IAA: Michelins innovative Reifenprodukte als Herz der Geschäftstätigkeiten
Man kann es drehen und wenden wie man will: Da hat Michelin den langjährig gewohnten Standplatz in der Halle 8 auf dem Frankfurter Messegelände aufgegeben und sich zwar in gleicher Halle, aber auf wesentlich verkleinertem Areal und gegenüber früheren IAA-Auftritten wesentlich bescheidener präsentiert, die meisten Schlagzeilen in Hinblick auf Reifen gehörten den Franzosen dennoch. Das begann gleich zum Auftakt der IAA mit einer personell hochkarätig besetzten Presseveranstaltung, aber korrespondierte – ganz Michelin-typisch – mit ganz besonderen Produkten.
Prominenz auf dem Michelin-Stand
Bereits im März 2013 wurde bekannt, dass das Unternehmen die FIA-Formel-E-Meisterschaft in den ersten zwei Jahren exklusiv mit speziell für diese als „zukunftsweisend“ apostrophierte Rennserie entwickelten Reifen unterstützen wird. Die neue Motorsport-Serie wird ab 2014 mit rein elektrisch betriebenen Monoposto-Rennwagen auf Stadtkursen rund um den Globus ausgetragen. Anlässlich der Präsentation des vollelektrischen Spark-Renault SRT_01E Formel E, der in der ersten Saison der FIA-Formel-E-Meisterschaft 2014 von allen Teams eingesetzt wird, hat Michelin auf der IAA die speziell für das neue Auto entwickelten Reifen gezeigt, die das Design von Monoposto-Rennreifen revolutionieren könnten.
Der Anlass war dem Reifenher- und Messeaussteller, dem Weltautomobilverband FIA und den Veranstaltern der neuen Rennserie so wichtig, dass die dazugehörige Pressekonferenz auch als Gipfeltreffen der Verantwortlichen durchgehen konnte: Neben Florent Menegaux (Direktor Pkw-/Leicht-Lkw-Reifen bei Michelin) und FIA-Präsident Jean Todt waren Alejandro Agag (CEO Formula E Holdings) und Frédéric Vasseur (President Spark Racing Technology) angekündigt, für die Moderation der Motorsport-Talkrunde war Formel-1-Redakteur Kai Ebel engagiert worden.
Ein Kritikpunkt, der häufig in Zusammenhang mit Motorsportreifen erhoben wird, besagt, dass diese Pneus mit den Pendants im öffentlichen Straßenverkehr nicht so sehr viel zu tun haben, dass es sich um eine reifentechnische Parallelwelt handelt. Ohne in diese Diskussion vertiefend einsteigen zu wollen: Mit Blick auf die in den meisten Serien zur Anwendung kommenden Reifengrößen (so 13 Zoll) mag schon der Verdacht keimen, dass das an der realen Welt – auch der von sportlichen Autos im Straßenverkehr – vorbeigeht, schließlich geht es dort um Größen von 18 Zoll an aufwärts.
Für die Hochleistungsrenner Formel E hat Michelin vergleichsweise schmale 18-Zoll-Reifen entwickelt, die eine absolute Weltpremiere für einsitzige Rennwagen sind, so Menegaux. Die nahe Verwandtschaft zu Straßenreifen, die auch ein Otto Normalverbraucher bei jedem Reifenhändler kaufen kann, manifestiert sich allerdings nicht allein in der Reifengröße, mindestens ebenso revolutionär: In der neuen Rennserie soll – aufgezogen auf Magnesiumrädern von OZ Racing – auf allen Innenstadtkursen und bei allen Witterungsbedingungen ein sogenannter „Universalreifen“ zum Einsatz kommen (außer bei extremem Starkregen). Die profilierten neuen Michelin-Reifen für die FIA Formula E Championship verfügen über eine profilierte Lauffläche, die für den Einsatz auf trockenen und nassen Fahrbahnen ausgelegt ist. Und weil noch eine andere Philosophie der Franzosen zum Tragen kommt, nämlich die lange Haltbarkeit der Rennreifen, auch noch dies: Für jedes Fahrzeug steht pro Rennen lediglich ein Satz Reifen zur Verfügung, mit dem das freie Training, das Qualifying und das Rennen selbst bestritten werden müssen! Die ersten Reifentests auf dem neuen Auto sind übrigens für Dezember 2013 vorgesehen.
