Immer mehr Autofahrer im Sommer auf Winterreifen unterwegs

Seit ein paar Jahren ist es vor allem der Absatz von Winterreifen, der für ein Marktwachstum im Pkw-Reifenersatzgeschäft sorgt. Die Verkaufszahlen von Sommerreifen sind demgegenüber Jahr für Jahr leicht rückläufig. Dies könnte mit dem Phänomen zusammenhängen, von dem in der Branche fast jeder schon gehört hat bzw. es sogar selbst beobachtet zu haben meint, aber zu dem bislang noch kein fundiertes Zahlenmaterial vorliegt. Die Rede ist von der Verwendung von Winterreifen auch im Sommer, die scheinbar immer mehr deutsche Autofahrer praktizieren. Triebfeder hinter diesem Trend ist offenbar der Wunsch der Verbraucher, in Zeiten knapper Kassen Reifenkosten sparen zu wollen.

Mittlerweile hat sich bei der Mehrzahl der Autofahrer offenbar herumgesprochen, dass es aus Gründen der Fahrsicherheit ratsam ist, im Winter das eigene Fahrzeug mit Winterreifen auszustatten. Denn – so will der Touring Club Schweiz (TCS) den dahinter stehenden Sachverhalt anschaulich auf den Punkt bringen – auf eine Winterwanderung begebe man sich ja schließlich auch nicht mit Flip-Flops oder Sandalen. Mit der steigenden Umrüstquote auf Winterreifen werden aber die eigentlich für die kälteren Monate des Jahres gedachten Reifen in zunehmendem Maße während des Sommers bzw. das ganze Jahr über gefahren. Dieser Trend spiegelt sich auch in dem Ergebnis der von Ende Januar bis Anfang März gelaufenen Onlineumfrage unter www.reifenpresse.de/umfrage wieder. Denn nur knapp ein Drittel der Teilnehmer votierte eindeutig für die Verwendung von Sommerreifen während der warmen Jahreszeit und etwa ein Viertel plädierte für Ganzjahresreifen. Das bedeutet andersherum, dass sich mehr als 40 Prozent durchaus mit der Idee anfreunden können, in den Sommermonaten auf Winterreifen unterwegs zu sein. Aber kommt das nicht – wie ein Teilnehmer an der Umfrage zu bedenken gibt – dem Tragen einer Winterjacke im Sommer gleich? Oder sind moderne Winterreifen tatsächlich die besseren Ganzjahresreifen von heute?

Den Angaben der Initiative PRO Winterreifen zufolge ist die Umrüstquote auf Winterreifen in der nun langsam ausklingenden Saison 2005/2006 auf 53,7 Prozent gestiegen und liegt damit um 3,3 Prozentpunkte über dem Vergleichswert des Vorjahres, wo demzufolge 50,4 Prozent des deutschen Pkw-Bestandes in der kalten Jahreszeit auf Winterreifen unterwegs waren. Die Initiative sieht – wohl nicht ganz ohne Berechtigung – in diesem neuen Rekord eine Bestätigung ihrer jahrelangen Informationskampagne. Einen zusätzlichen Beitrag zu dem neuerlichen Anstieg der Umrüstbereitschaft der deutschen Autofahrer dürften allerdings auch Diskussionen über eine etwaige Winterreifenpflicht vor dem Hintergrund der vom Bundesrat Ende des vergangenen Jahres beschlossenen Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) geleistet haben. Und Werner Sauerhöfer vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) ist zuversichtlich, dass dank der in der neu gefassten StVO geforderten Anpassung der Bereifung an die Witterungsverhältnisse in Zukunft noch mehr Fahrzeugbesitzer als bisher zum Umrüsten veranlassen wird.

Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass anscheinend immer mehr Pkw-Fahrer sich das Zurückrüsten auf die Sommerbereifung mit Beginn des Frühlings sparen. Offizielle Zahlen dazu sind allerdings nicht verfügbar, doch im Gespräch mit diversen Branchenvertretern – sei es die Industrie oder der Handel – wird diese Einschätzung immer wieder bestätigt. Und auch Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) spricht gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG von einem zu beobachtenden Trend zum Fahren mit Winterreifen im Sommer. „Konkrete Zahlen können wir dazu nicht vorweisen, aber ausgehend von dem, was uns unsere Mitglieder berichten, hat die Zahl derjenigen, die ihre Winterreifen auch im Sommer fahren, in den zurückliegenden Jahren zugenommen“, so Drechsler. Als Grund dafür vermutet er, dass die Verbraucher sich die Zusatzkosten für einen zweiten Satz Reifen und die damit verbundenen Dienstleistungen (Montage und ggf. Umstecken der Räder) sparen wollen. Obwohl man den jüngst geänderten §2 Absatz 3a in der Straßenverkehrsordnung, wo es nun heißt, dass bei Kraftfahrzeugen die Ausrüstung „an die Wetterverhältnisse anzupassen“ ist und dabei „insbesondere eine geeignete Bereifung“ hervorgehoben wird, mit etwas Fantasie zwar in diese Richtung gehend interpretieren könnte, ist das Fahren mit Winterreifen im Sommer nicht verboten.

Empfohlen wird die Nutzung von Winterreifen den Sommer über allerdings von keiner Seite. Eher das Gegenteil ist der Fall. Denn die unterschiedlichen Anforderungen an Sommer- und Winterreifen werden prinzipiell schon bei der Entwicklung mit berücksichtigt. Das schlägt sich zum einen in der Profilierung von Winterreifen wieder, die deutlich mehr Profilkanten aufweisen als Sommerreifen. Je mehr Profilkanten sich mit dem Untergrund verzahnen können desto besser ist die Traktion auf Schnee und Eis, aber auch auf nassen Fahrbahnen. Daher weisen moderne Winterreifen eine Vielzahl von Einschnitten in den Profilblöcken auf, da diese so genannten Lamellen den Effekt noch weiter verstärken sollen. Damit die sich ausbildenden Kanten auch tatsächlich in den Untergrund „krallen“ können, muss das Duo aus Profilklotz und Lamelle eine gewisse Flexibilität aufweisen, weshalb die Reifenhersteller eine Mindestprofiltiefe vier Millimetern als Grenze für den Erhalt der Winterreigenschaften setzen. Unterhalb dessen nimmt die Beweglichkeit der Profilblöcke nämlich relativ stark ab.

Unterstützt werden die aus der Lamellierung bzw. Profilkantenbildung resultierenden Wintereigenschaften noch vonseiten der Laufflächengummimischung. Die muss nämlich eher für tiefere Temperaturen ausgelegt sein, damit sie nicht so schnell verhärtet wie es eine für den Sommerbetrieb optimierte Mischung tun würde. „Die Mischung von Sommerreifen friert bei niedrigen Temperaturen schnell ein. Die Folge ist eine Verhärtung des Materials, das dadurch an Elastizität verliert“, erläutert Dr. Lange, Leiter der Abteilung Technical Benchmarking bei Continental. Aufgrund von bestimmten Beimengungen unter anderem in Form von speziellen Ölen ist die Laufflächenmischung von Winterreifen demgegenüber weicher als die von Sommerreifen. Dadurch und durch die dank der Lamellierung ohnehin größere Flexibilität der Profilblöcke kann sich das Reifengummi viel besser der bei genauerer Betrachtungsweise rauen Straßenoberfläche anpassen und tritt somit in engeren Kontakt mit der Fahrbahn. Mehr Gummi auf der Straße bedeutet allerdings gleichzeitig mehr Abrieb, sodass die Laufleistung eines Winterreifens mit zunehmender Umgebungstemperatur sinkt.

„Moderne Reifenmischungen haben den geringsten Abrieb, wenn sie in dem Temperaturbereich gefahren werden, für die sie ausgelegt sind“, fasst Dr. Lange die Ergebnisse einer Continental-Studie zusammen. Den Angaben des Reifenherstellers zufolge büßen Winterreifen, die im Sommer gefahren werden, rund zehn Prozent ihrer Laufleistung ein. „Die immer weiter gehende Spezialisierung der Reifen hat für den Autofahrer sehr positive Effekte. Hierzu gehören sichere Fahreigenschaften auf trockener und nasser Fahrbahn, kurze Bremswege und niedriger Rollwiderstand. Sommer- und Winterreifen haben in ihren jeweiligen Temperaturbereichen das Optimum ihrer Leistungsfähigkeit, und daher auch den geringsten Abrieb“, so Lange, der deshalb rät, konsequent zwischen Sommer- und Winterreifen zu wechseln. Darüber hinaus – so heißt es jedenfalls in einem Spiegel-Online-Bericht aus dem vergangenen Jahr – verbraucht ein mit Winterreifen ausgerüstetes Fahrzeug im Sommerbetrieb rund ein Prozent mehr Kraftstoff, während in den Energiespartipps unter www.womanweb.de aufgrund des höheren Rollwiderstandes sogar von einem Mehrverbrauch von bis zu zehn Prozent die Rede ist.

