NRZ-Interview: „Blinde Lagerhaltung“ entfällt für VMI-Kunden
Die GDHS – die Goodyear Dunlop Handelssysteme – ist mit aktuell über 950 Partnerbetrieben die größte Organisationen im deutschen Reifenhandel, knapp 30 Prozent davon lassen sich über den Reifenhersteller die Lagerbestände (an Konzernmarken) managen. Wie Goran Zubanovic, Geschäftführer der GDHS mit Sitz in Köln, im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG erläutert, verringere sich bei VMI-Nutzung der Lagerbestand beim Händler beträchtlich, während gleichzeitig dessen Umsätze wie auch Liquidität steigen.
Neue Reifenzeitung:
Mit einem Satz erklärt: Was ist VMI und was tut es für den Reifenhändler?
Goran Zubanovic:
VMI bedeutet ‚Vendor Managed Inventory’. Es handelt sich dabei zu Deutsch um ein gemeinschaftlich geplantes Bestandsmanagement.
Neue Reifenzeitung:
Was ist das zentrale Argument, das für die Nutzung von VMI durch die Mitglieder Ihrer Organisation spricht?
Goran Zubanovic:
Der richtige Reifen soll in der richtigen Anzahl zum richtigen Zeitpunkt geliefert werden. VMI ermöglicht unseren GDHS-Partnern ein modernes Just-in-time-Geschäft. Ein VMI-Händler hat immer genau die Reifengrößen und Profile vorrätig, die von seinen Kunden gerade nachgefragt werden. ‚Blinde’ Lagerhaltung von Reifen in vielen verschiedenen Größen und Profilen und aufwendige Inventuren entfallen. Um die gleiche Anzahl von Reifen zu verkaufen, braucht ein VMI-Partner gegenüber einem herkömmlich wirtschaftenden Betrieb nur halb so viel Lagerbestand.
Neue Reifenzeitung:
Welche sonstigen Gründe sprechen für die VMI-Nutzung? Zusatznutzen?
Goran Zubanovic:
VMI besticht eindeutig durch eine bessere Warenverfügbarkeit, weil frühzeitig und gemeinschaftlich der Bedarf ermittelt wird. Zudem ist ein VMI-Partner wesentlich liquider im Tagesgeschäft, weil keine Ladenhüter im Lager wertvollen Platz blockieren, der wesentlich gewinnbringender für Einlagerungen genutzt werden kann.
Neue Reifenzeitung:
Insbesondere zur Wintersaison gibt es am Reifenmarkt immer wieder Verfügbarkeitsprobleme. Ist VMI die Lösung?
Goran Zubanovic:
Durch eine frühzeitige Bedarfsplanung auf Size- and Type-Basis, das Einstellen von Mindestbeständen sowie die Substitutionsmöglichkeiten mit äquivalenten Konzernprodukten können Lieferengpässe bestmöglich aufgefangen werden.
Neue Reifenzeitung:
Müssten nicht alle Händler aus Ihrer und aus anderen Reifenhandelsorganisationen mitmachen, damit VMI als Lösung für Verfügbarkeitsprobleme dienen kann?
Goran Zubanovic:
Die Nutzung von VMI ist ein Angebot. Wir können niemanden zu seinem Glück zwingen. Die GDHS Partner sind eigenständige Unternehmer und müssen dementsprechend eigenverantwortlich unternehmerisch handeln.
Neue Reifenzeitung:
Wie viele der Mitglieder von Premio, HMI und Quick nutzen VMI?
Goran Zubanovic:
Insgesamt haben wir zur Sommersaison 2011 bisher 274 VMI-Partner: 171 bei Premio, 53 bei Quick und 50 bei HMI (Stand 21. Januar 2011).
Neue Reifenzeitung:
Gibt es Nicht-GDHS’ler und gegebenenfalls Mitglieder von Wettbewerbsorganisationen, die VMI nutzen?
