Harsche Kritik am neuen point-S-Konzept für die JHV: ein „Unding“

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Darüber, was Industriemessen im Rahmen von Händlertagungen so bringen, wird seit jeher in der Reifenbranche zünftig gestritten. Eine Antwort, die oft zu hören ist: Sie bringen gar nichts, jedenfalls nicht dem Ausstellenden, kosten ihn aber viel ‚Goodwill’. Nach dem Empfinden einiger aus dem Markt bringt die point S das Preis-Leistungs-Verhältnis einer solchen Industriemesse mit der am 29. und 30. Juni in Frankfurt am Main stattfindenden Jahreshauptversammlung noch mehr ins Ungleichgewicht. Ein „Unding“ sei die Preisstaffelung, wenn im Gegenzug dazu lediglich Rollups, Beachflags, Banner sowie ein Tisch mit vorgegebener Größe und „vor Ihrem Tisch ein Exponat“ möglich sind – einen ansonsten üblichen Messestand mit Aufstellern, Produkten und Catering soll es nicht geben. Die point-S-Geschäftsführung spricht gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG von einem „neuen Veranstaltungskonzept“, das bereits bei der Regionaltagung im Frühjahr und auch bei der Tagung der point-S-Kollegen in Frankreich erfolgreich praktiziert wurde.

Bei der point S Deutschland GmbH ändert sich dieser Tage viel. Spätestens seit der Berufung von Alfred Wolff in die Geschäftsführung der Kooperation im März 2014 fehlt es nicht an Initiativen zur Veränderung der Kooperation. Jüngstes Beispiel: die geplanten Umstrukturierungen im Vertrieb. Nun hat der Reformwille der Geschäftsführung unter Alfred Wolff und Rolf Körbler auch die Jahreshauptversammlung erfasst, ein seit Jahren populärer Branchentreff, zu dem sich im vergangenen Jahr rund 900 Gesellschafter, Partner und Gäste einfanden.

Wie Alfred Wolff im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erklärt, hätten ihn im Wesentlichen zwei Gründe dazu bewogen, die diesjährige Jahreshauptversammlung nach einem neuen Veranstaltungskonzept auszurichten. Zunächst einmal ein Grund „aus der Situation heraus“. Zum Jahreswechsel hin habe sich die Kooperation von ihrer bis dahin für sie tätigen Eventagentur Mekom getrennt. Man habe sich nicht über einen Preis für die Ausrichtung der Jahreshauptversammlung einigen können, wo Wolff weiter. Als dann ab Ende Januar klar war, dass der point S für die Zusammenkunft im Frühsommer keine Agentur zur Verfügung steht und dass außerdem die selbst organisierten Regionaltagungen in den Wochen darauf intern als erfolgreich angesehen wurden, machte man Wolff zufolge aus der Not eine Tugend: die Idee war geboren, die Jahreshauptversammlung selber zu organisieren.

Die nächste Frage, die es zu beantworten galt: Wo sollte die Jahreshauptversammlung stattfinden? Das Hotel & Conference Center Sheraton Frankfurt Airport habe sich angeboten; Wolff zufolge „das einzige Hotel, wo’s gepasst hat“. Das Problem allerdings: In dem Flughafenhotel steht nicht genügend Platz zur Verfügung, um zusätzlich zur Tagung der point-S-Gesellschafter auch eine herkömmliche Industriemesse zu veranstalten. Die Idee, in diesem Jahr auf ein neues Veranstaltungskonzept zu setzen, bekam dadurch nur noch mehr Rückenwind.

In diesem Jahr soll es anlässlich der point-S-Jahreshauptversammlung keine Industriemesse herkömmlicher Prägung mehr geben

In diesem Jahr soll es anlässlich der point-S-Jahreshauptversammlung keine Industriemesse herkömmlicher Prägung mehr geben

Das Veranstaltungskonzept, wie es die point-S-Geschäftsführung nun verstanden wissen will, sei komplett „auf Kommunikation ausgelegt“, so Alfred Wolff im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Die Aussteller können sich dabei im Tagungshotel mit zwei Rollups, einem Tisch (vorgeschriebener Durchmesser: maximal 70 Zentimeter) und „vor Ihrem Tisch ein Exponat“ präsentieren. Die Aussteller können dabei entweder mit acht oder mit vier Mitarbeitern vor Ort sein, das hängt vom Preis ab (dazu unten mehr). Folglich hätten die Mitarbeiter der Aussteller den Freiraum, sich im Foyer zu bewegen und ins Gespräch mit den Versammlungsteilnehmern zu kommen; verstecken am Stand?: nicht mehr möglich. Nach dem „Offiziellen Teil“ der Jahreshauptversammlung, den Geschäftsführer Rolf Körbler bestreiten wird, sind die Mitarbeiter der Aussteller jederzeit im Tagungsraum zum Programm mit seinen fünf Vorträgen eingeladen. Dies war in früheren Jahren im Übrigen den point-S’lern vorbehalten. Laut Wolff diene auch dies der Vertiefung der Kommunikation.

