Deutsche Automobilzulieferer hängen internationale Konkurrenz ab
Die großen deutschen Automobilzulieferer sind in den vergangenen fünf Jahren deutlich gewachsen. Sie legten im Schnitt jedes Jahr um mehr als fünf Prozent an Umsatz zu, während weltweit dagegen der Umsatz der Automobilzulieferer leicht um 0,3 Prozent geschrumpft sei. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Analyse der internationalen Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton.
Die Untersuchung von über 60 der weltweit wichtigsten Zulieferer stellt den deutschen Automobilzulieferern insgesamt ein gutes Zeugnis aus. Deutlich werde deren Erfolg – so die Berater – vor allem beim Blick auf die operative Marge: Demnach konnten die großen Automobilzulieferer innerhalb von fünf Jahren im Schnitt fast zwei Prozent Marge hinzugewinnen, während die durchschnittliche operative Marge auf internationaler Ebene demgegenüber unverändert geblieben sei. Getrübt werde dieses eigentlich gute Ergebnis jedoch bei der Einzelbetrachtung der Zulieferer: Während Antriebsstrang- und Elektronikhersteller laut Booz Allen Hamilton weit überproportional gewachsen sind, hätten Zulieferer in materialintensiven Segmenten wie Chassis und Interieur eine Wachstumsdelle durchlaufen. „Die Schere geht immer weiter auseinander. Stärke bedeutet für Zulieferer nicht Größe, sondern primär Innovationspotenzial. Nur Lieferanten, die innovative Technologien anbieten, können selbstbewusst gegenüber den Automobilherstellern auftreten. Produkte, bei denen der Endkunde die Innovationsleistung nicht wahrnimmt, wie etwa Chassisteile, müssen sich meist dem Preisdiktat beugen – zulasten ihrer Marge“, erklärt Klaus Nadler, Geschäftsführer von Booz Allen Hamilton.
Doch auch die Gewinner müssten sich immer wieder „neuen Schwierigkeiten“ stellen, heißt es weiter in der Studie. Gemeint damit ist beispielsweise die aktuelle Umweltdebatte, durch die sich der Wettlauf um den Antrieb der Zukunft verschärfe. Zulieferer in diesem Bereich müssten also schon heute beginnen, die richtige Technik für die nächsten Jahrzehnte zu entwickeln. „Das sind Wetten mit hohem Einsatz, deren Verlust selbst für erfolgreiche Zulieferer schnell zur Bedrohung werden kann“, erklärt Ulrich Otto, Mitglied der Geschäftsleitung bei Booz Allen Hamilton. Gleichzeitig werde die Produktvielfalt trotz kürzerer Produktlebenszyklen immer größer, denn Nischenmodelle und Low-Cost-Fahrzeuge gehörten heute zum Portfolio nahezu aller Hersteller. Hinzu komme, dass es immer schwieriger sei, einzuschätzen, wie sich ein neues Modell verkaufen lässt. „Auch verlagert sich der regionale Fokus der Automobilhersteller. Steigende Fahrzeugvolumina sehen die Experten nicht mehr vorrangig in den traditionellen europäischen und US-Automärkten, sondern vor allem in den BRIC-Ländern“, so ein weiteres Fazit der Studie – BRIC steht übrigens für die Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Um den daraus resultierenden Herausforderungen zu begegnen, setzten die Fahrzeughersteller auf immer höhere Flexibilität in der Produktion und würden diese Anforderungen direkt an die Zulieferer weitergeben, so die Berater von Booz Allan Hamilton.
Dadurch steigen aufseiten der Zulieferer die Investitionsanforderungen für neue Produktionskapazitäten und -verlagerungen für die Entwicklung der neuen Technologien an, heißt es weiter. In diesem Zusammenhang entscheide effizienter Kapitaleinsatz und die optimale Nutzung des vorhandenen Betriebsvermögens über den Erfolg, wobei es laut der Booz-Allen-Analyse den deutschen Automobilzulieferern derzeit besser als ihren internationalen Konkurrenten gelingt, den wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden. Außerdem profitieren sie der Studie zufolge in hohem Maße vom Erfolg der japanischen und Premiumhersteller. „Natürlich sind die Zulieferer auch abhängig vom Ergebnis der OEMs, für die sie produzieren. Die Lieferanten von GM, Ford und Chrysler haben eben auch unter dem Marktanteilsverlust der Big Three gelitten“, so Nadler. Die entscheidende Frage für die Zukunft der Zulieferer liegt nach Meinung der Experten der internationalen Strategie- und Technologieberatung in einem „effizienten Kapitaleinsatz und der richtigen Innovationsstrategie“. Dauerhaft könne die Höhe der Investitionen nicht die Abschreibungen übersteigen, wobei das heutige Verhältnis mit dem 1,07-Fachen beziffert wird. Deshalb sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zulieferer eine kapitaleffektive Anpassung der Produktionsmittel und Standorte sowie der Unternehmensstrukturen an die Wettbewerbssituation und regionale Ausrichtung der Fahrzeughersteller.
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