Michelins „Strategie 2048“: Erneuerbare Materialien und Recycling für mehr Nachhaltigkeit
Michelin will bis zum Jahr 2048 seine Reifen zu 80 Prozent aus nachhaltigen Materialien fertigen. Außerdem sollen zu diesem Zeitpunkt sämtliche Reifen aus eigener Produktion komplett recycelt werden. Hierzu wird das Unternehmen verstärkt in Hightech-Recycling-Technologien investieren. Dies kündigte Michelin auf der internationalen Plattform für nachhaltige Mobilität „Movin’On by Michelin“ im kanadischen Montreal an.
Der Anteil nachhaltiger Materialien beträgt aktuell bei der Produktion von Michelin-Reifen 28 Prozent, wovon mit 26 Prozent der überwiegende Teil aus nachwachsenden Rohstoffen stammt, heißt es dazu vonseiten des Herstellers. Hierzu zählen beispielsweise Naturkautschuk, Sonnenblumenöl und das in einer Vielzahl pflanzlicher Öle enthaltene Limonen. Weitere zwei Prozent stellen bereits recycelte Stoffe wie Stahl und Gummipulver aus Altreifen.
Um die angestrebten Ziele zu erreichen, wolle Michelin zusammen mit Partnern Forschungsprogramme zur Gewinnung von Rohstoffen auf biologischer Basis auflegen. Ein Beispiel hierfür sei die Produktion von synthetischem Kautschuk aus Biomasse, wie etwa Holz, Stroh oder Rüben, ein Projekt, das 2012 zusammen mit Axens und IFP Energies Nouvelles startete.
Schon heute entwickelt Michelin neue Lösungen zum Einsatz von sogenannten Rezyklaten und erneuerbaren Materialien in seinen Reifen. Hiervon zeuge die jüngste Übernahme von Lehigh, dem Marktführer für Hightech-Mikropulver (Micronized Rubber Powder oder MRP), das aus wiederverwerteten Altreifen gewonnen wird. „MRP ersetzt im großen Stil Materialien auf Basis von Erdöl und Synthesekautschuk sowohl bei industriellen Anwendungen als auch bei Konsumgütern. Hierzu gehören High-Performance-Reifen ebenso wie Beschichtungen, Versiegelungen, Baumaterialien und Asphalt“, so Michelin weiter. Zusätzlich zu den Vorteilen für die Umwelt senke die verstärkte Nutzung von MRP die Rohstoffkosten um bis zu 50 Prozent.
Lehigh betreibt in Tucker im US-Bundesstaat Georgia die weltgrößte Anlage zur Herstellung von MRP mit einer Jahreskapazität von 54.000 Tonnen. Auch das hochmoderne Entwicklungszentrum des Unternehmens befindet sich in Tucker und diene als Innovationshub, an dem Michelin gemeinsam mit Kunden an Materialien auf MRP-Basis forscht. „Bislang hat der global agierende Reifenhersteller die fünf Produktlinien PolyDyne, MicroDyne, EkoDyne, Rheopave und Zenoflex im Programm und baut das Angebot in den Schlüsselmärkten kontinuierlich aus.“ So habe Lehigh zusammen mit der spanischen Hera Holding das Joint Venture Lehigh Spain mit Sitz in Barcelona gegründet. Das Gemeinschaftsunternehmen errichtet gerade in Murillo el Fruto die erste Lehigh-Fertigungsstätte außerhalb der Vereinigten Staaten, die im Sommer 2018 den Betrieb aufnehmen wird.
Hierzu Christophe Rahier, Direktor High Technology Materials Business Line bei Michelin: „Diese Investition belegt, wie entschlossen Michelin seine Erfahrung bei Hightech-Materialien auch in Feldern jenseits der Fertigung von Reifen in den Markt einbringt.“
Im Jahr 2018 fallen nach Schätzung des World Business Council for Sustainable Development weltweit rund eine Milliarde Altreifen mit einem Gewicht von 25 Millionen Tonnen an. Pro Jahr werden 70 Prozent der Altreifen zurückgenommen und 50 Prozent für verschiedenste Verwendungen recycelt, wie etwa Sportbodenbeläge. 20 Prozent werden zur Energiegewinnung verbrannt. „Damit steht die Reifenwirtschaft im branchenübergreifenden Vergleich sehr gut da. So wurden bei Plastikbehältern und -verpackungen weltweit bisher nur 14 Prozent zurückgeführt“, so Michelin.
Das Ziel von Michelin, bis 2048 nur noch Reifen zu produzieren, die zu 80 Prozent aus nachhaltigen Materialien bestehen und komplett recycelt werden, entspricht folgenden Einsparungen:
- 33 Millionen Barrel Öl beziehungsweise 16,5 Supertankerladungen oder einer Energieleistung von 54.000 GWh; das entspricht dem gesamten Energieverbrauch Frankreichs in einem Monat
- dem Kraftstoffkonsum einer Durchschnittslimousine über eine Distanz von 65 Milliarden Kilometern
- dem Kraftstoffverbrauch sämtlicher Automobile in Europa über die Distanz von 291 Kilometern beziehungsweise sämtlicher Automobile weltweit über 54 Kilometer Distanz
Mit der bei „Movin’On“ 2017 erstmals vorgestellten Rad-Reifen-Studie „Michelin Visionary Concept“ zeigte Michelin bereits, wie Reifen der Zukunft aussehen könnten. Zu den herausragenden Merkmalen des zu 100 Prozent recycelbaren und vernetzten Konzeptreifens gehört die jederzeit per 3D-Printverfahren erneuerbare und biologisch abbaubare Lauffläche. Zudem lasse sich das Profil ohne Reifenwechsel je nach Witterungs- und Straßenverhältnissen per Tastendruck als Sommer-, Winter- oder Offroadreifen auslegen. Damit haben die Michelin-Forscher einen Prototyp entworfen, „der maßgeschneidert die Bedürfnisse kommender Autofahrergenerationen erfüllen und den ökologischen Fußabdruck von Autofahrten reduzieren soll.“ ab
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!