Auf welchen Reifen steht die Formel 1 ab 2017?

Der Weltautomobilverband FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) hat das Rennen um die Bereifung der Formel-1-Rennwagen in den Jahren 2017 bis 2019 eröffnet. Reifenhersteller können sich bis zum 17. Juni dieses Jahres um einen 3-Jahres-Vertrag bewerben. Bis zum 17. Juli soll eine Vorauswahl getroffen werden, bei der entschieden wird, ob der oder die Interessenten in der Lage sind, die technischen und Sicherheitsanforderungen der Formel 1 zu erfüllen. Zwar geht die Aufforderung, ein Angebot einzureichen, von einem Exklusivstatus aus, gleichwohl mehren sich gerade aus Pilotenkreisen, die noch den „Reifenkrieg“ in der Formel 1 bis zum Jahre 2006 (Michelin versus Bridgestone) miterlebt haben, Stimmen, dass eben dadurch ein starkes zusätzliches Spannungsmoment gegeben sei.

Der aktuelle Exklusivvertrag der FIA mit Pirelli läuft mit der nächsten Saison aus, im Jahre 2011 waren die Italiener eingestiegen und hatten Bridgestone abgelöst. Pirelli hat in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Interesse an einem Anschlussvertrag zum Ausdruck gebracht, steht einem Wettbewerb mit einem anderen Reifenhersteller zwar skeptisch gegenüber, schließt ihn aber auch nicht generell aus. Gegen einen Wettbewerb unter Reifenherstellern in der Formel 1 wurde immer wieder angeführt, dass damit eine weitere Kostenexplosion verbunden sei.

Pirelli hat sich – nachdem man sich anfangs viel negative Publicity eingehandelt hatte – sicherlich etabliert, vor allem weil es den Italienern gelungen ist, die Reifen so herzustellen, wie von den Veranstaltern gewünscht: inklusive einer limitierten Haltbarkeit. Gleichwohl setzen hier vor allem langjährige Racer – wie David Coulthard, Fernando Alonso oder Jenson Button  – mit ihrer Kritik an: Die Fahrer seien viel zu sehr mit dem „Reifenmanagement“ beschäftigt und kämen ihrem eigenen Anspruch, permanent die höchstmögliche Geschwindigkeit zu fahren, nicht mehr nach. Das schade dem Rennsport. Gleichwohl ist auch ein David Coulthard überzeugt, dass Pirelli in der Lage sei, wesentlich bessere Rennreifen als bislang zu bauen, wo man dem Diktat anderer zu folgen hat. Einen starken Befürworter hat Pirelli in F1-Promoter Bernie Ecclestone, der – natürlich überspitzend – von Michelin steinharte Reifen erwartet, die man im Januar montiere und bis Dezember fahre.

So richtig in Schwung gekommen ist die Diskussion Anfang Mai, als Michelin den Hut in den Ring warf und sich plötzlich vorstellen konnte, auch Alleinausrüster in der Formel 1 zu sein. In der Vergangenheit hatte sich Michelin immer für eine Wettbewerbssituation in Rennserien ausgesprochen, aufgrund einiger doch sehr exklusiv bestückter Motorsportserien aber mit dieser Argumentation ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem gehabt. Bekannt ist, dass man bei Michelin nichts davon hält, gezielt Reifen zu bauen, die nur eine limitierte Laufleistung haben. Statt dessen hat Michelin Reifen konstruiert – wie vor allem in Langstreckenrennen bewiesen –, die bei voller Leistungsfähigkeit immer länger halten. Hier kommt erneut Coulthards Argumentation ins Spiel, der von den Kollegen aus den entsprechenden Serien zu berichten weiß, dass diese permanent am Speedlimit agieren würden. Das hört sich ein wenig an wie „back to the roots“, Rennsport pur.

Wer immer den Zuschlag für die Jahre 2017 bis 2019 erhalten mag, die FIA-Formulierung beinhaltet auch noch einen anderen Aspekt, den derjenige, der ein Angebot einreicht, zu berücksichtigen hat: die Größe der Reifen. Bislang fährt die Formel 1 auf 13-Zoll-Rädern. Das ist weit entfernt von den Entwicklungen, die sich im Serieneinsatz auf der Straße in den letzten Jahrzehnten ergeben haben. Pirelli hat schon 2014, um die Resonanz des Publikums zu testen, ein Formel-1-Fahrzeug auf 18-Zoll-Reifen gestellt und dann dazu zwar auch negative, aber insgesamt eher positive Reaktionen geerntet. Bernie Ecclestone hat allerdings schon erklärt, er hasse diese Reifen. – Obwohl mit diesen großdimensionierten Reifen die Glaubwürdigkeit von Aussagen wie „aus dem Rennsport auf die Straße“ enorm steigen würde. Denn an einen Technologietransfer von einem 13-Zoll-Rennreifen zu einem 18-Zoll-UHP-Straßenreifen mag man nicht so recht glauben.

Größer dimensionierte Reifen hätten enorme Auswirkungen auf die Konstruktionen der Autos. Pirelli könnte 18-Zöller für die Formel 1 entwickeln, daran besteht kein Zweifel. Die Italiener haben sogar schon 19 Zoll ins Spiel gebracht. Noch stärker plädiert Michelin für 18 Zoll und führt dabei die Erfahrungen in der noch jungen Formel E ins Feld, die bald auch in anderen Serien Einzug halten sollen, wie ihr Motorsportdirektor Pascal Couasnon zu Protokoll gegeben hat. Die FIA baut Interessenten eine Brücke, größere Räder argumentativ verkaufen zu können. Denn in der jetzt erfolgten Ausschreibung steht: „Derzeit beträgt der Durchmesser des Rades 13 Zoll. Das schließt jedoch nicht aus, dass der Durchmesser erhöht werden kann, falls die Wettbewerber nach Ansicht des Herstellers dadurch einen Vorteil haben.“ detlef.vogt@reifenpresse.de

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