Marke Barum – ohne sie geht in Tschechien nichts
Der Continental-Konzern verfolgt seit rund zwei Jahren – was die internationale Präsenz betrifft – eine zweiteilige Markenstrategie. Für die weltweite Vermarktung stehen einerseits die Marken Continental im Premiumsegment sowie die tschechische Marke Barum im Budgetsegment zur Verfügung; daneben bereichern – je nach regionaler Bedeutung – weitere Marken das Portfolio, wie etwa Semperit, Uniroyal oder Gislaved in Europa. Während die Marke Barum zwar hierzulande neben der Führungsmarke Continental keine übermäßige Marktbedeutung hat (rund zwei Prozent Marktanteil, so die Schätzung), sieht dies im Mutterland der Marke in Tschechien ganz anders aus. Dort hat Barum immer noch über 40 Prozent Marktanteil, entsprechend umfangreich bemüht man sich auch im Endverbrauchermarketing. Darüber hinaus steht im tschechischen Otrokovice mit der Barum-Continental-Fabrik Europas größte Reifenproduktionsstätte. Aus Anlass der „Barum Rally Zlín“ führte der deutsche Konzern beides vor.
Die Barum Rally im tschechischen Zlín gehört seit Anfang der 1970er Jahre zu den etablierten Rallyes auf dem europäischen Rallye-Kalender. An ihr nehmen Privatiers genauso teil wie professionell geführte Werksteams. In diesem Jahr traten über 120 Teams an und es waren wieder über 200.000 Zuschauer an den Wertungsprüfungen in und um Zlín unterwegs. Dabei ist die Barum Rally nicht nur eine nationale Rennveranstaltung, sondern sie bildet gleichzeitig auch den sechsten Lauf zur „Intercontinental Rally Challenge“ (IRC) sowie den achten Lauf zur Rallye-Europameisterschaft. Die diesjährige 37. Veranstaltung steht dabei allerdings erstmals auf dem begehrten IRC-Kalender. So oder so, die Veranstaltung bietet ganz offenbar eine ideale Plattform, um als langjähriger Namenssponsor in Sachen Endverbrauchermarketing aktiv zu werden und gleichzeitig tschechische Reifenhändler auf eine Incentive-Tour einzuladen. Für den Reifenhersteller ist die „Barum Rally das wichtigste Kommunikationswerkzeug der Marke“, während der Konzern bei seiner Kommunikation seit einigen Jahren mit seinem Engagement im internationalen Fußball – Weltmeisterschaft, Europameisterschaft – eine ganz klare Linie fährt. Beide Ansätze würden eine „exzellente öffentliche Wahrnehmung der jeweiligen Marke“ mit sich bringen.
Die Marke Barum, die 1946 nach der Verstaatlichung des Schuh- und Reifenherstellers Bat’a (gegründet 1924) eingeführt wurde, spielt in Osteuropa, und hier natürlich in Tschechien wie auch in der Slowakei – nach Matador –, immer noch eine herausragende Rolle. Im Zuge der wirtschaftlichen Öffnung nach dem Zusammenbruch des Kommunismus’ kamen zwar etliche andere Marken auf den tschechischen Markt. Dennoch konnte sich die Marke Barum bis heute einen Marktanteil von rund 40 Prozent auf dem heimischen Markt erhalten. Es werden in Tschechien zwar auch Premiumreifen angeboten, dennoch wird der nationale Markt ganz klar durch Budgetmarken bestimmt. Von 70 bis 80 Prozent Marktanteil für Budgetreifen ist die Rede. In der tschechischen Erstausrüstung (etwa Skoda) spielt die Marke Barum keine nennenswerte Rolle, was sie auch nicht soll – die Premiummarke Continental ist die führende Erstausrüstungsmarke in Europa und natürlich auch im Konzern.
Dabei profitiert die Marke Barum natürlich immer noch ganz klar von der festen Verwurzelung des Reifenherstellers im Land. Firmengründer Bat’a war nicht nur erfolgreicher Fabrikant, sondern Zeit seines Lebens Mäzen seiner Geburts- und Heimatstadt Zlín. Er war sogar einige Jahre deren Bürgermeister, bevor er 1932 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Dieser Ruf wirkt nach. Continental gibt heute noch immerhin 4.500 Menschen Arbeit in Tschechien. Neben dem Unternehmen Barum Continental spol s r.o. fertigt Mitas a.s. als zweiter Hersteller noch Landwirtschaftsreifen in Tschechien. Mitas a.s. ist dabei ein Abkomme von Barum Continental, der seit 2004 zur tschechischen CGS-Gruppe gehört. Während Continental heute nur noch im 1972 eingeweihten Werk in Otrokovice produziert, fertigt die CGS-Gruppe an diesem Standort wie auch in Zlín und in Prag. Weitere Hersteller sind nicht ansässig.
