Sibur festigt strategische Ausrichtung der Reifenholding
Für einen Reifenhersteller wie Sibur-Russian Tires bringt der gegenwärtige Zeit der Umstrukturierung des Unternehmens große Herausforderungen mit sich. Es werden hunderte Millionen investiert, und das Unternehmen schreibt rote Zahlen. Im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erläuterte jetzt der Direktor für Strategy & Business Development des russischen Marktführers, welche Zielsetzungen man dabei verfolgt und wessen Hilfe man sich dabei bedienen möchte. Ist Sibur-Russian Tires sogar ein Übernahmekandidat?
Laut Strategy & Business Development Director Igor Karavajev sei es für Sibur-Russian Tires (SRT) derzeit von zentraler Bedeutung, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Man verfüge zwar noch über einen beachtlichen Marktanteil in Russland von 39,6 Prozent vor Wettbewerber Nizhnekamskshina (30 %) und Amtel-Vredestein (22,6 %). Mit zunehmender Bedeutung hochwertiger westlicher Produkte im Land investiert nun aber auch der Mutterkonzern Sibur in die Reifenfabriken der zum Jahresanfang ausgegliederten Reifenholding Sibur-Russian Tires. Insgesamt, so Karavajev, stünden 350 Millionen US-Dollar für Investitionen bereit, von den allein 200 Millionen in eine neue Lkw-Reifenfabrik in Yaroslavl’ fließen. SRT versucht insbesondere bei Nutzfahrzeugreifen voranzukommen, einer Empfehlung Roland-Bergers zu einer entsprechenden Spezialisierung folgend. Ab 2008 soll die neue Fabrik dann etwa eine Million qualitativ hochwertige Nutzfahrzeugreifen produzieren, mit der die Basis für die neue Produktstrategie gelegt werde.
Zu Sowjetzeiten war Sibur der traditionelle Nutzfahrzeugreifenhersteller, und hat immer noch bedeutende Erstausrüstungsaufträge vom russischen Militär. Diese Position versucht man zu halten. Heute sei der Produktionsschwerpunkt Nutzfahrzeugreifen aber „unsere strategische Entscheidung“. Gleichzeitig versuche man sich vom Image des Low-Budget-Reifen-Herstellers zu lösen. Folglich werden auch am Markt begehrte aber unprofitable Produktlinien aus der Produktion und vom Markt genommen. „Wir können nicht genug verdienen, um schlechte Qualität zu produzieren“, umschreibt der Direktor das Dilemma. So reduzierte SRT etwa von 2003 auf 2005 seinen Output um 25,1 Prozent auf jetzt 13,4 Millionen produzierte Reifen. Dennoch muss er zugeben, dass die „Nachfrage in Russland empfindlicher auf den Preis als auf die Qualität reagiert“; in Westeuropa sei dies umgekehrt.
Ein Großteil der Investitionen fließen also in die Herstellung von Reifen, die preislich in B-Segment des Marktes angesiedelt werden können – mit immer noch beträchtlichen Margen für die Hersteller. Diese Produktphilosophie findet sich auch bei Pkw-Reifen wieder. Dort versucht Sibur-Russian Tires derzeit die neue Marke Cordiant zu etablieren. Zukünftig wolle man versuchen, in allen Marktsegmenten eigene Marken zu führen; im Übrigen auch im C-Segment (Marke „Tunga Road“), obwohl hier das Engagement – nicht das Investment – der Marktbedeutung solcher Reifen und nicht der Profitabilität geschuldet ist. Laut einer Nokian-Marktstudie wird das C-Segment in zwei Jahren noch einen Anteil von 35 bis 45 Prozent am russischen Pkw-Refienersatzmarkt ausmachen. Wirkliche Nicht-Marken-Reifen sollen nur noch in Ausnahmefällen wie etwa für das Militär geführt werden.
Um die hohen Investitionskosten zur Festigung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zu verdauen, käme Sibur-Russian Tires eine ausländischer Investor gerade recht. Derzeit kooperiert das Unternehmen nur mit Matador in Omsk im Rahmen eines Pkw-Reifen-Jointventures. „Mit diesem Partner sind wir sehr zufrieden“, sagt Igor Karavajev. Dennoch könne man für die neue Reifenfabrik in Yaroslavl’, für die die Bauarbeiten gerade erst begonnen haben, einen finanzkräftigen Partner gut gebrauchen. Neben den strategischen Zielen auf Seiten der Produkte nennt der Direktor die „Steigerung der Attraktivität für unsere Investoren“ als weiteres strategisches Ziel, um das sich die neue Reifenholding kümmern müsse. Gegenwärtig sei der Zeitpunkt für Investoren günstig, preist er weiter an: „Wir sind offen für jeden Art von Kooperation“, auch die Akquisition durch einen anderen Marktteilnehmer „könnte ein mögliches Ziel “ der SRT-Unternehmenspolitik sein. Konkreter will der Strategy & Business Development Director noch nicht werden, so bleibt es im Unklaren, ob es bereits Verhandlungen mit einem potenziellen Investor bzw. Käufer gebe.
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!