Continental setzt mit dem ContiLifeCycle-Konzept auf Nachhaltigkeit und Kundennähe
Die Continental hat in den vergangenen Jahren viel in die Runderneuerung investiert. Nachdem der deutsche Automobilzulieferer und Reifenhersteller 2010 seine LifeCycle-Strategie für Nutzfahrzeugreifen formuliert hatte, konnte er bereits Ende 2013 das neue Runderneuerungs- und Recyclingwerk am Standort in Hannover-Stöcken in Betrieb nehmen, das im Markt seither als ContiLifeCycle-Werk bekannt ist. Auch in Amerika und in Asien entwickelten sich Strukturen, mit denen Continental seinen Kunden zunehmend ein Produkt- und Dienstleistungsangebot machen kann, das ökologisch und ökonomisch nachhaltig ist. Das Thema Runderneuerung ist für den deutschen Hersteller „ein wichtiger Teil unserer Vertriebsstrategie“, wie Ralf Benack im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG sagt. Das Geschäftsmodell rücke darum in den nächsten Jahren noch mehr in den Fokus. Auch aus ökologischen Überlegungen: „Die Nachhaltigkeit ist für uns ein absolut zentraler Aspekt in diesem Geschäft“, so der Leiter Retread Business Truck Tires EMEA.
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Als Continental vor knapp vier Jahren das ContiLifeCycle-Werk einweihte, sahen die Besucher nicht nur eine klassische Werksrunderneuerung, wie sie auch andere große Neureifenhersteller in Deutschland und andernorts in Europa betreiben. Das ContiLifeCycle-Werk war und ist eine Kombination aus einem Runderneuerungs- und einem Recyclingwerk. Recycelt wird dabei das in der Runderneuerung anfallende Raumehl Dieses wird vor Ort devulkanisiert und dann als sogenanntes Rezyklat den Gummimischungen für die Produktion von Neureifen und ContiRe-Heißrunderneuerten zugegeben. Allein dieser Aspekt unterstreiche die Maxime der Nachhaltigkeit, wie Continental sie weltweit mit dem ContiLifeCycle-Konzept verfolge.
Es zeige besonders plastisch, in welchem ökologischen und ökonomischen Gesamtzusammenhang die Dienstleistung der Runderneuerung und das ContiLifeCycle-Werk zu sehen sind. Diese Maxime drückt sich aber auch auf anderen Ebenen klar aus. Für das Runderneuerungsgeschäft bei Continental sei es von zentraler Bedeutung, dass jeder Kunde in Europa Zugang zum ContiLifeCycle-Konzept hat“, wie Ralf Benack erläutert, der seit Anfang 2016 das Runderneuerungsgeschäft in der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika leitet.
Bei dem Reifenspezialisten, der seit einigen Jahren auch verstärkt im Runderneuerungsgeschäft tätig ist, bestimmt neben Mengendenken insbesondere die Qualität den Kurs. Continental hat hinsichtlich Volumen Benack zufolge zwar kontinuierlich gute Erfolge erzielen können. Dennoch gehe in der Runderneuerung – wie auch im Neureifengeschäft – „Qualität vor Quantität“.
In Hannover ist man überzeugt, europaweites Wachstum auch und gerade in Zusammenarbeit mit regionalen Produktionspartnern vorantreiben zu können. Hier hat sich der Blickwinkel, den die Hannoveraner einnehmen, in den vergangenen Jahren leicht verschoben, bedingt wohl auch durch einige Akquisitionen. Während Reifen Apel aus Korbach bekanntlich bereits seit Längerem mehrheitlich zum Continental-Konzern gehört, wurde Anfang 2014 mit dem ESKA Reifendienst aus Cham ein weiterer namhafter deutscher Kaltrunderneuerer übernommen; ESKA war langjähriger Bandag-Partner. Und vor gut einem Jahr kaufte Continental dann noch den britischen Runderneuerer Bandvulc. Parallel dazu pflegte Continental seit Jahren immer schon enge Beziehungen zu dezentralen Produktionspartnern unter den europäischen Kaltrunderneuerern, die im Markt als ContiTread-Partner bekannt sind.
Während sich Continental in seinem ContiLifeCycle-Werk ganz auf die Heißrunderneuerung mit der Marke ContRe konzentriert, kümmern sich lokale Partner um die Kaltrunderneuerung. Sie seien „die sinnvollen Partner“, so der Leiter Retread Business Truck Tires EMEA weiter und kündigt an, das Partnernetzwerk weiter sehr stark auszubauen“. Per heute kooperiert Continental europaweit bereits mit 20 sogenannten ContiLifeCycle-Partnern – in Deutschland sind dies aktuell vier – die alle nach den Qualitätsstandards von Continental arbeiten. Auch in Bezug auf die Expansion dieses Netzwerks, das nicht auf Franchisevereinbarung basiert, sondern ein Partnerprogramm darstelle, gehe Qualität vor Quantität. Folglich gebe es auch keine konkreten Zielvorgaben, wie viele ContiLifeCycle-Partner in welchen Ländern Europas bis wann zum Continental-Netzwerk gehören sollen, betont Benack weiter.