Goran Zubanovic:
Nein, VMI ist ausschließlich für GDHS-Partner. Der Wettbewerb ist allerdings durchaus interessiert und beobachtet den Erfolg von VMI sehr genau.
Neue Reifenzeitung:
Gibt es noch regelmäßige Neuzugängen unter den VMI-Nutzern in Ihrer Organisation oder sind die Grenzen bereits erreicht? Entwickelt sich VMI noch weiter?
Goran Zubanovic:
Ja, es gibt regelmäßig Neuzugänge. Der Erfolg spricht sich herum. Per 21. Januar 2011 haben wir bereits zwölf neue VMI-Partner für die Sommersaison 2011 dazugewonnen. Eine Obergrenze an VMI-Teilnehmern gibt es nicht. Jeder, der die Voraussetzung für VMI erfüllt, kann teilnehmen. Auch arbeiten wir ständig daran, den VMI-Prozess weiter zu verbessern, zu vereinfachen und sowohl vom Ablauf her wie auch systemtechnisch ständig weiter zu optimieren
Neue Reifenzeitung:
Wer muss es nutzen und wer sollte es nutzen? Für wen bringt es – vielleicht – nichts? Anders formuliert: Gibt es Kriterien eines Betriebes, unter denen VMI nicht funktioniert, anwendbar ist?
Goran Zubanovic:
VMI reduziert nachweislich den Lagerbestand bei steigendem Abverkauf. Der Cashflow verbessert sich. Aufwendige Lagerbestandsprüfungen und Nachbestellungen entfallen. Jeder Reifenhändler kann solche Vorteile gebrauchen. Gerade in der aktuellen Wintersaison waren die VMI-Partner die Gewinner im Wettbewerb.
Neue Reifenzeitung:
Welche Voraussetzungen zur Nutzung von VMI müssen beim Händler gegeben sein?
Goran Zubanovic:
Keine. Außer dass Tiresoft II installiert sein und genutzt werden muss.
Neue Reifenzeitung:
Was kostet die Nutzung von VMI?
Goran Zubanovic:
Die Nutzung von VMI ist grundsätzlich gebührenfrei. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Einrichtung von Tiresoft II. Sollte eine Anlieferung auf Paletten oder Containern gewünscht sein, entstehen für den Kauf dieser Paletten und Containern dem Unternehmer einmalige Anschaffungskosten.
Neue Reifenzeitung:
Wie groß ist der zeitliche Aufwand für VMI beim Reifenfachhändler? Ist dieser mit zunehmender User-Kenntnis abnehmend?
Goran Zubanovic:
Ist VMI installiert, das heißt die Bestandsanalyse und die Bedarfsplanung abgeschlossen, hat der Unternehmer wesentlich mehr Zeit als zuvor.
Neue Reifenzeitung:
Es gab und gibt Bedenken, Händler würden durch die Nutzung von VMI ihre unternehmerische Freiheit einbüßen und zu sehr an einen Hersteller gebunden. Teilen Sie diese Ansicht? Nahm bzw. nimmt durch die VMI-Nutzung die Abnahmenquote von Konzernmarken tendenziell zu?
Goran Zubanovic:
Da VMI nur den Warenbestand unserer Konzernmarken managed, steigt natürlich der Absatz entsprechend.
Neue Reifenzeitung:
Falls dem so sei, warum ist dies auf Seiten des Händlers aber zweitrangig bzw. zu verkraften?
Goran Zubanovic:
Der Händler macht mehr Umsatz bei sinkendem Lagerbestand und damit verbesserter Liquidität. Mit welchem Reifen von welchem Hersteller ist aus unternehmerischer Sicht zweitrangig. Allerdings, gestatten Sie mir die Anmerkung, bietet der Goodyear-Dunlop-Konzern hervorragende Premiumprodukte mit besten Testergebnissen. Die Kunden profitieren also enorm, weil beim VMI-Händler vor Ort immer beste Ware vorrätig ist. ab
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