Das Vorgenommene erreicht
Etwa vor Jahresfrist hat Pirelli Veränderungen im Vertrieb von Motorradreifen in Deutschland angestoßen. Ziel dessen war nicht nur, die Vertriebsstrukturen rund um die Zweiradpneus der Marken Pirelli und Metzeler innerhalb Europas aneinander anzugleichen, sondern man wollte auch „mehr Nähe zum Kunden“. Was also hat sich innerhalb der vergangenen zwölf Monate getan?
„Je mehr der Handelskunde für uns tut, desto mehr tun wir für ihn“, bringt Michael Müller, seit August 2006 bei Pirelli als Verkaufs- und Marketingdirektor Motorradreifen für die Länder Deutschland und Österreich verantwortlich, die hinter dem neuen Konzept stehende Philosophie auf einen einfachen Nenner. In diesem Zusammenhang hat der Hersteller alle potenziellen Handelskunden zunächst in zwei Kategorien eingeteilt: Da gibt es die einen, die Motorradreifen als ihr Kerngeschäft betrachten, und die anderen, die nur hin und wieder mal einen Zweiradreifen an die Frau oder den Mann bringen. „Statt der ursprünglich geplanten Dreiteilung der Händlerschaft sehen wir mittlerweile eher zwei Kategorien“, erklärt Thomas Bischof, Marketingmanager Motorradreifen Deutschland bei Pirelli/Metzeler.
Obwohl man vor einem Jahr noch davon sprach, die Händlerschaft gedanklich in drei Gruppen kategorisieren zu wollen, und damit eine ursprünglich noch zwischen den beiden etablierten Ebenen geplante Zwischenstufe (vgl. NEUE REIFENZEITUNG 4/2006) „gestrichen“ hat, sieht Müller darin kein Abweichen von dem eingeschlagenen Weg. „Die Strategie hat sich dadurch nicht generell geändert“, sagt Müller und betont das, worauf es dem Hersteller besonders ankommt: Partnerschaft. „Wir haben mittlerweile die Groß- und Einzelhändler in den jeweiligen Regionen identifiziert, die besonders aktiv im Motorradreifengeschäft sind. Und für diese können wir durch die Änderungen in unserem Vertrieb nun gezielte Unterstützung leisten“, meint Müller.
Gleichzeitig verweist er auf die auf 21 Mitarbeiter aufgestockte Außendienstmannschaft. Müller spricht aber auch von gemeinsam mit den Handelspartnern durchgeführten Aktionen wie unter anderem beispielsweise Rennstrecken-Events oder Tage der offenen Tür und verdeutlicht auf diese Weise, was der Reifenhersteller über Standards wie den Support mit technischen Informationen und dergleichen mehr unter einer verstärkten Vermarktungsunterstützung versteht. „Wenn der Handel merkt, dass ihm unser Paket mehr bietet, dann ist er vielleicht auch bereit, im Motorradreifengeschäft mehr mit den Marken Metzler und Pirelli zu machen“, erläutert Müller den hinter diesem Ansatz stehenden Gedankengang des Unternehmens.
Dabei sind die derzeit als bevorzugte Partner identifizierten Betriebe nicht unbedingt deckungsgleich mit den so genannten Top- bzw. Premium-Partnern für die Marken Pirelli und Metzeler. „Das Top-/Premium-Konzept war bisher eher ein Marketingkonzept und hat seinen Ursprung mehr oder weniger in einem Konditionenmodell. Mittlerweile haben unsere Partner aber allgemein gute Konditionen“, erklärt Bischof, warum laut Michael Müller bei dem Hersteller momentan über eine Neudefinition des Top-/Premium-Konzeptes nachgedacht wird. Das könnte dann vielleicht im nächsten Jahr an den Start gehen, erwartet Müller, ohne jedoch zum jetzigen Zeitpunkt bereits konkreter werden zu wollen. In Aussicht stellt Müller zudem Onlineschulungen wie die Wettbewerber Bridgestone und Michelin sie schon heute anbieten. Auch hier lautet das Ziel, dies 2008 den Handelspartnern zu präsentieren.
Die bevorzugten Partner rekrutieren sich dabei übrigens nicht ausschließlich aus dem Kreis des Reifenhandels. Für Müller gehören dazu auch ausgewählte Motorradhändler, die sich stark im Reifengeschäft engagieren. „Dabei geht es nicht darum, beispielsweise alle Händler einer bestimmten Motorradmarke mit ins Boot holen zu wollen, so wie es teilweise bei den Pkw-Reifen in Form des Autohausgeschäftes praktiziert wird“, sagt Bischof. „Wir wollen wirklich nur ausgewählte Motorradhändler intensiv betreuen. Und dabei kommen für uns nur solche in Frage, die besonders aktiv im Motorradreifengeschäft sind. Allein schon wegen der Vermarktungsqualität“, ergänzt Müller, der wie Bischof den Marktanteil des Vertriebskanals Motorradhandel mit „nicht mehr als 15 Prozent“ abschätzt.
Alles in allem gesehen – auch da sind sich beide einig – habe man bislang das, was man sich im vergangenen Jahr durch die Änderungen der Vertriebsstrukturen vorgenommen hatte, erreicht. Sowohl was die Einzel- als auch was die Großhandelsseite anbelangt. „Ich möchte jedoch nicht behaupten, dass ein solches Konzept jemals wirklich fertig wird. Wir haben aber geschafft, was wir uns vorgenommen haben. Die Vertriebszahlen haben sich jedenfalls sehr positiv entwickelt“, unterstreicht Müller. Zwar habe sich der Motorradreifenabsatz Industrie an Handel 2006 um etwa drei Prozent rückläufig entwickelt. Doch in diesem der Europool-Statistik zugrunde liegenden Wert sei der Parallelmarkt – das heißt Importe aus anderen Ländern – nicht erfasst. „Zudem ist im Handel der Trend zu beobachten, dass die Betriebe ihre Lagerfunktion zurückfahren. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren können wir für 2006 also eher von einem stabilen Bedarf der Endverbraucher sprechen“, ist Bischof überzeugt.
„Und in diesem Jahr läuft das Motorradreifengeschäft bislang fantastisch“, freut sich Müller über einen auch dank der zum Frühjahr milden Witterung gelungenen Saisonstart. „Wenn die Sonne scheint, geht dem Motorradfahrer das Herz auf. Hinzu kommt die positive Konjunkturlage. Trotz der höheren Mehrwertsteuer sinken beispielsweise die Arbeitslosenzahlen. Und bei der ganzen Entwicklung im Motorradgeschäft spielt schließlich immer ein bisschen Psychologie mit“, macht Müller weitere begünstigende Einflussfaktoren aus. Sollte der positive Trend anhalten, ist für ihn 2007 bezüglich des Motorradreifenabsatzes Handel an Verbraucher im Gesamtmarkt ein Plus von ein bis zwei Prozent „durchaus realistisch“. Nach mehreren Jahren rückläufiger Verkaufszahlen von Bereifungen für motorisierte Zweiräder in Deutschland dürfte man sich darüber aber nicht nur bei Pirelli freuen.
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