Mit der Eröffnung des ContiLifeCycle-Werks vor knapp vier Jahren gab der Hersteller einen industriellen Wachstumsplan vor, der einen kontinuierlichen Ausbau vorsah. Anlässlich der Eröffnung in Hannover-Stöcken gaben die Verantwortlichen eine „Zielkapazität“ von 150.000 ContiRe-Heiß- und 30.000 Kaltrunderneuerten pro Jahr vor. Während die Kaltrunderneuerung mittlerweile auf lokale Partner übertragen wurde, konzentriert sich das ContiLifeCycle-Werk heute ganz auf die industrielle Heißrunderneuerung. Genaue Produktionszahlen lassen sich die Verantwortlichen nicht entlocken, betonen aber, dass man mit dem Werk, „die Nachfrage decken kann“ und man jederzeit „flexibel auf den Bedarf reagieren“ könne. Aktuell sind in Hannover-Stöcken mehr als 20 Vulkanisationspressen im Einsatz, bis Ende dieses Jahres folgen weitere sodass dann der bei Eröffnung der Fabrik kommunizierte Ausbauplan in Bezug auf die Pressen umgesetzt sei. Die jüngste Übernahme von Bandvulc habe im Übrigen keinen direkten Einfluss auf die Produktion in Hannover-Stöcken. Die Kapazitäten des Runderneuerers im englischen Ivybridge seien nicht das vordergründige Ziel der Übernahme gewesen; die gab es quasi zusätzlich, und zwar zusätzlich zu einem Unternehmen, das große Stärken als Dienstleister im britischen Flottenmarkt besitzt.
Auch in Bezug auf die Kapazitäten des ContiLifeCycle-Werks komme es den Hannoveranern heute mehr darauf an, Qualität statt Quantität zu produzieren. Gerade mit Blick auf das dem ContiLifeCycle-Konzept zu Grunde liegende Thema der Nachhaltigkeit konzentriere man sich heute sehr stark auf mögliche Effizienzsteigerungen in der Produktion und der ihr vorgelagerten Logistik. Ein gutes Beispiel dafür ist die Runderneuerung von kundeneigenen Karkassen. Während viele Runderneuerer, auch große industrielle Runderneuerer, ihren Kunden diese Dienstleistung anbieten, konzentriert sich Benack auf einen anderen Ansatz: Die Karkassen werden bei Continental nach der Runderneuerung nicht einem bestimmten Kunden zugeordnet.“
Jeder Reifen, durchläuft das Continental-Werk unter modernstem Qualitätsmanagement, dazu gehören natürlich auch die 100-prozentige Shearographie der eingehenden Reifen. Außerdem findet eine Hochdruckprüfung des fertig runderneuerten Reifens statt. Und in Zukunft soll am Standort noch weiter optimiert werden, indem ein sogenannter Nagellochdetektor – wie bereits bei Bandvulc im Einsatz – installiert wird, der Verletzungen im Reifen sichtbar macht, die mit dem klassischen Shearografieverfahren nicht zu erkennen sind. Auf jeden Fall können Kunden sicher sein, dass die Runderneuerung auf einer Fremdkarkasse denselben Qualitätsanforderungen entspricht wie die Runderneuerung auf einer kundeneigenen Karkasse.
Sobald der Kunde Vertrauen in seinen Runderneuerungspartner gefasst hat, sollte das ausreichen, um ihm auch in Bezug auf die Qualitätskontrolle der eingehenden Karkassen vollends zu vertrauen, ist Benack überzeugt.“
Zusätzlich bedeutet die Konzentration der Hannoveraner auf das sogenannte Exchange-Modell, bei dem die eingehenden Karkassen nicht einem bestimmten Kunden zugeordnet werde, einen nicht zu unterschätzenden Effizienzgewinn. Das Handling der Customer-Owned Casings (COC) vom Kunden hin zum Werk, durch die Produktion hindurch zurück zum Kunden ist durchaus komplex und bedeutet bei einem europaweiten Vertriebsgebiet vor allem lange Transportwege und damit einen hohen Kosten- und Zeitaufwand für alle Beteiligten. Für Benack steht dabei noch ein weiter Aspekt im Vordergrund: Das Reifenmanagement wird effizienter, weil der Kunde nicht zusätzliche Reifen vorhalten muss, um die für die Runderneuerung benötigte Zeit zu überbrücken. Genügend gute runderneuerungsfähige Karkassen seien (derzeit) in Deutschland wie auch in ganz Europa nicht schwer zu haben. Diese erstehe man größtenteils direkt über die Flottenkunden von Continental, die ansonsten mit Lkw-Neureifen bedienten Kanäle – etwa über das Vergölst-Netzwerk – oder beim Karkassenhandel; die eigenen Kanäle reichten indes zumeist aus, sodass Karkassen oftmals auch nicht von weit her nach Hannover-Stöcken gebracht werden müssen. Eine maximaleffiziente Logistikkette in der Runderneuerung sei die Grundvoraussetzung, einen regionalen Markt wie Europa über eine zentral betriebene Fabrik zu bedienen. Beim Runderneuerer Bandvulc habe die Runderneuerung von kundeneigenen Karkassen ebenfalls eine nur minimale Bedeutung. arno.borchers@reifenpresse.de
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