„Tall and Narrow“
Die neuen 18-Zoll-Reifen passen im Übrigen genau in die „Tall & Narrow“-Strategie des Unternehmens. Mit diesem Reifenkonzept will Michelin nicht nur im Rennsport für deutlich verbesserte Aerodynamik und Energieeffizienz sorgen. Zudem wird der einzelne Reifenabschnitt aufgrund des größeren Durchmessers weniger belastet, was die Haftungseigenschaften und die Langlebigkeit verbessert. Tall & Narrow-Reifen stehe deshalb, so der Hersteller, eine große Zukunft bei Serien-Elektrofahrzeugen bevor. Das Engagement im Automobilrennsport soll damit zu innovativen Mobilitätslösungen für Menschen und Güter beitragen.
Den direkten Techniktransfer vom Rennsport in die Serie dokumentiert auch der neue Pilot Sport Cup 2 (siehe Rubrik Produkte in dieser Ausgabe) für den Porsche 918 Spyder, die Erstausrüstungsreifen für den neuen Peugeot 308 (siehe Kastentext) sind ein weiterer Beleg für die hauseigene sogenannte „Total Performance“-Strategie, die es ermöglicht, auch scheinbar unvereinbare Leistungsmerkmale in einem Reifen zu vereinen. Dieser ganzheitliche Ansatz kommt auch beim Peugeot 208 HYbrid FE-Konzeptfahrzeug zum Tragen, für das Michelin ebenfalls spezielle „Tall & Narrow“-Reifen im Format 165/65 R19 entwickelt hat, die in sämtlichen Bereichen optimierte Performance liefern sollen.
Die hohe und zugleich schmale Reifenarchitektur optimiere die Aerodynamik deutlich und senkt gleichzeitig den Rollwiderstand des Reifens, womit eine gleich doppelte Verbesserung der Energieeffizienz des Fahrzeugs einhergeht. Auch der Komfort verbessere sich, so die Franzosen, da die Reifen Unregelmäßigkeiten in der Straßenoberfläche wirksamer absorbieren. Ferner reduziere sich das Abrollgeräusch erheblich und der Reifen sei dank seiner schmaleren, in Längsrichtung aber weniger gekrümmten Aufstandsfläche deutlich widerstandsfähiger gegen Aquaplaning. Auch zur Verringerung des Gesamtgewichts des Peugeot 208 HYbrid FE hat Michelin erheblich beigetragen. Jeder einzelne Reifen spart 2,5 Kilogramm, insgesamt ergibt das ein um zehn Kilogramm reduziertes Fahrzeuggewicht, aber auch deutlich geringere ungefederte Massen.
Mit dem extrem spritsparenden, gleichzeitig jedoch dynamischen Fahrzeug zeigen Peugeot, Total und Michelin damit einen besonders attraktiv erscheinenden Weg in die Zukunft: Die Technikstudie Peugeot 208 HYbrid FE wartet unter dem Motto „Mission 49-8“ mit einem CO2-Ausstoß von nur 49 g/km (das entspricht einem Normverbrauch von 2,1 Litern auf hundert Kilometer) auf und beschleunigt gleichzeitig in lediglich acht Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Abkürzung „FE“ steht für Fahrspaß und Energieeffizienz. Das Augenmerk der Entwickler des Konzeptautos galt fünf Hauptpunkten: Gewichtsreduktion (minus 200 Kilogramm gegenüber dem bereits sehr leichten Peugeot 208), gesteigerte Motoreffizienz, optimale Energierückgewinnung, verbesserte Aerodynamik sowie ein extrem geringer Rollwiderstand. Die speziell entwickelten Reifen tragen mit ihrem einzigartigen Höhen-Breiten-Verhältnis erheblich zur Erreichung dieser Ziele bei. detlef.vogt@reifenpresse.de
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