Michelin-Strategie: Wieder vom Reagieren zum Agieren kommen
„So, wie wir in der Vergangenheit gearbeitet haben, waren wir extrem erfolgreich. Aber wir müssen schneller auf Veränderungen reagieren“, fasst Anish K. Taneja, seit Anfang des Jahres President Europe North bei Michelin mit Verantwortung für die Region Nordeuropa einschließlich dem DACH-Markt, ein Hintergrundgespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG zu den aktuellen Entwicklungen im Unternehmen zusammen. Und diese Entwicklungen sind durchaus vielschichtig, betreffen die Rolle des Einzelhandels genauso wie die des Großhandels, auch die Arbeit des Michelin-Außendienstes wird in weiten Teilen neu organisiert – eine „große Transformation“ nennt Taneja die Entwicklungen dort. Ebenfalls Teil der Erwägungen: Welche Rolle spielt künftig ATU für Michelin, nachdem der Reifenkonzern sich mit 20 Prozent an der deutschen Werkstattkette beteiligt hat? Der zentrale Auslöser für die „Änderung unserer Strategie“ aber, sagt Taneja, sei das sich seit Jahren ändernde Kundenverhalten. Der Kunde, namentlich der Endverbraucher, treffe seine Kaufentscheidung heute anders und vor allem früher als noch vor einigen Jahren, sodass ein Hersteller wie Michelin den „aufgeklärten und mündigen Endverbraucher“ immer mehr in den Mittelpunkt vieler seiner Produkt- und Vermarktungsaktivitäten rückt.
Das Internet hat die Berufs- und die Lebenswirklichkeit von uns allen in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Jeder von uns ist Endverbraucher und jeder von uns – zumindest fast jeder – hat das Internet auch bereits zum Einkaufen genutzt. Das trifft auf Kleidung und Bücher mittlerweile genauso zu wie auf Reifen. Dabei lief die Entwicklung beim Einkaufsverhalten der Endverbraucher parallel zu den IT- und logistischen Entwicklungen der gesamten Wertschöpfungskette Reifen. Aber natürlich wird online nicht nur gekauft. Der Kaufentscheidung selber geht die Informationsbeschaffung voraus – ein ganz maßgeblicher Einflussfaktor in der Entscheidungsfindung. Die Industrie müsse respektieren, dass der Endverbraucher heute „aufgeklärter und mündiger“ sei. „Heute kann der Kunde sogar direkt mit dem Hersteller kommunizieren – und seine Erfahrungen mit einem Produkt über sein Smartphone an andere Kunden weitergeben“, erklärt Taneja. Während früher Kaufentscheidung ganz maßgeblich am Ende der verschiedenen Vertriebskanäle getroffen und diese Entscheidungen dort beeinflusst wurden – hauptsächlich dabei natürlich im Reifenfachhandel –, so sind die Kanäle heute vielfältiger denn je und sehen sich konfrontiert mit einem zusätzlichen Kanal „Internet“, wo sich der Endverbraucher ganz in Ruhe abends auf dem Sofa informieren und vielleicht sogar eine Kauf(vor)entscheidung treffen kann. „Das Kundenverhalten und das Einkaufsverhalten ändern sich“, sagt Anish K. Taneja und betont, dass der Einfluss auf Entscheidungen des Endverbrauchers mit dem klassischen Geschäftsmodell eines Reifenherstellers schwindet. „Da müssen wir reagieren“, so der Michelin President der Region Europe North. Es sei heute von zentraler Bedeutung, dort eine umfassende direkte „Präsenz“ zu haben, wo der Endverbraucher seine Entscheidungen trifft.
Man kann das Weitreichende an solchen Äußerungen auf den ersten Blick übersehen. Aber was sich unter dem Dach des Michelin-Konzerns – und, zugegeben, auch bei einigen anderen Reifenherstellern – gerade abspielt, ist nichts Geringeres als eine vollwertige Richtungsänderungen der eigenen Unternehmensstrategie. Die Frage ist: Wo ‚verkauft‘ Michelin seine Reifen? Und wo werden die Entscheidungen dazu getroffen bzw. beeinflusst?
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