In Tschechien dürfte es folglich kaum einen Autofahrer geben, dem die Reifenmarke Barum nichts sagt, hat sie doch eine Marktbedeutung, wie sie andere Hersteller auf ihren eigenen Heimatmärkten auch gerne hätten. Nachdem das Unternehmen seit 75 Jahren Reifen in Tschechien fertigt und gerade seit der Übernahme durch die Continental AG 1993 rund 700 Millionen Euro in den Standort Otrokovice investiert wurden, muss man den deutschen Hersteller als mit dem Land verwurzelt bezeichnen. Bei Übernahme wurden in Otrokovice nur 3,1 Millionen Reifen gefertigt.
Neben der Reifenmarke Barum gibt es in Tschechien im übrigen noch eine Reifenhandelskette namens, die unter dem blaugelben Logo des Herstellers Barum firmiert. Landesweit gehören dazu 44 Outlets, von denen einige auch im Rahmen eines Franchisevertrags mit dem Hersteller verbunden sind. Das Retail- und Service-Netzwerk „Barum“ ist der führende Handelsbetrieb in Tschechien. Während die Marke Barum also auf dem heimischen Markt eine überaus bedeutende Rolle spielt, spielt wiederum die Reifenfabrik im Continental-Konzern weltweit eine übergeordnete Rolle. Die Barum-Fabrik in Otrokovice stellt mit einer Jahresproduktion von 20,7 Millionen Pkw-Reifen (2006) „eine der wichtigsten Fabriken in unserem Konzern dar“, so Alexander Lührs, Leiter Öffentlichkeitsarbeit Pkw-Reifen bei Continental während einer Werksführung. Bei einem weltweiten Jahresabsatz in Höhe von 106,3 Millionen Pkw-Reifen wird in der Barum-Fabrik in Tschechien etwa jeder fünfte dieser Reifen gefertigt und demnach auch in alle Welt vertrieben. Neben den Pkw-Reifen werden am Standort noch rund eine halbe Million Lkw-Reifen der verschiedenen Konzernmarken gefertigt. Die Barum-Fabrik in Otrokovice, rund 15 Kilometer von Zlín entfernt, stellt dabei nicht nur die größte Fabrik im Continental-Konzern dar, sondern gehört mit einer Kapazität von über 20 Millionen Einheiten gleichzeitig zu den größten Fabriken weltweit.
Dass die Fabrik in Otrokovice – auch wenn sie als „Barum-Fabrik“ in aller Munde ist – nicht nur Reifen der Marke Barum fertigt, versteht sich von selbst, trotz der stets notwendigen Spezialisierung von Fabriken im internationalen Fabrikenverbund eines Reifenkonzerns. Welche Reifen der Konzern an welchem seiner Standorte – dies sind immerhin acht Fabriken allein in Europa – fertigt, ist zwar nicht öffentlich bekannt und wechselt auch regelmäßig entsprechend der Marktanforderungen. Hauptsächlich werden aber die Marken Barum, Continental, Uniroyal und Semperit am Standort gefertigt; grundsätzlich können alle Konzernmarken in Otrokovice gefertigt werden, etwa auch die in Nordeuropa und Russland so populäre Marke Gislaved. Im vergangenen Jahr konnte der Konzern 9,9 Millionen Barum-Reifen weltweit absetzen, was demnach einen Anteil von 9,3 Prozent am Gesamtabsatz von 106,3 Millionen Reifen ausmacht. Dabei wurden aber nicht alle diese Barum-Reifen auch im Barum-Werk in Otrokovice gefertigt.
Grundsätzlich werden in dem Werk Pkw-Reifen zwischen 13 und 21 Zoll Durchmesser gefertigt, wobei die Standarddimensionen zwischen 13 und 16 Zoll schon den Löwenanteil der Produktion ausmachen, bestätigt Alexander Lührs, der anlässlich der „Barum Rally Zlín“ eine Gruppe deutscher Journalisten durch das Werk führte. Solche Reifen könnten dort entsprechend effizient gefertigt werden. In zwei so genannten Hightech-Zellen werden die größer dimensionierten UHP-Reifen gefertigt, allerdings eher in kleinere Losgrößen; Notlaufreifen werden am Standort gar nicht gefertigt. Die Komplexität der vielen verschiedenen Dimensionen bei nur geringer Stückzahl könnte wiederum in den Produktionszellen am besten bewältigt werden.
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