Marangoni: „Wir brauchen den Reifengroßhandel“
Die Marangoni Tyre GmbH in Henstedt-Ulzburg (nördlich Hamburg) ist für den Vertrieb von Neureifen in den Märkten Deutschland, Österreich, Schweiz und Niederlande zuständig. Nicht überall in diesen Ländern mit totaler Flächenabdeckung, aber insgesamt mit sehr klaren Strukturen und auch was die Partner im Handel anbelangt mit einer übersichtlichen Anzahl. Schließlich ist Marangoni ein eher kleinerer Marktteilnehmer und das von Dirk Rohmann angeführte 3-Mann-Verkaufsteam tut gut daran sich nicht zu verzetteln.
Als relativ kleiner Marktteilnehmer hat man auch Vorteile. So findet eine Marke Marangoni auf dem grauen Markt praktisch nicht statt: In die Riege der großen „A“-Marken wie Michelin, Dunlop, Pirelli und Co. gehört Marangoni nicht; und wo Eigen- oder Exklusivmarken zum Portfolio internationaler Grossisten gehören bestünde die Gefahr von Kannibalisierungen.
Außerdem, weiß Rohmann, habe man zu den Vermarktungspartnern einen guten persönlichen Draht und diese Händler identifizieren sich teilweise schon langjährig mit der Italien-Marke, so dass Reifenschiebereien, wie sie ansonsten bei Geschäften von Großhändlern untereinander an der Tagesordnung sind, einfach so gut wie gar nicht stattfinden. Haben die Marangoni-Händler außer der Großhandelsfunktion auch noch einen Einzelhandel, so sind sie geradezu ideale Partner.
Marangoni-Reifen finden im Prinzip auf drei Wegen ihren Weg zum Endverbraucher: über das Hofgeschäft der Handelspartner, über das Wiederverkäufergeschäft von deren Filialen (sofern es nicht zentral gesteuert ist) und über deren regionale Großhandelsfunktion für zumeist kleinere Reifeneinzelhandelsbetriebe. Wie sich diese drei Vertriebswege prozentual aufteilen, kann Dirk Rohmann gar nicht genau sagen, ist es doch von Händler zu Händler unterschiedlich. Zumal in dem Kreis der Marangoni-Großhändler lediglich eine Adresse ist, die sich auf Großhandel beschränkt und keine eigenen Verkaufsstellen hat.
Alle Reifenhersteller haben unisono den Wunsch, dass ihre Marke im Verkaufsraum vom Kunden nachgefragt wird. Bei kleineren Marken ist das natürlich weitgehend Illusion und auch Rohmann weiß, dass Markenbekanntheit nicht zu den Pfunden gehört, mit denen er wuchern kann. Erfreulich aber, dass einige der Händler über die Jahre ihre Verkäufer in den Filialen zu wahren Marangoni-Fans gemacht haben. Es mag ja sein, dass eine Marke wie Marangoni nicht oder kaum nachgefragt wird, dafür wird sie aber von so manchem Verkäufer gerne und offensiv angeboten. Dass bei diesen Betrieben „Private Brands“ oder „Exklusivmarken“ von anderen Großhändlern einen schlechten Stand haben, ist eine Konsequenz.
Diese Art der Vermarktung ist dem Marangoni-Tyre-Geschäftsführer natürlich besonders sympathisch und er tut das Seine, dass es auch so bleibt. Zwar gibt es im Zeitalter des Online-Handels und der in den letzten Jahren perfektionierten Reifenlogistik (trotz der noch vorhandenen Hemmnisse, vier Reifen durch die Republik zu schicken) so etwas wie Gebietsschutz längst nicht mehr, aber Rohmann würde sich einhandeln, wenn er einen der guten Partner in deren Regionen brüskiert, indem er in die Versuchung gerät, mehrere Vermarkter zu installieren. Eine Art von „Abhängigkeit“ zu den Partnern sieht Dirk Rohmann zwar nicht, ihnen auf die Füße zu treten aber wäre dumm und wahrscheinlich kontraproduktiv. Also lässt er’s bleiben, blickt auf die Landkarte und entdeckt immer noch weiße Flächen. Denn es gibt auch in Deutschland noch Regionen, in denen Marangoni praktisch noch nicht stattfindet, beispielhaft nennt er den Raum Dresden/Leipzig.
Ein anderer Aspekt im Verhältnis seiner Organisation zu den Großhandelspartnern: Weil man sich seit Jahren so gut kennt, kann man auch sehr offen über alle Fragen sprechen. Tauchen bei einem Internetanbieter Marangoni-Reifen zu einem Preis auf, den sich auch Rohmann nicht erklären kann, dann spricht man offen darüber. Der Markt ist dank der neuen Medien so transparent geworden, dass man offen darüber diskutieren kann, was anders zu machen ist.
Marangoni eignet sich auch sehr gut für das Wiederverkäufergeschäft, das seit etwa ein, zwei Jahren wieder anzieht. Der Preis stimmt, das Produkt ist unkompliziert und macht daher keinen Ärger – also verkaufen es ein Lothar Kerscher (Eska) oder Manfred Tanski recht gerne an beispielsweise Kfz-Betriebe in ihren Einzugsgebieten weiter. Wobei – sagt Dirk Rohmann – er schon differenzieren müsse zwischen dem Winterreifen der Marke Marangoni und dem Sommerreifen, bei dem die preiswerten No Names aus Fernost die Preise immer weiter runterziehen. Erfreulicherweise sieht sein Verkaufsmix so aus, dass Marangoni im Wintersegment stärker ist als bei Sommerreifen.
Und es gibt einen weiteren Grund, warum Rohmann sagt: „Wir brauchen den Reifengroßhandel.“ Marangoni hat in Deutschland (noch) kein eigenes Reifenlager, wohl aber ist genügend Platz in den Hallen bei einer Firma Ruhdorfer in Österreich oder einer Firma RS Exclusiv in Neumünster. Über das „noch“ in diesem Satz denke man gerade nach, räumt der Geschäftsführer, der bei der Schwesterfirma Ellerbrock seine Büroräume hat, ein. Und dafür gibt es zwei Gründe: Einerseits sind auch die Großhandelspartner nicht unbedingt bereit, sich das lückenlose Programm der Marke aufs Lager zu legen. Und andererseits wird er immer mal wieder mit Anfragen konfrontiert, ob er nicht vier Reifen einer Größe bzw. eines Typs kurzfristig liefern könne. Ohne jegliches Lager hat die Marangoni Tyre GmbH jedenfalls keinerlei Flexibilität, um darauf umgehend reagieren zu können – und Rohmann ist doch jeder einzelne Kunde wichtig.
Außerdem: In den letzten Jahren ist die Reifenindustrie – welchen Namens auch immer – vermehrt dazu übergegangen, die Frage der Warenverfügbarkeit an den Reifengroßhandel zu delegieren. Wenn wie in der abgelaufenen Saison reichlich Winterreifen in den Lägern der Großhändler liegen bleiben, versuchen diese natürlich auch, bei jeder Reifenmarke den Lagerbestand zu verringern. „Das trifft dann auch uns“, klagt Rohmann, obwohl die Winterreifenmarke Marangoni wahrscheinlich überproportional abverkauft worden ist.
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