Renndebüt für die neuen Langstreckenrennreifen von Michelin in Spa
Bei den 6 Stunden von Spa-Francorchamps am kommenden Wochenende erhalten die Partnerteams von Michelin erstmals die Gelegenheit, die neue Rennreifengeneration für die Langstrecken-Weltmeisterschaft 2013 im Renneinsatz auszuprobieren. Der zweite Lauf zur FIA World Endurance Championship (WEC) am 4. Mai ist zugleich die Generalprobe für das im Juni anstehende Saison-Highlight in Le Mans.
Der bevorstehende WEC-Lauf auf der „Ardennen-Achterbahn“ von Spa-Francorchamps dürfte durch das Duell zwischen den LM-P1-Boliden der Werksteams Audi Motorsport und Toyota Racing, die beide auf Rennreifen von Michelin vertrauen, charakterisiert sein. Ferner ist das belgische Sechs-Stunden-Rennen auch der erste Wettkampf für die neu entwickelten Reifengenerationen in allen vier Klassen der Langstrecken-Weltmeisterschaft. Zwar haben viele Partnerteams von Michelin die 2013er-Reifen bereits getestet, die Ingenieure der französischen Premiummarke erhoffen sich aber wegen des einzigartige Layout des Circuit de Spa-Francorchamps und der oft wechselhaften Witterung interessante neue Daten.
In der Langstrecken-Weltmeisterschaft zählt ultimative Performance ebenso wie die konstante Leistung und die Dauerhaltbarkeit der Rennreifen. Ein Anforderungsprofil, das exakt den Forschungs- & Entwicklungszielen der Marke entspricht und perfekt das Konzept der „Michelin Total Performance“ verkörpert. Diese Produktphilosophie besagt, dass durch den Einsatz modernster Technologien auch scheinbar widersprüchliche Eigenschaften in einem Reifentyp vereint und immer weiter verbessert werden .
Michelin rüstet alle „großen“ Prototypen der Top-Kategorie LM P1 sowie zahlreiche Supersportwagen der LM GTE-Sparten „Pro“ und „Am“ aus. Mit Beginn der Saison 2013 kehrte die Marke auch wieder in die sportlich und technisch außerordentlich interessante Klasse LM P2 zurück. Für diese knapp 500 PS starken Prototypen, die fast ausschließlich von Privatteams eingesetzt werden, entwickelten die Franzosen besonders haltbare Rennpneus. Das LM P2-Engagement und die neuen Reifentypen sind besonders interessant, weil sich für 2014 ein neues sportliches Reglement andeutet: Die maximale Menge der in einem Rennen erlaubten Reifen für die Kategorien LM P2 und LM GTE sollen dann limitiert werden. Für Michelin ist die „kleine“ Prototypen-Klasse zudem reizvoll, weil dort auch Wettkampf unter Reifenmarken herrscht.
Für alle Fahrzeugklassen im Langstreckenrennsports gilt: Die Reifen spielen für die Gesamteffizienz der Rennwagen eine große, aktive Rolle, da sie perfekt mit den Fahrwerken harmonieren müssen. Beispiel LM P1: Hier tragen die Pneus nicht nur das statische Gewicht der Boliden, sondern nehmen auch die immensen dynamischen Radlasten auf, die durch den mächtigen Abtrieb der Prototypen bei Topspeed locker das Dreifache des Leergewichts von 900 Kilogramm erreichen. Hinzu kommen massive Längs- und Querkräfte, die in schnellen Kurven, beim Beschleunigen und Bremsen ohne Weiteres 3g ausmachen können.
Neuentwicklungen für alle vier WEC-Klassen debütieren in Spa
Für die Le-Mans-Prototypen konstruierte Michelin eine komplett neue Reifenpalette. Bei den LM P1 passte die Marke die Rennreifen auf die erwartete schnellere Gangart der neuesten Fahrzeuggeneration an. Gleichzeitig entwickelt Michelin bereits heute die schmaleren, leichteren Reifen, die in der Top-Kategorie ab 2014 verwendet werden. Vorgesehen sind Dimensionen, wie sie heute in der LM P2 verwendet werden, also 14 statt 16 Zoll Gesamtbreite und 28 statt 28,5 Zoll Außendurchmesser. Technisches Feedback erhalten die Entwickler vor allem von Audi und Toyota.
