Continental zahlt 77,5 Millionen Euro für Bandvulc – Integration „auf einem gutem Weg“
Genau wie der Preis, der für die Bandvulc Group bezahlt wurde, so war auch der Stand des Unternehmens auf der CV Show Ende April größer als erwartet. Was den Stand auf der Messe in Birmingham und dessen Größe betrifft, so war die Entscheidung dazu sicherlich eine bewusste, die das Zusammentreffen mit Kunden zum aktuellen Zeitpunkt der Integration von Bandvulc in die Continental AG erleichtern sollte. Dennoch, trotz der Tatsache, dass der deutsche Hersteller den Runderneuerer und Flottendienstleister aus Großbritannien bereits im vergangenen Juli übernommen hat, blieb die Sichtbarkeit der Marke Continental auf dem Bandvulc-Stand anlässlich der CV Show eher gering, wenn man mal von dem „Conti360°“-Logo an den vier Ecken des Messestands absieht. Dennoch sei die Integration aber „auf einem guten Weg“, hieß es dazu in Birmingham. Arthur Gregg, neuer Managing Director bei Bandvulc und früherer Commercial Vehicle Director für Continental UK and Ireland, erläuterte gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG den Status quo der Integration und kommentierte einige Details, die der deutsche Hersteller in seinem jüngsten Geschäftsbericht dazu veröffentlicht hatte.
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Zuerst aber: das ‚Preisschild‘ auf dem Unternehmen. Wie sich im aktuellen Bericht für das Geschäftsjahr 2016 nachlesen lässt, hat Continental für die Bandvulc Group 77,5 Millionen Euro bezahlt. Im Kaufpreis enthalten waren die Bandvulc-Runderneuerung sowie das Flottengeschäft samt Kunden und der dazu gehörenden fünf britischen Servicezentren nebst ihrer 75 Service-Vans. Der Kaufpreis lässt aufblicken, wurde doch im vergangenen Juli, als die Übernahme kommuniziert wurde, von den Beteiligten überhaupt kein Preis genannt. Mehr noch, im Markt wurde kolportiert, dass Continental bestenfalls 38 Millionen Pfund bzw. (heute) 45 Millionen Euro gezahlt habe. Ein entsprechender Kaufpreis schien Beobachtern immer plausibel, lag doch der Umsatz der Bandvulc Group (Runderneuerung und Flottengeschäft) 2015 bei gut 74 Millionen Euro. Im jüngsten Continental-Geschäftsbericht heißt es nun wörtlich zur Bandvulc-Übernahme: „Der Kaufpreis beträgt 77,5 Millionen Euro und wurde aus Barmitteln beglichen.“ Zusätzlich fielen noch weitere 1,3 Millionen Euro an sogenannten Anschaffungsnebenkosten an, heißt es dort weiter. Es zeigt sich demnach, dass Continental die Bandvulc Group sogar noch etwas höher bewertet hat, als der Runderneuerer und Flottendienstleister an Jahresumsatz im Jahr vor der Übernahme genierte. Dies im Blick, lesen sich im Geschäftsbericht gedruckte Erläuterungen zur Bandvulc-Group-Übernahme durchaus interessant. Während viele Beobachter Bandvulc zuerst als etablierten britischen Runderneuerer sehen, der sich durchaus stattlich auch als Flottendienstleister einen Namen zu machen wusste, so hatten die Verantwortlichen aus Hannover ganz augenscheinlich eine andere Perspektive eingenommen. Im Geschäftsbericht heißt es nämlich entsprechend: „Die Übernahme eines der führenden britischen Dienstleister im Bereich des Flottenmanagements und der unabhängigen Lkw-Reifenrunderneuerung stärkt nachhaltig die Position von Continental im britischen und irischen Markt.“ Diese Aussagen unterstreichen die Annahme, Continental habe Bandvulc aus rein strategischen Überlegungen übernommen, und zwar um Marktanteile auf dem britischen Flottenmarkt hinzuzugewinnen.
