Logistikexperten wie Fiege für Reifenmarkt immer bedeutender
Der Trend zur Verringerung von Lagerbeständen hält allerorten an. Einerseits, weil dadurch in der Industrie wie auch im Handel Kosten eingespart, Kapitalbindung verringert und somit die Liquidität insgesamt gesteigert werden. Andererseits aber auch, weil die Zeiten unbegrenzter Verfügbarkeiten auf dem Reifenmarkt spätestens seit der Finanz- und Wirtschaftskrise und dem von ihr ausgelösten Kapazitätsabbau in der Industrie vorbei sind. Gerade vor einem solchen Hintergrund wird es immer wichtiger, das Thema Logistik professionell zu handhaben bzw. sich gleich professionellen Beistand zu suchen. Ein Unternehmen wie die Fiege-Gruppe mit ihrem Schwerpunkt im internationalen Supply-Chain-Management samt verschiedener Zusatzdienstleistungen kann dabei ab Werkstor alle Schritte der Wertschöpfungskette abdecken und ist somit gefragter Ansprechpartner für Reifenhersteller auf dem europäischen Markt.
Die Fiege-Gruppe betreibt Reifenlogistik an drei ihrer Standorte in Deutschland und bewegt europaweit im Jahr rund 20 Millionen Reifen
Während Reifenhersteller früher ihre Zentral- und regionalen Zwischenlager betrieben, von wo aus Reifenhändler beliefert wurden – selbstverständlich mit dem eigenen Fuhrpark –, so ist diese eindimensionale Art der Reifenlogistik heute einem mehrdimensionaleren System gewichen, in dessen Mittelpunkt die Auslagerung umfassender Logistikdienstleistungen steht. Seit die Fiege-Gruppe 1978 von Bridgestone, dem heute größten Reifenhersteller der Welt, für Deutschland den ersten exklusiven Auftrag für eine weitreichende Kontraktlogistik erhalten hat, zählt das Unternehmen aus dem westfälischen Greven nicht nur zu den Pionieren, sondern auch zu den führenden Anbietern „integrierter, ganzheitlicher Logistiksysteme“ in Europa. Dass man diesen Status nicht zufällig erlangt, sondern langfristig erworben hat, wurde der NEUE REIFENZEITUNG bei einem Gespräch im „Fiege Mega Center“ in Hamburg erläutert, wo das inhabergeführte Familienunternehmen einen von drei deutschen Reifenlogistikstandorten betreibt.
Die Fiege-Gruppe – gegründet bereits 1873 von Joan Joseph Fiege – wird mittlerweile in der vierten Generation geführt, wobei auch die fünfte Generation der Unternehmerfamilie bereits in verantwortlichen Positionen tätig ist. Insgesamt beschäftigt Fiege heute an 210 Standorten in 18 Ländern, darunter auch China als „Brückenkopf nach Asien“, über 20.000 Mitarbeiter und hält weltweit eine Lager- und Logistikfläche von über drei Millionen Quadratmetern vor. Die durch die Fiege Stiftung und Co. KG geführte Unternehmensgruppe erzielte in 2009 einen Umsatz in Höhe von 1,5 Milliarden Euro.
Auch wenn die Fiege-Verantwortlichen traditionell keine Detailangaben zu den Umsätzen oder etwa zu Gewinnen machen, so lässt doch die Anzahl der Reifen, die das Unternehmen jährlich in Europa bewegt und die mit 20 Millionen Stück angegeben wird, auf die Bedeutung der Kernbranche „Reifen“ für die Gruppe schließen; es gibt sieben weitere Kernbranchen, in denen das Unternehmen tätig ist. Der deutsche Heimatmarkt wird neben Polen und Tschechien als „stärkster Markt“ für Reifenlogistik beschrieben. Insgesamt, so berichtet Key Account Manager Stephan Wittenbrink, der bei Fiege für die Entwicklung der Kernbranche Reifen verantwortlich ist, habe man acht Hersteller im Branchenportfolio „Reifen“. Neben Bridgestone, Yokohama, Toyo und seit Anfang des vergangenen Jahres auch Falken, für die die Fiege-Gruppe als Kontraktlogistiker in Deutschland (und weiteren Ländern) agiert, zählen noch Pirelli, Vredestein, Hankook und auch Continental zu den Kunden des westfälischen Traditionsunternehmens in Europa, wenn auch nicht in Deutschland; für die Conti ist man übrigens mit dem Standort in Warschau als Dienstleister in Polen und dem Baltikum aktiv. Neben den hier genannten Märkten ist die Fiege-Gruppe mit ihrer Reifenlogistik noch in Dänemark, in der Schweiz, in Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Belgien, Niederlande, Luxemburg und Teilen Frankreichs engagiert.
