichnung ‚Design’ dann auch wirklich verdient. Wenn ich mir hingegen manch andere Räder im Markt anschaue, dann nennen die sich alle zwar irgendwie ‚Design’. Mit einem wirklichen Designanspruch hat das meines Erachtens in aller Regel nicht viel zu tun, werden oftmals doch verschiedene erfolgreiche Ansätze einfach irgendwo entliehen oder miteinander kombiniert“, ist Längerer überzeugt. Vor dem Abkupfern sei man zwar prinzipiell nie geschützt, aber die Kombination aus Design und innovativer Rädertechnologie macht es auf jeden Fall schwieriger, ein Rad einfach nur zu kopieren. „Manche Designideen lassen sich nämlich nur unter Verwendung bestimmter Fertigungstechnologien umsetzen. Deshalb arbeiten wir auch mit dem jeweiligen Hersteller eng zusammen. Innovative Räder erfordern also nicht nur neue Ideen vonseiten des Designs, sondern auch neue Technologieansätze der Radhersteller“, so Marcus Längerer. christian.marx@reifenpresse.de
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