Runderneuerer bleiben zuversichtlich
Der russische Lkw-Reifenmarkt hat mittlerweile eine Größe von etwa zwölf Millionen Einheiten. Mit den – zumindest in den Metropolregionen – langsam besser werdenden Straßenverhältnissen sowie dem Einzug westlicher Produkte und Technologie kommt auch die Runderneuerungsbranche langsam in Fahrt. Dabei nimmt nicht nur die Nachfrage insgesamt deutlich zu, auch die Lkw-Reifen, die in Russland und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion heute runderneuert werden, sind immer weiter verbreitet. Ein Problem bleibt: Karkassen müssen in der Regel importiert werden, da Lkw-Reifen aus russischer Fertigung nach allgemeiner Auffassung westlicher Experten immer noch nicht zur Runderneuerung taugen.
Laut Marco Mandrioli, neuer Geschäftsführer der Ellerbrock Reifenrunderneuerungs-Technologie GmbH, sowie Sales Director Christian Asmuth, hat sich die russische Runderneuerungsbranche im vergangenen Jahr in mehrfacher Hinsicht weiterentwickelt. So sei die Marktnachfrage in 2005 auf etwa 300.000 runderneuerte Lkw-Reifen angestiegen, so der Sales Director im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Detaillierte Marktstatistiken seien allerdings nicht verfügbar. Gleichzeitig sei die Anzahl der direkt in Russland gefertigten Runderneuerten ebenfalls gestiegen auf mittlerweile rund 35 Prozent, also etwa 100.000 Einheiten. Im vergangenen Frühjahr beliefen sich die Schätzungen über das Jahr 2004 noch auf knapp 50.000 runderneuerte Lkw-Reifen aus russischen Anlagen. Wenn diese Zahlen stimmen, hat sich die lokale Produktion also innerhalb eines Jahres verdoppelt.
Die überwiegende Mehrheit der in Russland für ein zweites Leben runderneuerten Lkw-Reifen wird mit vorgefertigten Laufstreifen belegt, also kaltrunderneuert. Heißrunderneuerungen werden zwar auch noch durchgeführt, hauptsächlich aber mit in Russland immer noch weit verbreiteten 20-Zoll-Reifen. „Diese verschwinden aber langsam vom Markt“, so Asmuth. In diesem Markt sieht sich Marangoni Tread gemeinsam mit dem Tochterunternehmen Ellerbrock deutlich als Marktführer an. Laut Marco Mandrioli, der im vergangenen Jahr zu Marangoni kam, werde jede zweite Kaltrunderneuerung in Russland mit den Laufstreifen des italienischen Konzerns belegt. Innerhalb des vergangenen Jahres habe man den Umsatz in der gesamten Region (Russland, Ukraine, Weißrussland, Baltikum) sogar verdoppelt. Bei Marangoni und Ellerbrock gedenkt man, auf diese erfolgreiche Bilanz aufzubauen.
Für Runderneuerungsbetriebe, die neu am russischen Markt agieren, seien die Profil-Liner-Laufstreifen mittlerweile gängige Produkte, sagen Mandrioli und Asmuth. Darüber hinaus habe man aber auch bereits Runderneuerer, die nach dem patentierten Ringtread-Verfahren arbeiten können. Neben einem Betrieb in Russland gehören noch zwei weitere Betriebe in der Ukraine dazu. „Die Nachfrage auf dem russischen Markt ist da“, so Asmuth weiter.
Dass die Nachfrage nach runderneuerten Lkw-Reifen in Russland zunimmt, zeige sich auch an der zunehmenden Anzahl professionell und für den Markt arbeitenden Runderneuerungsbetrieben. Laut Marangoni und Ellerbrock sind mittlerweile 14 solcher Betriebe in Russland ansässig, während dies vor etwa einem Jahr noch elf waren. „Es ist dieser jüngste Trend, der wichtig ist“, betont Geschäftsführer Mandrioli. Es gebe zwar noch weitere Anlagen in Russland, nur gelangen die dort entstehenden Reifen nicht auf den Markt, sondern werden vom Hersteller selbst genutzt, zumeist im eigenen Fuhrpark bei Speditionen. Die 14 bekannten Runderneuerer fertigten „eine bedeutende Anzahl runderneuerter Reifen an, die in der Region vertrieben werden“, so die statistische Eingrenzung laut Ellerbrock.
„Der größte Engpass ist immer noch die Verfügbarkeit von runderneuerbaren Karkassen“, meint Christian Asmuth. Es müsse immer noch ein Großteil importiert werden; große Runderneuerer seien nun dazu übergegangen, auch im Karkassenhandel aktiv zu werden. Immerhin: „Die Situation wird ein wenig besser.“ Russische Lkw-Reifen werden unter Experten wie Asmuth immer noch nicht als runderneuerbar angesehen.