Außerdem ist Conti-Datenmaterial zufolge bei trockener Fahrbahn, einer Umgebungstemperatur von 20° Celsius und einer Geschwindigkeit von 100 km/h der Bremsweg mit Sommerreifen rund fünf Meter kürzer als mit Winterreifen. Bei gleicher Temperatur, aber nasser Fahrbahn wurde für die während eines Bremsvorganges von 90 bis hinunter auf 20 Kilometer pro Stunde zurückgelegten Weglängen immerhin noch eine Differenz von knapp zwei Metern ermittelt. Des Weiteren kann die im Winter erwünschte Flexibilität der Profilblöcke durch die Lamellierung auch zu einem instabilen bzw. „schwammigen“ Fahrverhalten bei der Verwendung von Winterreifen im Sommer führen. Das heißt die Lenkung reagiert nicht mehr so direkt, was beim Ausweichen vor einem unerwartet auftauchenden Hindernis zu Problemen führen kann. In der Praxis scheinen diese Zusammenhänge aber noch nicht bei allen Autofahrern angekommen zu sein. Dahingehend könnte man zumindest die Einträge dieses Thema betreffend in einigen Onlineforen im Internet interpretieren.

„Meine Jahresfahrleistung ist so gering, dass bei Sommer-/Winterreifen die Gummis vermutlich schneller altern, als ich sie abnutze. Außerdem bin ich die letzten beiden Wagen auch nur mit Winterreifen ganzjährig gefahren. Ehrlich gesagt habe ich keine Verschlechterung im Sommer zu – kurz davor benutzten – Sommerreifen im Fahrverhalten bemerkt. Ich bewege mich aber auch nie im Grenzbereich“, schreibt beispielsweise ein Diskussionsteilnehmer im AutoBild-Onlineforum und gibt als Wohnort Österreich an. Als seine Sommerreifen nicht mehr zu gebrauchen waren, habe er irgendwann einfach die Winterreifen drauf gelassen. „Ich kann sagen, dass sich das Fahrverhalten für mich nicht geändert hat“, bestätigt der unter dem Namen „Alter Hase“ registrierte User. „Man klebt mit Winterreifen besser auf der Straße – weshalb viele Prolls auch Winterreifen auf ihren Geschossen lassen“, hat sich ein anderer im so genannten „Expertenforum“ der Seiten www.wer-weiss-was.de verewigt.

Nicht unerwähnt bleiben soll jedoch, dass sich andere Teilnehmer in den beispielhaft genannten Diskussionsforen durchaus kritisch zur Verwendung von Winterreifen im Sommer äußern. Neben solchen Dingen wie dem erhöhten Abrieb und Verbrauch, wobei diesbezüglich Zahlenwerte zwischen fünf und 15 Prozent durch das World Wide Web geistern, geht es dabei zumeist auch um das Thema Bremsweg. „Ich habe die leidvolle Erfahrung gemacht, dass sich das Bremsverhalten bei Nässe negativ entwickelt. Also bitte mehr Sicherheitsabstand einhalten und vorausschauend fahren“, wird da unter anderem geraten. „Wer seine Winterslicks mit wenig Profil noch in den Sommer hinein fährt, der wird merken, dass sich auch bei trockenem Wetter der Bremsweg gegenüber Sommerreifen verlängert da diese weich werden. Und gleichzeitig rubbeln diese schnell ab“, berichtet ein anderer von seinen Erfahrungen. „Wenn es im Sommer mal 30 Grad werden und man donnert mit 160 über die Autobahn, braucht man sich über eine schwammige Fahrt nicht wundern“, so eine weitere Meinung im Onlineforum unter www.verkehrstalk.de.