Eine zweite Möglichkeit, sich als Aussteller auf der point-S-Jahreshauptversammlung zu präsentieren, bietet die Abendveranstaltung im „Chamäleon Beach“, einer Event-Location 20 Kilometer vom Flughafenhotel entfernt. Hier dürfen ebenfalls zwei Rollups, zwei Beachflags, ein Banner sowie ein Tisch (Größe: maximal 2,20 mal 0,70 Meter), auf dem „Exponate und Informationsmaterial“ aufgestellt bzw. ausgelegt werden kann, mitgebracht werden.

Einige point-S-Partner haben nun der NEUE REIFENZEITUNG gegenüber ihren Unmut über dieses neue Veranstaltungskonzept geäußert, wobei der Knackpunkt nicht das Konzept als solches ist, sondern vielmehr der Preis, den die Kooperation für die Präsenz auf ihrer Jahreshauptversammlung aufruft. Es gibt dabei eine zweigeteilte Staffelung: Während die Reifenindustrie für die zwei Tage inklusive Abendveranstaltung in Frankfurt 25.000 Euro bezahlen soll, dafür dann acht Mitarbeiter entsenden darf, sollen kleinere Hersteller und Großhändler 12.500 Euro bezahlen; von diesen Ausstellern dürfen dann vier Mitarbeiter vor Ort sein. Diese Zahlen mochte point-S-Geschäftsführer Alfred Wolff indes nicht offiziell bestätigen; es gebe aber eine Staffelung. Einen weiteren, dritten Preis, und zwar über 50.000 Euro, für die Präsenz bei der point-S-Jahreshauptversammlung, von dem einer gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG unter Berufung auf drei unabhängige Quellen berichtet, habe es indes nie gegeben, verwahrt sich Alfred Wolff.

Gegenüber dieser Zeitschrift haben nun einige das neue Veranstaltungskonzept heftig kritisiert und dabei insbesondere die Kostenbeteiligung als viel zu hoch eingestuft. Während einer darin ein „Unding“ sieht, sprach ein anderer von „Wahnsinn“, ein Dritter meinte zynisch: „Wenn man darin denn ein Konzept sehen möchte“. Weitere Vertreter aus den Reihen der Aussteller äußerten sich ähnlich deutlich und meinten, man komme sich vor, als sei man nur zum Finanzieren der Jahreshauptversammlung da; das Wort von der Kuh, die gemolken wird, wurde auch gebraucht. Ein anderer wiederum betont, man bezahle, weil man „ja guter Lieferant“ der point S sei.

Nun kann man sicherlich geteilter Meinung dazu sein, welchen Nutzen Industriemessen als Rahmenprogramm von Händlertagungen haben, und zwar für den Ausstellenden wie auch für die gastgebende Organisation. Viele Vertriebler, die sich so manches Wochenende auf entsprechenden Veranstaltungen die Beine in den Bauch stehen, wissen, dass außer der berühmten Spesen zumeist nicht viel gewesen ist. Aber, so pointiert einer aus der Reifenindustrie: Mit einem Messestand habe man zumindest die Möglichkeit, Tagungsteilnehmer in ein Gespräch zu bekommen, sie zu bewirten und ihnen die neuesten Produkte zu zeigen; außerdem könne man intern mit einem Messestand, der einen solchen Namen verdient, die Kosten deutlich leichter rechtfertigen. Klar, dass dieser Gesprächspartner der NEUE REIFENZEITUNG die Meinungen der point-S-Geschäftsführung zur kommunikativen Ausrichtung des neuen Veranstaltungskonzeptes nicht teilt.

Alfred Wolff betont im Gespräch mit dieser Zeitschrift, es habe indes keinerlei offizielle Beschwerden vonseiten der Lieferanten gegeben, nachdem die Tagungsunterlagen mit dem Angebot für Aussteller verschickt worden waren. Folglich „wundert“ Wolff sich „über die Vorwürfe“, von denen hier berichtet wird. Die Preise entsprechend der Staffelung seien sehr wohl gerechtfertigt, findet der Geschäftsführer, der dabei außerdem dem Vorwurf widerspricht, die point S Deutschland wolle mit der Jahreshauptversammlung 2015 die Einnahmen aus der Industriemesse vom vergangenen Jahr – damals kamen im Ring-Boulevard des Nürburgrings knapp 50 Aussteller zusammen – zumindest egalisieren. Man liege mit den Einnahmen „deutlich darunter“, so Wolff weiter. Natürlich müssten die Aussteller und deren Mitarbeiter ihre Kommunikation mit den point-S-Gesellschaftern auf das neue Veranstaltungskonzept anpassen. Die Partner „sollen im Ausstellungsbereich aktiv sein“ und das Gespräch suchen, so Wolff weiter. Das Event sei komplett „auf Bewegung ausgelegt; man ist Teil der Veranstaltung“.

Ob diese Bewegung stattfindet, werden die point-S-Gesellschafter spätestens am 29. und 30. Juni in Frankfurt erfahren. arno.borchers@reifenpresse.de

 

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