Nervöse Conti-Aktionäre
Das Handelsblatt berichtet von „Angstverkäufen“ von Conti-Aktien, weil so mancher Investor inzwischen offenbar nicht mehr so recht an eine Übernahme des hannoverschen Automobilzulieferers durch die Schaeffler-Gruppe glauben mag – trotz aller Zusicherungen des fränkischen Familienunternehmens, den Deal nach wie vor durchziehen zu wollen. Laut dem Zeitungsbericht sollen sich deshalb in den vergangenen Wochen Tausende Aktionäre mit Abschlägen von bis zu 30 Prozent von ihren Conti-Wertpapieren getrennt haben, obwohl Schaeffler einen Preis von 75 Euro pro Aktie garantiert hat. Seit Vorlage des offiziellen Übernahmeangebots im August haben demnach Conti-Aktien im Wert von mehr als 1,5 Milliarden Euro bzw. 14 Prozent aller Wertpapiere des Zulieferers unter dem Schaeffler-Kaufangebot den Besitzer gewechselt. Als ein Grund dafür wird die noch nicht vorliegende kartellrechtliche Genehmigung des Deals vermutet, denn das Einreichen der Übernahme bei der EU-Wettbewerbsbehörde ist nach Handelsblatt-Informationen erst für „voraussichtlich heute“ geplant. Die Prüfung könne 25, bei einer sogenannten vertiefenden Prüfung sogar noch einmal weitere 90 Tage dauern. Da zudem der Kurs der Aktien des Reifenherstellers inzwischen auf rund 37 Euro gesunken sei, rechnen Beobachter dem Blatt zufolge außerdem mit „gravierenden bilanziellen Problemen“. In diesem Zusammenhang werden Aussagen von Wirtschaftsprofessor Karlheinz Küting wiedergegeben, wonach Schaeffler nach Abschluss des Kaufes prüfen müsse, ob nicht ein „gewaltiger Abschreibungsbedarf“ bestehe. Wenn Schaeffler nämlich – wie in der Investorenvereinbarung mit Conti festgeschrieben – vorerst nur 49,99 Prozent der Anteile behalte, ergebe sich daraus bei anhaltend schwachem Kurs ein Abschreibungsbedarf von mehr als drei Milliarden Euro – eine Zahl, die seitens Schaeffler allerdings ebenso bestritten worden sein soll wie Gerüchte, wonach man angesichts der schwierigen Lage an den Finanzmärkten die Conti-Übernahme durch Verzögerungen scheitern lassen wolle.
Unabhängig davon wird von einer „gewaltigen Unruhe“ unter den Anlegern berichtet. So meldet das Handelsblatt unter Berufung auf Angaben aus der Conti-Zentrale in Hannover beispielsweise, dass sich dort zahlreiche aufgebrachte Aktionäre gemeldet und ihr Geld gefordert hätten. Wenn dem wirklich so ist, wäre Conti allerdings der falsche Ansprechpartner, denn zuständig ist schließlich die Schaeffler-Gruppe. Zudem erhielten Conti-Anleger ihr Geld erst dann, wenn die Übernahme von der EU-Kommission genehmigt sei, was noch Monate dauern könnte, schreibt die Zeitung unter Verweis darauf, dass die Franken ja den Vorbehalt kartellrechtlicher Prüfung in ihr Angebot eingebaut haben. „Andere Ausstiegsmöglichkeiten sind praktisch ausgeschlossen“, wird Axel Jäger, Professor für Wirtschaftsrecht an der Fachhochschule Frankfurt, zitiert. Wie dem auch sei: Die Skepsis der Anleger habe jedenfalls zu einer Art Zweitmarkt für Conti-Aktien geführt. Alle Conti-Aktien, die von ihren Eigentümern für den Verkauf an Schaeffler vorgemerkt seien, haben demzufolge eine neue Wertpapierkennnummer erhalten und wurden von der Commerzbank separat an die Börse gebracht. „Das ist durchaus üblich“, kommt Kapitalmarktexperte Jochen Schlotter von der Kanzlei CMS Hasche Sigle in diesem Zusammenhang bei dem Blatt zu Wort. Nicht üblich sei allerdings, dass zum Verkauf bestimmte Aktien in diesem Umfang mit so hohen Abschlägen – bis zu 28 Prozent weniger als der von Schaeffler garantierte Preis – gehandelt werden. Aber nicht nur unter den Aktionären wachse die Unruhe, sondern auch bei den Beschäftigten. „Natürlich wird das derzeit intensiv diskutiert“, werden vom Handelsblatt Aussagen aus Arbeitnehmerkreisen wiedergegeben. Schaeffler verbreite nach außen hin zwar Zuversicht, aber wie es wirklich aussehe, wisse niemand, heißt es weiter. „An der Intransparenz der Firma Schaeffler hat sich nichts geändert“, wird kritisiert.
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