„Wer einmal bei 25 Grad eine kräftige Bremsung mit Winterreifen, auch in der Stadt, gemacht hat und dabei dem Vordermann fast ‚draufgeschwommen’ ist, wird am nächsten Tag Sommerreifen kaufen – selber erlebt. Den letzten Sommer habe ich meine nicht mehr wintertauglichen Winterreifen ‚runtergefahren’, aber immer mit schön großem Abstand und genug Luft bzw. eher etwas mehr sowie mit nicht mehr als 120 km/h auf der Autobahn. Schnelle Kurven fahren sich mit Winterreifen, die nicht mehr ganz neu sind, bei Nässe wie auf Schmierseife“, schildert an selber Stelle zusätzlich noch ein Beitrag die Erlebnisse eines Fahrzeugbesitzers. Diese Meinungsäußerungen bzw. Erfahrungsberichte finden sich so oder zumindest so ähnlich in den Anmerkungen wieder, um die einige Teilnehmer an unserer eigenen Onlineumfrage ihre Antwort ergänzt haben.

„Ich fahre selbst einen Dunlop-Winterreifen in 155/70 R13 T auf meinem Nissan Micra. In Sachen Verschleiß und Laufruhe absolut keine Frage. Wie sich der Reifen bei einer Vollbremsung im Vergleich zum Sommerreifen gibt, erfahre ich, sobald es wieder mal etwas wärmer wird“, so der pragmatische Ansatz eines Nutzers unseres Internetangebotes unter www.reifenpresse.de, der bei unserer Umfrage mitgemacht hat und sich überzeugt gibt, heutige Winterreifen seien so gut, dass man sie getrost das ganze Jahr über einsetzen kann. Alles in allem vertraten 16,5 Prozent der Teilnehmer an der Erhebung diese Auffassung. Mitunter allerdings mit Einschränkungen wie „… aber nur wenn die Laufleistung gering – zum Beispiel weniger als 8.000 Kilometer pro Jahr – ist“. Und falls das Handling des Fahrzeuges durch die Verwendung von Winterreifen im Sommer weicher werde, solle man den Luftdruck um 0,5 bar erhöhen, lautet der Ratschlag eines Antwortenden. „Ist auch gut zum Spritsparen“, fügt er hinzu. Dafür, lediglich das Restprofil von Winterreifen noch während des Sommers herunterzufahren, plädierten demgegenüber 27,4 Prozent der Umfrageteilnehmer.

„Zwangsläufig wird das der eine oder andere Verbraucher aus Kostengründen tun, ohne Rücksicht ob sicher oder nicht. Auch der Komfort moderner Winterreifen verleitet zu dieser Vorgehensweise. Der Verbraucher hat immer noch zu wenig Reifenbewusstsein, für ihn ist der Reifen in erster Linie ‚rund und schwarz’ und natürlich viel zu teuer. An der Optik wird nicht gespart, aber an der Sicherheit. Hochglanzfelgen und Linglong-Reifen – das passt zusammen. Man verliert ja sein Gesicht nicht, wenn man anonym im Internet bestellt“, sagt ein Umfrageteilnehmer, der denjenigen Autofahrern, die saisonal nicht wechseln wollen, eher das Ausweichen auf Ganzjahresreifen ans Herz legen würde, anstatt die Winterreifen auch im Sommer montiert zu lassen. Dieselbe Ansicht vertraten insgesamt 26 Prozent der Befragten. „Der Kostenfaktor ist erheblich gestiegen, um einen Winter- und Sommersatz zu fahren. Vor allem finde ich Ganzjahresreifen aus eigener Erfahrung sehr gut“, merkt ein Umfrageteilnehmer an, der allerdings die mangelnde Verfügbarkeit von Ganzjahresreifen mit einem Geschwindigkeitsindex jenseits von H (bis 210 km/h) als Nachteil anführt. Demgegenüber votierten 30,1 Prozent aus Performancegründen – explizit hingewiesen wurde mehrfach auf einen verlängerten Bremsweg – kompromisslos dafür, dass während des Sommers ausschließlich Sommerreifen zum Einsatz kommen sollten.