Als „Spezialist für komplexe Logistik“ gehen die angebotenen Dienstleistungen natürlich weit über das hinaus, was man landläufig von einer Spedition erwarten würde: die Lagerung und Versendung von Waren. „Das ist der Standard“, so Stephan Wittenbrink, den man natürlich abdecke. Interessanterweise wird dabei der Transport der Reifen nicht mehr so betrieben, wie man dies vielleicht vor einigen Jahren noch von einer Spedition erwartet haben mochte. „Nicht der Besitz eines eigenen Transportnetzwerkes ist notwendig, sondern der gesicherte Zugriff auf Transportkapazitäten“, so der Key-Account-Manager weiter. Folglich betreibt die Fiege-Gruppe auch keine Flotte eigener Lkws, sondern hält den benötigten Lastraum bei zuverlässigen Transportpartnern bedarfsorientiert vor. Genauso, wie der Logistikdienstleister Fiege bei der Reifenindustrie für eine „Variabilisierung der Fixkosten“ sorgt und damit die finanzielle Flexibilität der unter großen Saisonschwankungen stehenden Hersteller durchaus steigern hilft, bedient sich die Gruppe ihrerseits wiederum qualifizierter Dienstleister. Genauso, wie Fiege vom „ungebrochenen Trend zum Outsourcen“ profitiert, beteiligt sich das Unternehmen aus Greven selber daran, die vielfältigen Prozesse vom Werkstor des Reifenherstellers bis zum Reifenhändler vor Ort vieldimensionaler, somit komplexer, aber insbesondere effizienter für alle Beteiligten zu gestalten, wodurch Wettbewerbsvorteile entstehen.
Was bietet aber nun der „Spezialist für komplexe Logistik“ seinen Kunden, das ihn in Europa für acht der zehn führenden Reifenhersteller weltweit unabkömmlich macht. „In der Kontraktlogistik ist nicht nur der Preis der entscheidende Faktor, hier zählt die Effizienzsteigerung der Prozesse für den Kunden“, so Stephan Wittenbrink. „Dies ist die Aufgabe des Logistikdienstleisters.“ Im Mittelpunkt stehen dabei natürlich die zentralen Prozesse Wareneingang, Lagerung, Warenausgang und Distribution. Eine der wichtigen Aufgaben ist heute beispielsweise die DOT-Verwaltung.
In den vergangenen Jahren ist das Thema Reifenalter bei Reifenhändlern und Endverbraucher immer mehr in den Fokus gerückt; niemand lässt sich heute noch einen über drei Jahre alten, selbst unter optimalen Bedingungen gelagerten Reifen als „fabrikneu“ verkaufen. Folglich muss auch Fiege diesen relativ jungen Trend in seiner Reifenlogistik berücksichtigen und lagert Reifen entsprechend ihres jeweiligen Herstellungsdatums (DOT-Nummer) sowie nach Größe, Profildesign und Einsatzspezifikation sortiert in eigens von Fiege entwickelten Corletten ein.
Dass die DOT-Verwaltung wie auch die anderen Details der verschiedenen Prozesse Wareneingang, Lagerung, Warenausgang und Distribution bei Fiege „beleglos“ und somit hochgradig durch moderne IT und weitestgehend selbst programmierte Softwaresysteme gesteuert werden, was wiederum die Effizienz der Reifenlogistik steigert, betrachtet man bei Fiege als bare Selbstverständlichkeit und unbedingte Voraussetzung für ein erfolgreiches Bestehen im Wettbewerb. Ohne eine entsprechende elektronische Vernetzung zwischen den Auftraggebern aus der Reifenbranche, deren Kunden im Reifenhandel sowie dem Logistikdienstleister aus Greven dazwischen wäre die „Effizienzsteigerung der Prozesse für den Kunden“ kaum möglich – wie oben betont laut Wittenbrink der „entscheidende Faktor“, um seine Dienstleistungen einem potenziellen Kunden erfolgreich anzubieten. Wie sonst sollte eine Anlieferung in weiten Teilen Europas binnen 24 Stunden zu realisieren sein.