Auch für das Gummiwerk Kraiburg Austria hat sich im vergangenen Jahr das Geschäft mit Runderneuerungen in Russland und den Staaten der Region deutlich verbessert. Wie Robert Renner sagt, konnte der Umsatz um satte 20 Prozent gesteigert werden – ein „Rekordjahr“ für das österreichische Unternehmen, so der Area Sales Manager. Allerdings sei das Jahr 2004 schwächer als das Jahr 2003 gewesen, so dass das Wachstum etwas relativiert werden sollte. Derzeit zählt man in Russland drei Runderneuerungsbetriebe zum Kundenkreis. Dabei konnten gerade im vergangenen Jahr zwei neue Kunden in Russland hinzugewonnen werden, worin Renner eine „gute Perspektive“ für den Materiallieferanten sieht. Man sieht zwar auch bei Kraiburg eine wachsende Anzahl von Runderneuerungsbetrieben in Russland – man rechnet mit bis zu 20 potenziellen Kunden –, „die meisten arbeiten allerdings auf dem Niveau von Garagenbetrieben“. Darunter seien einige Betriebe, die entweder nur für die eigene Lkw-Flotte oder für zwei, drei Kunden fertigen.
Dabei sei die Nachfrage auf dem russischen Markt zwar da, so Robert Renner. Das Marktwachstum werde aber hauptsächlich durch zunehmende Importe angetrieben, die heimischen Hersteller hätten ihre Produktionsvolumina gesteigert, allerdings nicht im selben Umfang wie die Gesamtnachfrage. Eines der Probleme seien die Karkassen, die in Russland nur zu einem gewissen Anteil im Land selbst verfügbar seien. Durch den wachsenden Import von neuen Lkw-Reifen wird allerdings auch die Verfügbarkeit runderneuerungsfähiger Karkassen steigen. In jedem Fall, so erkennt der Area Sales Manager, kommen in Russland heute „viel mehr Kunden mit Runderneuerung in Bewegung“ – Nachfrage folgt dem Angebot folgt der Nachfrage.
Nicht ganz so positive Nachrichten kommen dieser Tage von Bandag. Wie auf der Tires & Rubber bekannt wurde, hat Bandag (stellte gemeinsam mit der Kargro-Gruppe aus) Ende Februar einen seiner drei Franchisenehmer in Russland verloren. Das Unternehmen „Good Wheels“ in St. Petersburg hat pro Jahr etwa 18.000 bis 20.000 Lkw-Reifen runderneuert, so Luc Slembrouck, Business Development Manager bei Bandag und verantwortlich für die GUS-Staaten. Der auf fünf Jahre ausgelegte Vertrag sei nach einem Jahr von Bandag aufgekündigt worden, so Slembrouck am Rande der Tires & Rubber in Moskau: „Die hatten einen anderen Ansatz als wir und wir mussten uns von ihnen trennen.“ Laut Bandags Franchisesystem-Verträge darf ein Runderneuerer in der Regel kein weiteres Kaltrunderneuerungsverfahren anbieten. Nun sei der St. Petersburger Runderneuerungsbetrieb Kunde des Wettbewerbs. Dieser Rückschlag auf dem russischen Markt solle laut Luc Slembrouck nicht dazu führen, dass es Anpassungen am Ansatz für die Vermarktung der eigenen Produkte und Dienstleistungen geben werde. Dennoch habe der amerikanische Konzern im vergangenen Jahr eine so genannte „Value Line“ unter dem Bandag-Markennamen eingeführt. Diese kostengünstigeren Runderneuerungen seien besonders dort passend, wo harte Umweltbedingungen auch einen qualitativ hochwertigen runderneuerten Reifen vorzeitig zerstören.
Dennoch, in Russland werden mehrheitlich Runderneuerungen der Premium-Linie durchgeführt. Derzeit hat Bandag noch zwei Franchisenehmer im Land, einen in Wladiwostok (betreibt laut Bandag bereits 15 Outlets) sowie einen in Briansk. Zusammen produzieren beide Unternehmen rund 15.000 Runderneuerungen pro Jahr, so dass Bandag für etwa 15 Prozent der russischen Produktion verantwortlich sein. Luc Slembrouck gibt sich zuversichtlich: „Wir stehen mit drei Unternehmen derzeit in engen Verhandlungen. Sie werden wahrscheinlich zum Ende des Jahres die Verträge unterzeichnen.“ Sollte sich diese Erwartungen umsetzen lassen, werde Bandag die Anzahl seiner Runderneuerungen in Russland um rund 50 Prozent steigern können.
Ein Unternehmen, das sich neuerdings ebenfalls um den russischen Markt bemühen will, ist die Reifen Ihle GmbH. Der Runderneuerer aus dem schwäbischen Günzburg war in diesem Jahr erstmals auf der Tires & Rubber in Moskau vertreten. Man wolle das „Feld sondieren“, so Thomas Wurst. Bisher habe man noch keinen der nach dem Rigdon-Verfahren runderneuerten Lkw-, OTR- oder Pkw-Reifen nach Russland verkauft. Dies werde sich aber zum Jahresende ändern, nachdem man erst Anfang März die notwendigen Zulassungen für eine Vermarktung in Russland erhalten habe. Man setze auf die wachsende Nachfrage des weitest gehend „unbegrenzten Reifenmarktes“. Erst im vergangenen Jahr, bestätigt auch Alexander Borowski vom Ihle-Importeur Chemplast im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG, sei die Nachfrage um „20 bis 30 Prozent auf bis zu 300.000 runderneuerte Reifen“ gestiegen. Und Qualitätsrunderneuerungen wie etwa nach dem Rigdon-Verfahren ließen sich in Russland zur Hälfte des Preises vermarkten, der auf dem Markt für neue Michelin-Lkw-Reifen verlangt werden, der Benchmark.
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