Bei der Vielzahl unterschiedlicher zu hörender Meinungen ergeben sich für den Verbraucher zwangsläufig diverse Fragen. So zum Beispiel, ob ein Ganzjahresreifen tatsächlich eine Alternative zur saisonalen Umrüstung zwischen Sommer- und Winterbereifung ist? Die Antwort darauf kommt einem ganz klaren jein sehr nahe. So bewirbt beispielsweise Hersteller Goodyear seinen „Vector 5“ als Reifen, der besser sei als Sommerreifen im Winter und besser als Winterreifen im Sommer. Die Reifenlösung nach dem Motto „Einer für alles“ wird als „in den meisten Breitengraden hierzulande beste Fusion aus Sicherheit, Komfort und Preis“ gesehen. „Warum zweimal im Jahr mit dem Reifenwechsel befassen, wenn es auch einfacher und kostengünstiger geht?“, fragt der Hersteller auf den eigenen Internetseiten. Die Website www.ecodesign-beispiele.at – eine aus einem Service des Wirtschaftsförderungsinstitutes der Wirtschaftskammer Österreich entstandene Homepage, deren Betreiber es sich eigenen Angaben zufolge zur Aufgabe gemacht haben, Beispiele für „ökointelligente Produkte und Dienstleistungen“ zusammenzutragen – listet den Goodyear-Ganzjahresreifen jedenfalls in der Kategorie „Langlebigkeit (hoher Nutzen)“.

„Das Wechseln der Reifen für Winter und Sommer ist in schneereichen Regionen sicher zu empfehlen. Doch für viele Bedarfsfälle stellt ein Ganzjahresreifen einen guten Kompromiss dar“, heißt es auf der Ecodesign-Website. Fahrer, die in hochalpinen Regionen wohnen, wird geraten, weiterhin Winterreifen zu montieren. In Gegenden, bei denen der Winter fast keinen Schnee und Temperaturen vorwiegend zwischen null und sieben Grad bringt, habe sich der Ganzjahresreifen bewährt. „Für alle, die es sich leisten können, an ein paar Schneetagen das Auto zu Hause zu lassen, sind Ganzjahresreifen eine sichere und preisgünstige Alternative. Nicht zuletzt für alle, deren jährliche Kilometerleistung eher bescheiden ist“, so ist zu erfahren. Weiteres Entscheidungskriterium für oder gegen Ganzjahresreifen ist die Leistung des Fahrzeugs. Denn deren Verwendung auf hoch motorisierten Fahrzeugen wird im Allgemeinen nicht empfohlen. „Bei Kleinwagen stellen die auftretenden Kräfte für einen Ganzjahresreifen kein Problem dar“, werden Aussagen von Holger Rehberg, Leiter Technisches Training bei Goodyear, in einem Spiegel-Online-Bericht wiedergegeben. In diesem Zusammenhang wurde von ihm eine Motorleistung von rund 150 PS als Obergrenze genannt.

Da die Verbraucher, wenn es um das Sparen von Kosten geht, sehr erfinderisch sind, könnte der eine oder andere vielleicht auch auf die Idee kommen, Winter- und Sommerreifen an seinem Fahrzeug zu mischen. Also etwa das Restprofil zweier Winterreifen an der Hinterachse herunter zu fahren, während vorne möglicherweise neue Sommerreifen montiert werden. Somit ließen sich die Ausgaben für die Bereifung schließlich zunächst halbieren. Von einem solchen Vorgehen raten die Reifenhersteller jedoch unisono ab. Die gleichzeitige Verwendung von Sommer- und Winterreifen könne zu „spürbaren bis gefährlichen Veränderungen im Fahrverhalten führen“ heißt es stellvertretend in den Michelin-Tipps zur richtigen Auswahl von Reifen. „Selbst die gleichzeitige Montage von Fabrikaten mehrerer Hersteller kann sich nachteilig auswirken und die Fahrzeugsicherheit beeinträchtigen – selbst bei identischer Geschwindigkeits- und Tragfähigkeitskategorie. Wir empfehlen ausdrücklich, an allen vier Rädern nur Reifen eines Typs desselben Herstellers zu montieren“, sagt der Hersteller.

