Halbjahresergebnisse liegen vor: Die Reifenhersteller Goodyear und Michelin müssen sich auf schlechtere Zeiten einstellen – auch Continental jetzt unter Druck
Das haben sich die Spitzenmanager von Michelin und Goodyear vermutlich völlig anders vorgestellt. Nacheinander gaben Goodyear und Michelin Ende Juli die Zahlen für das erste Halbjahr 2000 bekannt. Goodyear hat es nicht geschafft, das schlechte Vorjahr vergessen zu lassen. Insbesondere ist die Ausgangslage im großen Heimatmarkt Nordamerika, wo der Reifenriese knapp 50 Prozent seiner Reifen absetzt, schwierig geblieben. Die Lagerbestände sind nochmals angewachsen und das Unternehmen muss nun im weiteren Verlauf des Jahres alles tun, diese Bestände abbauen zu können. Das scheint aber nicht so einfach zu werden und auch nur möglich unter Gewährung von Sonderkonditionen. Angesichts weiter gestiegener Rohstoffkosten (Kautschuk, Rohöl, Gummiruße) müssten die zwar geplanten, aber eben noch nicht durchgesetzten höheren Preise greifen, wenn die Erträge stimmen sollen. Doch daran wird immer mehr gezweifelt. Es wird eher davon ausgegangen, dass Goodyear mit Sonderkonditionen versuchen wird, verlorenen Boden zurück zu gewinnen. Und das US-Erstausrüstungsgeschäft dürfte zudem schwächer ausfallen als im Vorjahr. So hat DaimlerChrysler gerade auch rückläufige Verkaufszahlen für die Marke Chrysler in USA eingestehen müssen. In Westeuropa und in Osteuropa hat der Reifenhersteller die Erträge mehr oder weniger halten können. Ohne Sondereffekte wie die Schließung von Fabriken in Italien und England bzw. dem Streik in der Türkei und den damit verbundenen Kosten wären die Ergebnisse sogar besser als im vergleichsweisen Vorjahreszeitraum gewesen. An der Börse hat der Reifenhersteller u.a. auch deswegen Vertrauen verspielt, weil das Management in den letzten beiden Jahren sich einfach zu optimistisch gegeben hatte und die selbst gesetzten Erwartungen nicht erfüllen konnte. Vor wenigen Wochen wurden Goodyear-Aktien mit “Kauf” bewertet. Einige Analysten meinen neuerdings aber, das Goodyear-Management müsse jetzt einige Male nacheinander eigene Voraussagen übertreffen, um Vertrauen zurück zu gewinnen.Nicht viel besser sieht es bei Michelin aus. Die Franzosen konnten zwar im Umsatz um knapp 14 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 7,4 Milliarden Euro zulegen, mussten aber jetzt eine Gewinnwarnung herausgeben; der vorige EBIT von 611 Millionen Euro ist unerreichbar. Das ist um so überraschender als dass Konzernchef Edouard Michelin noch ziemlich genau vor einem Monat gegenüber Analysten und Presse einen sehr positiven Ausblick gegeben hatte, so dass vereinzelte Stimmen bereits zu hören waren, die nicht nur an der Glaubwürdigkeit zweifelten, sondern sogar so weit gingen, dem Konzernchef zu bescheinigen, seine Glaubwürdigkeit an der Börse bereits verloren zu haben. Schon fast resignierend wird die neue Enttäuschung als Aufforderung an Investoren beschrieben, sich im Reifenbereich nicht engagieren zu sollen. Obwohl die Halbjahreszahlen von Continental erst in zwei Wochen vorgestellt werden, ist bereits jetzt deutlich geworden, dass sich auch der deutsche Reifenhersteller Continental dem negativen Branchentrend kaum entziehen kann. Der Markt geht weiter von einer Abschwächung des Erstausrüstungsgeschäftes (in dem Continental eine starke Rolle spielt) sowie weiter steigenden Rohstoffpreisen aus und von einer Wettbewerbsintensität, welche die Durchsetzung notwendiger Preiserhöhungen unmöglich macht. Hände weg von Reifenaktien, so könnte umschrieben werden, was sich derzeit an den Börsen der Welt abspielt. In diesem Gefolge wurde nun gestern auch die Continental-Aktie von ernst zu nehmenden Instituten zurückgestuft und gilt nicht länger als “Kauf”. Dies ausgerechnet in einer Phase, in welcher der deutsche Konzern durch eigene Aktienrückkäufe Kurspflege betreiben möchte. So ganz unberechtigt sind die Befürchtungen nicht, dass auch Continental schlechtere Gewinne als erwartet ausweisen wird, denn die Konzerntochter General Tire ist schon im ersten Quartal vom sich verschärfenden Wettbewerb in Nordamerika voll erwischt worden und musste heftige Gewinnrückgänge hinnehmen. Es ist zu befürchten, dass sich dieser Trend nicht nur im zweiten Quartal fortgesetzt hat, sondern auch im weiteren Verlauf des Jahres nicht zu stoppen sein wird. Die Reifenmarke General trifft auf einen Markt, den die großen Konkurrenten Bridgestone, Michelin und Goodyear mit ausgefeilten Mehr-Marken-Strategien bearbeiten. Da bleibt für General nur das Billigsegment. Alles andere als rosige Aussichten.
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