Runderneuerer Remo trotzt Marktzyklen und Herausforderungen
Es zeigt sich immer wieder: Kleine und mittelständische Runderneuerer, die über ein stabiles Vertriebsnetz verfügen – entweder bestehend aus eigenen Niederlassungen oder aus langjährigen Handelspartnern im Reifenfachhandel –, kommen mitunter deutlich besser mit den obligatorischen Marktzyklen und strukturellen Herausforderungen zurecht als andere Runderneuerer. Ein passendes Beispiel dafür ist der „typische Kaltrunderneuerer“ Remo Reifen GmbH Erneuerungswerk mit Sitz im baden-württembergischen Krauchenwies-Göggingen. Wie Inhaber und Geschäftsführer Roland Stecher, seit 41 Jahre in der Branche, im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG betont: Langfristige Beziehungen hielten eben per Definition äußerst lange, befördert durch gleichbleibend hohe Qualitäten und einen hohen Grad an Flexibilität, und überdauerten somit auch mitunter preisaggressiven Wettbewerb aus Fernost. Dennoch dürfe man nie die langfristige Entwicklung des Unternehmens aus dem Blick verlieren und bei Fehlentwicklungen rechtzeitig gegensteuern.
Dieser Beitrag ist in der Juni-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Sie hier als E-Paper lesen können.
Die Remo Reifen GmbH Erneuerungswerk wurde ursprünglich von Anton Müller in Ostrach gegründet, wodurch sie auch ihren Namen erhielt; Remo steht für Reifen Müller, Ostrach. Das Unternehmen hatte sich bereits in den 1960er Jahren einen Namen in der Branche erarbeitet und zählt seit jeher zu den führenden und namhaften Kaltrunderneuerern in Süddeutschland. Als sich 1996 für Roland Stecher und seinen 2012 verstorbenen Kompagnon Ernst Seitz die Gelegenheit ergab, den Betrieb von Anton Müller zu übernehmen, fiel die Entscheidung leicht, erinnert sich Stecher heute: Remo sei schon damals ein gut etabliertes Unternehmen mit einem hohen Stammkundenanteil gewesen, was auf weiterhin stabile Entwicklungen vertrauen und hoffen ließ.
Dass sich eine entsprechende unternehmerische Entwicklung in den Jahren nach der Übernahme vollzog, zeigte allein 2006 examplarisch der Umzug der kompletten Produktion von Ostrach ins 20 Kilometer entfernte Krauchenwies-Göggingen. Roland Stecher zufolge sei die bis vor zehn Jahren genutzte Immobilie in Ostrach, die auch nach dem Remo-Verkauf weiterhin Anton Müller gehörte, im Laufe der Zeit nicht mehr so funktional gewesen, wie die neuen Inhaber des Unternehmens dies für notwendig erachteten; so wurde die Produktion damals etwa auf zwei Etagen betrieben. Nach dem Umzug nach Krauchenwies-Göggingen konnte das Unternehmen zwei 20er Heizkessel betreiben und diese insbesondere über eine spezielle Monorail-Anlage – den sogenannten „Bahnhof“ – beschicken, wodurch sich eine deutlich höhere Produktivität der Mitarbeiter ergab, von denen 2006 im Übrigen alle mit an den neuen Standort gezogen waren. Anlässlich des Umzugs hatte Remo ebenfalls in einen neuen und vor allem größeren und damit schnelleren Belegeextruder investiert – auch dies hatte einen positiven Einfluss auf die Produktivität der Mitarbeiter.
Auch knapp 20 Jahre nach der Remo-Übernahme ist Roland Stecher überzeugt davon, damals die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Hinweise auf das vermeintlich immer schwieriger werdende Geschäftsumfeld will er nur bedingt gelten lassen, wie er im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erklärt. Es habe stets zyklische Schwankungen gegeben, auch und gerade auf dem Runderneuerungsmarkt. Diese träfen aber eben nicht alle Unternehmen der Branche gleichermaßen, weiß der heute 65-Jährige aus langjähriger Erfahrung und betont, dass die Branche und ihre Produzenten – also die Runderneuerer – sehr wohl eine chanchenreiche Zukunft vor sich hätten. Die Branche werde sich auch in Zukunft in den üblichen Zyklen entwickeln, meint Stecher und erwartet dabei auch die dann üblichen Marktbereinigungen und Strukturveränderungen des Marktes.
