Delticom steht vor erfolgreichem Börsengang
Der Börsengang des Internet-Reifenhändlers Delticom ist mehrfach überzeichnet. Trotz des zuletzt schwachen Interesses an Neuemissionen während der vergangenen Jahre zeichne sich laut Financial Times Deutschland (FTD) für Donnerstag ein Handelsstart innerhalb der Preisspanne ab. „Die Transaktion ist innerhalb der angekündigten Preisspanne mehrfach überzeichnet“, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Zeitung. Das Unternehmen aus Hannover hatte die Preisspanne am vergangenen Wochenende auf 33 bis 45 Euro festgelegt. Das entspreche einem Emissionsvolumen von 28,1 bis 38,3 Millionen Euro. „Dem Börsengang kommt die zurückhaltende Festlegung der Preisspanne zugute. Die Preisspanne liegt teils unterhalb des Emissionserlöses von 37 bis 75 Millionen Euro, den Delticom im Prospekt in Aussicht gestellt hatte“, heißt es weiter in der FTD.
Delticom wuchs zuletzt stark, der Umsatz stieg von 2003 bis 2005 im Durchschnitt um 61 Prozent pro Jahr auf zuletzt 129 Millionen Euro, bei einem Gewinn von 3,3 Millionen Euro. Die Preisspanne entspricht nach Informationen aus Finanzkreisen einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 bis 20, gemessen am von Konsortialanalysten für 2007 geschätzten Gewinn. Britische Investoren seien eher als deutsche Anleger bereit, schreibt die FTD weiter, eine Prämie für das rasche Wachstum zu zahlen. Es seien große deutsche Investoren im Orderbuch, jedoch sei die Preissensibilität hier größer, hieß es weiter.
Das frische Geld von der Börse solle in den Ausbau des Internet-Reifenhandels fließen. Delticom bietet über das Internet in Europa und den USA Reifen an, kürzlich startete das Unternehmen den Testbetrieb in Japan. Konsortialführer sind Lehman Brothers und Dresdner Kleinwort. Der Streubesitz erreiche 29 Prozent, falls die Mehrzuteilung voll ausgeübt wird.
„Wenn wir die Aktie bei Fondsmanagern präsentieren, sind wir oft schon der zweite oder dritte Börsenaspirant an dem Tag“, wird Andreas Prüfer in der Wirtschaftswoche zitiert. Er hatte das Unternehmen zusammen mit Rainer Binder gegründet: „Wir werden uns aber nicht unter Wert verkaufen, denn wir wissen um unsere Vorzüge.“ Das Unternehmen wächst beim Umsatz, wie gesagt, pro Jahr im Schnitt um 61 Prozent und es arbeitet seit der Gründung profitabel. Delticom ist in 26 Ländern aktiv – überall profitabel, auch in den USA. Das Management ist erfahren: Die beiden langjährigen Continental-Manager leiteten zuletzt Vergölst, bevor sie sich zusammen mit einem IT-Spezialisten 1999 selbstständig machten.
„Die Story stimmt“, so die Zeitung weiter; ob Delticom ein lohnendes Investment für Privatanleger ist, hänge allerdings vom Preis ab. Es sei aufgefallen, dass die Analysten von Dresdner Bank und Lehman Probleme hatten, vergleichbare Unternehmen zu finden. Um einen ambitionierten Preis zu rechtfertigen, verspreche Prüfer seinen Neu-Aktionären ein hohes Wachstum, „auf jeden Fall zweistellig jedes Jahr“. Einen Einbruch 2007 wegen der Mehrwertsteuererhöhung fürchte Prüfer nicht; Delticom erziele inzwischen weniger als die Hälfte des Umsatzes in Deutschland.
Weltweit werden pro Jahr etwa eine Milliarde Reifen verkauft, das Volumen wächst nur um zwei bis drei Prozent pro Jahr. Aber: „Erst 1,8 Prozent der Deutschen ordern Reifen im Internet. Dieser Anteil wird zunehmen, weil die Vorteile auf der Hand liegen“, so Prüfer gegenüber der Zeitung. Bei den Kunden unter 39 liege der Anteil der Onlinekäufer schon bei 3,9 Prozent.
Beim Börsengang sollen etwa 80 Prozent der voraussichtlichen Einnahmen von rund 55 Millionen Euro dem Unternehmen zukommen; die Altaktionäre wollen kaum Anteile abgeben. Auch die drei Finanzinvestoren, die zuletzt 16,5 Prozent hielten, werden nach dem Parkettdebüt beteiligt bleiben, ebenso die Gründer, die knapp 70 Prozent der Aktien über zwei GmbHs halten. Prüfer: „Bisher konnten wir unseren Investoren jedes Jahr Dividende aus dem Cash-Flow zahlen, das werden wir weiterhin tun.“
Mit dem frischen Kapital will Delticom Werbung machen und so bekannter werden, vor allem aber größere Läger aufbauen. „Nur wenn man die gefragten Modelle und aktuellen Testsieger schnell liefern kann, kommen die Kunden wieder“, erklärt Prüfer. Delticom sei bei fast allen 100 Reifenmarken im Angebot günstiger als Werkstätten und andere Händler, beteuert er. Der Kunde kann sich die Pneus nach Hause oder zur Montage zu einem der 10.000 Servicepartner liefern lassen.
Wichtig für den Erfolg im Internetgeschäft sei die Marke. In Deutschland ist reifendirekt.de gut eingeführt und daher „zig Millionen wert“, so Prüfer, „die müsste ein Wettbewerber erst einmal in die Werbung stecken“. Auch in Auslandsmärkten besitze man starke Marken, etwa pneu.fr oder neumáticos.es.
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