Auch die Michelin-Partner in der LM P2 profitieren ab Spa-Francorchamps von Fortentwicklungen. Einige Rennställe testeten die neuesten Evolutionen beim offiziellen WEC-Test Ende März in Le Castellet; im April produzierte Michelin die erforderliche Menge Rennreifen im Werk Cataroux am Stammsitz Clermont-Ferrand.
Ebenso gründlich sah die Entwicklungsarbeit in den beiden GTE-Kategorien aus. Nach intensiven Tests mit den Partnerrennställen ersetzt Michelin die bisher weichste Slickversion durch eine mittelharte Laufflächenmischung. Diese erreicht ihr optimales Arbeitsfenster bereits bei niedrigen Asphalttemperaturen. Weiterhin optimierte die Marke die mittelharten GTE-Pneus für hohe Asphalttemperaturen und modifizierte die Gummimischung der „harten“ Slickreifen.
Auch wenn die rund sieben Kilometer Berg- und Talbahn von Spa weder vom Layout noch von der Fahrbahnbeschaffenheit mit dem „Circuit des 24 heures“ in Le Mans zu vergleichen ist: Vom bevorstehenden WEC-Lauf erhoffen sich die Entwickler wertvolle technische Erkenntnisse, bevor sie zum Testtag am 9. Juni und zum 24-Stunden-Rennen am 22./23. Juni aufbrechen. Die in Spa gesammelten Daten werden mithilfe moderner Simulationsprogramme und anhand der immensen Praxiserfahrung der Ingenieure „umgerechnet“. So kann Michelin umgehend auf neue technische Anforderungen reagieren.Unabhängig von den wechselnden Voraussetzungen bleibt die Aufgabenstellung im Langstreckenrennsport jedoch immer gleich: eine perfekte Harmonie zwischen Reifen und Fahrzeug sowie Pneus, die extrem haltbar und zugleich über eine möglichst lange Zeit konstant schnell bleiben. Um diese vermeintlichen Zielkonflikte Jahr für Jahr besser zu lösen, stellt Michelin allen Partnerteams in der WEC Technische Berater zur Seite. Sie helfen bei der Reifenwahl und bringen darüber hinaus ihr Know-how bei der Einstellung des optimalen Luftdrucks und sogar beim Aufhängungs-Setup ein, um die gewünschte Langlebigkeit und Effizienz zu erzielen. Diese Empfehlungen besitzen großes Gewicht und die Technischen Berater gelten bei den Partnerrennställen als vollwertige Teammitglieder. Sie arbeiten zudem eng mit den Fahrern und Renningenieuren zusammen – deren Feedback und die gesammelten Daten fließen umgehend zurück in die Entwicklung bei Michelin Motorsport.Einer der Technischen Berater von Michelin erklärt, wie er die Reifenperformance analysiert, indem er die jeweilige Strecke in verschiedene Sektoren und jede Kurve in vier Phasen aufteilt: „Wir bilden die Streckenabschnitte anhand ihres Profils und der Fahrbahnbeschaffenheit. Dann nehmen wir anhand der gespeicherten Fahrzeugdaten zunächst eine objektive Analyse vor. Anschließend ergänzen wie diese um eine subjektive Einschätzung, die auf den Rückmeldungen der Piloten basiert. So sind alle WEC-Starter irgendwie auch Testfahrer von Michelin. Die Kurven splitten wir in vier Teile: Wir analysieren das Reifenverhalten beim Einlenken, im Scheitelpunkt, nach dem Scheitelpunkt und beim harten Beschleunigen am Kurvenausgang. Wenn das Fahrzeug an die Box kommt, lesen wir die aufgezeichneten Temperaturwerte der Laufflächen aus. Gründliches Anschauen und Abtasten der Reifen verrät uns, wie sehr und auf welche Weise sie abgenutzt sind. Und dies wiederum gibt uns Hinweise auf die Richtung, in die wir als nächstes arbeiten.“ dv
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