Wichtig, um während dieser Prozesse immer obenauf zu bleiben, seien dem Remo-Geschäftsführer und seinem Handlungsbevollmächtigten Markus Wurst zufolge zuallererst langfristig angelegte Kundenbeziehungen und nachhaltiges Wachstum. Die Remo Reifen GmbH Erneuerungswerk liefert rund 95 Prozent ihrer Produktion an den klassischen Reifenfachhandel, wobei Stecher in diesem Zusammenhang besonders die Silbe „fach“ in Reifenfachhandel betont. Einerseits trete man nicht mit dem Reifenfachhandel in direkten Wettbewerb, da Remo etwa keine eigenen Niederlassungen betreibt und nie betrieben hat und auch kein nennenswertes Direktkundengeschäft (Flottengeschäft) betreibt. „Wir sind der klassische Kaltrunderneuerer“, so der Geschäftsführer weiter. Dies helfe Stecher zufolge sehr dabei, die Kundenbeziehungen langfristig zu etablieren und diese zu schützen.
Andererseits helfe die Vermarktung der Produkte über den Reifenfachhandel aber auch – zumindest in gewissem Umfang – dabei, die Qualität der Vermarktung und damit die Vermarktungspreise stabil zu halten. Allerdings sieht Roland Stecher natürlich auch das Problem, dass viele seiner Kunden im Reifenhandel heute dem Runderneuerer schaden, wenn sie dem Endverbraucher wiederum Neureifen aus Fernost zu mitunter extrem aggressiven, subventionierten Preisen verkauften. Auch wenn vor diesem Hintergrund die Produktion in Krauchenwies-Göggingen um einige Tausend Stück pro Jahr nach oben oder unten schwankt, könne sich Remo doch auf seine langjährigen Handelspartner im Reifenfachhandel verlassen. Stecher: „Wir bedienen ausschließlich Stammkunden.“
Zum Thema „nachhaltiges Wachstum“ seien die vergangenen Jahre ebenfalls überaus deutlich gewesen, findet Roland Stecher. Als Remo im neuen Jahrtausend merkte, dass die guten Absätze in Osteuropa zunehmend unter Druck gerieten, setzte man in Ostrach, ab 2006 in Krauchenwies-Göggingen auf langfristige und nachhaltige Veränderung. Zu der Zeit bediente der Runderneuerer in der nahegelegenen Schweiz bereits regelmäßig Kunden im Reifenfachhandel. Dieses Geschäft wollten Stecher und sein Kompagnon Ernst Seitz folglich gezielt auf- und ausbauen. Das Geschäft mit der Schweiz entwickelte sich daraufhin sehr gut. Heute vermarktet Remo bereits jeden vierten in Krauchenwies-Göggingen runderneuerten Lkw-Reifen in der Schweiz.
Den zunächst letzten Schritt, in der und über die Schweiz ein „nachhaltiges Wachstum“ zu erzielen, machte der Runderneuerer 2012 mit der Gründung der Remo Reifen Schweiz GmbH mit Sitz in Stein am Rhein (Kanton Schaffhausen). Zwei von drei Runderneuerungen fänden Roland Stecher zufolge heute auf Kundenkarkassen statt, auch in der Schweiz, während das verbleibende Drittel an Karkassen auf dem freien Markt hinzugekauft werden muss.
War das Unternehmen zu alten Anton-Müller-Zeiten noch Bandag-Partner, so legt Roland Stecher heute größten Wert auf seine unternehmerische Freiheit. Man bediene sich in der Laufstreifenbeschaffung ausschließlich bei den etablierten Lieferanten Kraiburg und Marangoni Retreading Systems Deutschland (vormals Ellerbrock) sowie bei Continental (ContiTread) und Nokian. Gerade mit Nokian-Laufstreifen runderneuerte Lkw-Reifen seien in der Schweiz sehr begehrt, wo auch Nokian-Lkw-Neureifen – hauptsächlich als Winterreifen – überaus populär seien. „Wir kommen ohne Partner aus“, sagt Roland Stecher heute und bezeichnet Remo daher als „klassischen Kaltrunderneuerer; wir sind vollkommen frei in jede Richtung, das war immer unsere Stärke“.
Remo ist nach ISO 9001:2000 zertifiziert, so der Geschäftsführer. Folglich könne der Runderneuerer offenbar auch ohne Systemgeber eine gleichbleibend hohe Produktqualität garantieren. In diesem Zusammenhang betont Stecher die Bedeutung der Eingangskontrolle in der Produktion. Es komme nicht nur auf die technische Ausstattung an. Bedeutender als die Ausstattung sei demnach die Erfahrung der Mitarbeiter bei der Inaugenscheinnahme der Karkassen während der Eingangskontrolle. Roland Stecher zufolge liege die Reklamationsquote bei Remo-Runderneuerten „bei weit unter einem Prozent“. Dabei ist allerdings anzumerken, dass die Remo Reifen GmbH Erneuerungswerk eben überdurchschnittlich viele Kundenkarkassen verarbeitet. arno.borchers@reifenpresse.de
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