Brexit, Wechselkurse und die Bandvulc-Akquisition
Es gibt einen weiteren Grund, warum Continental bereit war, den besagten Preis zum besagten Zeitpunkt zu bezahlen: Wechselkurse. Als das britische Volk am 23. Juni 2016 über die Mitgliedschaft ihres Landes in der Europäischen Union abstimmte, wurde ein Pfund Sterling mit 1,30 Euro gehandelt. Nach dem Votum brach der Kurs deutlich ein, so dass das Britische Pfund am 1. Juli, also eine Woche nach dem Brexit-Referendum, nur noch 1,16 Euro kostete (und auch immer noch kostet). Es ist bekannt, dass Continental und Bandvulc bereits eine Jahrzehnte lange Geschäftsbeziehung pflegen und auch, dass eine mögliche Übernahme durch den deutschen Konzern bereits früher diskutiert worden war, bevor es auf der letztjährigen CV Show in Birmingham quasi ernst wurde. Folglich sollten alle Beteiligten Anfang des vergangenen Jahres bereits einen mehr oder weniger konkreten Kaufpreis im Kopf gehabt haben. Mit anderen Worten: Während das Brexit-Referendum im Juni sicherlich noch einmal Fragen aufgeworfen haben dürfte, ob eine Akquisition zum besagten Zeitpunkt Sinn mache, wurde die Antwort darauf mit Sicherheit durch die Entwicklungen des Wechselkurses positiv beeinflusst, haben diese doch den Preis für die Deutschen noch einmal um mehrere Millionen Euro reduziert.
Integration „auf einem gutem Weg“
Zurück zur Gegenwart und zur aktuellen CV Show in Birmingham: Im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG betonte Arthur Gregg, die Integration sei „auf einem gutem Weg“. Mehr noch, dem Managing Director zufolge verfüge Bandvulc über „ein tolles Team“, das imstande sei, Entscheidungen schnell zu treffen und umzusetzen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei es Greggs Aufgabe, als Brücke zwischen dem kleinen aber feinen Nischengeschäft von Bandvulc und dem Großkonzern Continental zu agieren. Das bedeute konkret elf Integrationsprojekte, so der Managing Director weiter. Einige dieser Projekte seien auch bereits abgeschlossen, etwa die Integration der Karkassenkontrolle beider Unternehmen oder auch die Einführung von Uniroyal-Lkw-Reifen über Bandvulc in Großbritannien.
Auf dem aktuellen Integrationspfad sei außerdem klar geworden, dass alle erwarteten Synergien auch gehoben worden könnten, so Gregg weiter. Des Weiteren sei dabei auch klar geworden, dass weitere, bisher nicht erwartete Synergien möglich seien.
Anlässlich einer Pressekonferenz im vergangenen Februar hatten die Verantwortlichen von Continental betont, Bandvulc werde zukünftig vorwiegend zwei zentrale Angebote aus Neureifen und Runderneuerten machen: einerseits Continental-Neureifen und ContiRe-Heißrunderneuerte (vorwiegend durch Bandvulc produziert, und zwar auf Continental-Karkassen) und andererseits Uniroyal-Neureifen und Bandvulc-Runderneuerte (auch auf Nicht-Continental-Karkassen möglich). Auf die Frage danach, wie sich die entsprechenden Angebote beim Kunden etabliert hätten, betonte Gregg, bisher sei jedenfalls keine der Flotten abgesprungen. Im Gegenteil: „Alle bis auf ein paar wenige haben gewechselt.“
Mit Blick auf die Tatsache, dass Bandvulc auch einige Auslieferungsflotten unter Vertrag hat, betonte Gregg: „Auch unsere Produkte für Transporter werden sich entsprechend entwickeln.“ In diesem Zusammenhang wunderte es auch nicht, dass die Bandvulc Group ihren Stand auf der CV Show Ende April auch dem Thema Transporterreifen gewidmet hatte. chris.anthony@tyrepress.com/ab
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