Reifenalter bei Pkw

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Seit über zehn Jahren beschäftigen sich die unterschiedlichsten Gremien des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) in regelmäßigen Abständen und aus den unterschiedlichen Anlässen mit dem Thema Reifenalter. In der Vergangenheit geschah dies auch in zunehmendem Maße in der Auseinandersetzung mit Veröffentlichungen und Statements von Verbraucherschutzorganisationen und Automobilclubs (z.B. ADAC), aber auch Technischen Prüforganisationen (z.B. DEKRA), die im Wesentlichen immer wieder auf zwei Kernaussagen hinauslaufen, dass erstens Reifen, die älter als zwei Jahre sind, keine Neureifen mehr seien und dem Verbraucher als solche nicht mehr angeboten werden sollten oder dürften, höchstens mit einem entsprechenden Preisnachlass, und zweitens Reifen, die an Fahrzeugen montiert und älter als sechs Jahre sind, ein Sicherheitsrisiko darstellten und daher unverzüglich gewechselt werden sollten. Abgeleitet werden diese “Hypothesen” meist pauschal aus der allgemeingültigen Erkenntnis, dass Reifen altern.

Der BRV hat sich mit all seinen Statements zu diesem Thema stets als Grundlage das zu Eigen, was die Hersteller selbst dazu erklären. Denn wer sonst, wenn nicht die Reifenhersteller selbst, kann unter Berücksichtigung des Gewährleistungs- und Produkthaftungsgesetzes eindeutige und damit im Sinne dieser Gesetze gültige und verbindliche Aussagen machen? Aussagen von Reifenherstellern zum Thema Reifenalter waren in der Vergangenheit nicht immer einheitlich und ließen daher unterschiedliche Interpretationen zu. Obwohl die vom BRV zugrunde gelegte WdK-Leitlinie Nr. 90 (WdK = Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie) nicht so eindeutig ist, wie vom BRV gewünscht, bleibt diese Richtlinie die entscheidende Grundlage – mit folgenden Kernaussagen:

  • “Reifen altern aufgrund physikalischer und chemische Prozesse. Das gilt auch für nicht oder wenig benutzte Reifen. Um diesem Prozess entgegenzuwirken, werden den Mischungen Substanzen beigegeben, die leistungsmindernde chemische Reaktionen mit Sauerstoff und Ozon in erforderlichem Maße verhindern. Damit ist gewährleistet, dass auch ein mehrere Jahre sachgemäß gelagerter Reifen der Spezifikation eines Neureifens entspricht und in seiner Verwendungstauglichkeit nicht beeinträchtigt ist.”
  • Es wird empfohlen, Reifen, die älter als zehn Jahre sind, nur noch zu benutzen, wenn sie vorher ständig unter normalen Bedingungen im Einsatz waren. Diese Reifen sollten also nicht mehr umgesteckt, sondern nur noch im laufenden Betrieb abgefahren werden. Besonders stark altern Reifen an Wohnwagen. Es wird empfohlen, diese schon bei einem Alter von sechs Jahren, spätestens aber nach acht Jahren zu ersetzen.

Gemeinsam mit den maßgeblichen Reifenherstellern Bridgestone/Firestone, Continental, Dunlop, Goodyear, Michelin und Pirelli konnte nun eine exakte Interpretation der WdK-Leitlinie Nr. 90 festgelegt werden. Danach beläuft sich die grundsätzliche Lebenserwartung eines Pkw-Reifens auf zehn Jahre. Darüber hinaus erfolgte auch eine genaue Definition des Begriffes “mehrere Jahre” im Zusammenhang mit der sachgemäßen Lagerung und der daraus resultierenden nicht beeinträchtigten Verwendungstauglichkeit eines Pkw-Reifens – nämlich fünf Jahre. Das heißt also im Klartext: Ein bis zu fünf Jahre sachgemäß gelagerter Reifen entspricht der Spezifikation eines Neureifens und ist in seiner Verwendungstauglichkeit nicht beeinträchtigt.

Obwohl dies nicht generell ausschließt, dass bei hinreichender Kenntnis der Einsatzbedingungen der Reifen am Fahrzeug (z.B. bei so genannten Vielfahrern, bei denen gewährleistet ist, dass trotzdem das generelle Lebensalter von zehn Jahren nicht überschritten wird), auch Reifen montiert werden können, die beim Ersteinsatz älter als fünf Jahre sind, hat der Reifenfachhandel nach Ansicht seines Berufsverbandes nunmehr eine wesentlich bessere Rechtssicherheit. Bezug genommen wird ausdrücklich auf die aktuelle Rechtsprechung (vgl. z.B. Urteil des Amtsgerichts Hannover “Reifenplatzer” vom 04.07.97, Aktenzeichen 521 C 6723/96), die eine Prüfungspflicht des Reifenfachhandels bezüglich des Reifenalters (eine den technischen Vorschriften entsprechende Reifenlagerung vorausgesetzt) unterstreicht.

Das heißt, der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Reifenfachhandelsbetrieb nur Pkw-Reifen anbietet (verkauft, montiert), bei denen gewährleistet ist, dass sie der Spezifikation und der Verwendungstauglichkeit eines Neureifens entsprechen und im Normalbetrieb das grundsätzliche Lebensalter von zehn Jahren nicht überschreiten. Dies ist nunmehr eindeutig der Fall, wenn die Reifen nicht älter als fünf Jahre sind. Anderenfalls kann es zu erheblichen gewährleistungsrechtlichen Problemen im Schadensfall kommen.

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