Tronchetti Provera schmeißt hin
Nach tagelangen Querelen und nach einem durch Ministerpräsident Prodi öffentlich ausgetragenen Disput hat Marco Tronchetti Provera seinen Rücktritt als Chef der Telecom Italia erklärt. Zunächst hatte Tronchetti die Übernahme von TIM (der italienischen Mobilfunkgesellschaft) und deren Integration in Telecom Italia als großen strategischen Wurf deklariert. Letzte Woche allerdings stellte sich heraus, dass Tronchetti Provera nunmehr einer Aufspaltung der Bereiche Festnetz und Mobilfunk den Vorzug geben wollte, was nicht nur eine völlige Änderung der bisherigen Strategie bedeutet, sondern von der Finanzwelt als Reparatur eines großen früheren Fehlers bezeichnet wird. Ministerpräsident Prodi, der sich der Öffentlichkeit viele Jahre als überzeugter Europäer zu präsentieren trachtete, will heute mit aller Macht nur noch verhindern, dass TIM oder Telecom Italia unter ausländische Kontrolle gerät und er werde, so die Andeutungen, auch die in den Händen der Regierung befindliche „Goldene Aktie“ zu diesem Zweck einsetzen. Der Aufsichtsrat soll Tronchetti bestürmt haben, im Amt zu bleiben, was dieser jedoch kategorisch abgelehnt haben soll. Sein Nachfolger Guido Rossi, der Jurist ist bereits 75 Jahre alt, will aber dem Vernehmen nach an der neuen Strategie festhalten. Tronchettis Schritt kann kaum als Machtverzicht interpretiert werden. Er ist und bleibt dank Pirelli der einzig wahrnehmbare und bedeutende Aktionär; ohne sein Plazet läuft bei der Telecom Italia auch zukünftig nichts, sodass er sich mit seinem Rücktritt als CEO nun erst die Voraussetzung geschaffen hat, das – und nun indirekt – durchsetzen zu können, was er für notwendig hält. Viel Spielraum bleibt dem Telefonkonzern wegen seiner Schulden in Höhe von circa 41 Milliarden Euro, „Goldene Aktie“ der Regierung hin oder her, sowieso nicht.
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