Dazu gehören natürlich auch Zentrallager, die genügend Logistikfläche für den reibungslosen Ablauf aller Prozesse bieten. Im Hamburger „Fiege Mega Center“ etwa sind 27.500 von 69.000 Quadratmetern der Logistikfläche mit bis zu 500.000 Reifen auf einmal belegt; in Dortmund und Lahr jeweils die kompletten 34.000 bzw. 35.000 Quadratmeter Logistikfläche. Container-Dörfer, wie bei so manchem Reifengroßhändler zu finden, seien „kein Ausdruck der Fiege-Effizienz“, so Wittenbrink weiter. „Das Lager soll sich drehen.“
Darüber hinaus versucht die Fiege-Gruppe aber auch durch sogenannte „Value Added Services“ beim Auftraggeber in der Reifenindustrie zu punkten. Gerade mit Blick auf die Internationalität seiner Kunden – in Deutschland betreut man alle großen japanischen Reifenhersteller – muss der Logistikdienstleister Fiege natürlich alles leisten können, was irgendwie mit der Zollabwicklung und dem über Kontinente gehenden Versand der Reifen betrifft. „Das gehört natürlich auch zu unseren Kernkompetenzen“, betont Wittenbrink. Darüber hinaus bietet Fiege auch Dienstleistungen an, die dem zentralen Geschäft eines Logistikdienstleisters schon eher fern sind, aber sehr wohl nachgefragt werden. So werden in Hamburg etwa Lkw-Reifen für Erstausrüstungskunden auf Stahlfelgen montiert und von dort an Trailerhersteller in Deutschland geliefert; andere Erstausrüstungskunden der Reifenhersteller werden im Übrigen nicht von Fiege beliefert sondern erhalten die Ware in der Regel „noch“ direkt vom Hersteller, erläutert Wittenbrink. Daneben können Fiege-Mitarbeiter auch Reifen bespiken und sie etwa mit kundenspezifischen Labels – etwa für besondere Aktionen – versehen. Auch handelt man Marketing- und Promotionmaterial der Reifenhersteller, das zusammen mit den Reifen an den Reifenhandel geht.
Ein weiterer, nicht unbedeutender Zusatznutzen, den Fiege seinen Kunden bietet, ist das Retourenhandling, das inklusive Qualitätskontrolle und gegebenenfalls Management der ausgesonderten Reifen stattfindet. In diesem Zusammenhang verdingt sich Fiege mitunter auch als klassisches „Reifenhotel“ und nimmt nicht abverkaufte Saisonware sowie eingelagerte Kundenräder für die Zeit ins Lager, in der sie nicht gebraucht werden. Es sind insbesondere diese „Value Added Services“, bei denen der zuständige Stephan Wittenbrink in Zukunft noch „großes Wachstumspotenzial“ sieht.
Wenn ein Milliarden-Konzern bereits solche Dienstleistungen anbietet, drängt sich die Frage auf: Wie weit ist Fiege noch vom Geschäft eines klassischen Reifengroßhändlers entfernt? Inwieweit steht Fiege im Wettbewerb mit ‚systemrelevanten’ Großhändlern, die sich selber in den vergangenen Jahren ganz intensiv als Logistikdienstleister am Markt positioniert haben? Laut Stephan Wittenbrink sei es „nicht die Kernkompetenz eines Reifengroßhändlers, Logistik zu betreiben“. Auch wenn Fiege derzeit bei nur wenig Kunden aus dem Reifengroßhandel seine Reifenlogistik betreibt, habe das Unternehmen auch in anderen Kernbranchen wie im Industriebereich bereits bewiesen, dass man auch „hochgradige Komplexitäten steuern kann“; dies sei „die Kernkompetenz eines Logistikers wie Fiege“, so der Key Account Manager für Reifen weiter. Folglich seien Reifengroßhändler wie auch Kooperationen und andere Verbünde „eindeutig potenzielle Kunden, denen wir ebenfalls effiziente Dienstleistungen bieten wollen“. Beim klassischen Reifengroßhandel, der in der Regel vor allem das sehr saisonale Reifengeschäft betreibt, müsse dieser sich schon fragen, so Wittenbrink: „Rechnet sich meine Logistik?“ Unternehmen wie Fiege mit ihren als „Mega Center“ deklarierten Logistikdrehscheiben von bis zu 135.000 Quadratmetern Lagerfläche und einem Multi-User-Konzept mit eingelagerten Waren aus oftmals mehreren der acht Fiege-Kernbranchen scheinen dort flexibler im Umgang mit den Hochs und Tiefs der Reifensaison, sprich: tendenziell kosteneffizienter. arno.borchers@reifenpresse.de
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