Dass sich mit der Weiternutzung von Winterreifen im Sommer größere Summen sparen lassen, bezweifelt Hans-Jürgen Drechsler angesichts des höheren Abriebs der Winterspezialisten während der wärmen Zeit des Jahres ohnehin. Um grob zu überschlagen, was da innerhalb einer Zeitspanne zusammenkommt, die dem durchschnittlichen Alter des deutschen Pkw-Bestandes von gut sieben Jahren entspricht, kann man eine Beispielrechnung der Initiative PRO Winterreifen heranziehen. Auf den Internetseiten der Initiative werden die Kosten für die reine Sommerreifennutzung denjenigen einer kombinierten Sommer-/Winterbereifung gegenübergestellt. Vernachlässigt man dabei, dass bei identischem Geschwindigkeitsindex, gleicher Dimension und Marke ein Winterreifen rund 15 Prozent teurer (Beispiel: Vergleich von Endverbraucherpreisen Ende Februar für einen Conti-Sommerreifen in 195/65 R15 H mit denjenigen für einen Conti-Winterreifen) ist ebenso wie den erhöhten Abrieb der Winterreifen im Sommer, käme man nämlich auf das identische Einsparpotenzial von knapp 200 Euro in gut sieben Jahren bzw. etwa zwei Euro pro Monat.

„Nichtsdestotrotz gehört es zu einer fachgerechten Beratung durch den Handel, dass Kunden gegebenenfalls darauf hingewiesen werden, wenn sich die noch montierten Winterreifen am Ende des Winters aufgrund der Annäherung an eine Profiltiefe von vier Millimetern nicht mehr für eine weitere Saison eignen und das Restprofil folglich noch im Frühling genutzt werden kann“, sagt Drechsler. „Allerdings ist das Ganze ein zweischneidiges Schwert, denn wo genau zieht man da eine Grenzlinie und wie kann man die dahinter stehenden Zusammenhänge dem Verbraucher vermitteln“, sieht er dabei aber durchaus die Gefahr, dass dies vonseiten der Autofahrer als generelle Empfehlung zum Fahren auf Winterreifen im Sommer missverstanden werden könnte. Deshalb soll diese Thematik auch im Rahmen der Initiative Reifensicherheit aufgegriffen werden, um die Verbraucher besser aufzuklären.

Die im vergangenen Frühjahr vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat gegründete Initiative Reifensicherheit hat sich dem Ziel verschrieben, die deutschen Autofahrer für einen aufmerksameren Umgang mit dem sicherheitsrelevanten Autoteil Reifen zu sensibilisieren. Deswegen sind für dieses Jahr zahlreiche Aktionen geplant, während der Verbraucher den Zustand der Reifen ihres Autos kostenlos überprüfen lassen können. So wird am 17./18. sowie 23./24. März jeweils ein Team der Initiative in Waschstraßen an 20 Standorten in den wichtigsten Ballungszentren Deutschlands im Einsatz sein, und während einer so genannten „Woche der Verkehrssicherheit“ sind in Zusammenarbeit mit der Polizei und den Landesverkehrswachten Informationsveranstaltungen für Autofahrer geplant.

Am dritten Wochenende im Juni soll zudem deutschlandweit an Bundesstraßen eine Reifenkontrolle durch die Polizei durchgeführt werden. Darüber hinaus will man Fahrschulen ein Veranstaltungskonzept zur Verfügung stellen, in deren Rahmen speziell jungen Autofahrern das Thema Reifensicherheit näher gebracht werden soll. Gesucht werden jetzt allerdings noch Partner vor Ort, die solche Konzepte durch ihr Engagement mit Leben füllen. „Seien auch Sie aktiv und werden Sie nach dem Motto ‚all business is local’ an Ihrem Unternehmensstandort engagierter Partner der Initiative Reifensicherheit“, appelliert deshalb Peter Hülzer, geschäftsführender Vorsitzender des BRV, an die Unternehmen des Reifenfachhandels. Denn – so Hülzer weiter – keiner könne glaubhafter die Zielsetzung der Initiative vertreten als die Reifenexperten.

Und wenn man im Rahmen der geplanten Aktionen schon einmal Gelegenheit hat, einen Blick auf eine große Anzahl von Fahrzeugbereifungen zu werfen, sollte man dies nicht gleich dazu nutzen festzustellen, wie viel Prozent der deutschen Autofahrer in den Sommermonaten denn nun tatsächlich auf Winterreifen unterwegs sind? Dann stände wenigstens einigermaßen gesichertes Datenmaterial zur Verfügung, wie stark die „Unart“ der Nutzung von Winterreifen im Sommer bereits um sich gegriffen hat und wie sich der Trend weiterentwickelt.

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