„Speed-Grip“ löst zum Herbst den Semperit „Sport-Grip“ ab
Im Handel erhältlich wird er zwar erst im Herbst dieses Jahres sein, aber vorgestellt hat Hersteller Continental den neuen „Speed-Grip“ seiner Marke Semperit schon jetzt. Bei der Präsentation auf dem Conti-Testgelände im nordschwedischen Arvidsjaur konnte sich die Fachpresse vorab ein Bild von dem neuen Winterreifen machen, der für Fahrzeuge der Mittel- und Oberklasse konzipiert wurde und den 2001 eingeführten „Sport-Grip“ ablöst. „Ab August wird der Reifen für den Handel verfügbar sein“, so Semperit-Markenmanager Jan Kruse. Schon vom Produktionsstart an soll die Dimensionspalette fast 45 verschiedene Ausführungen umfassen und daher fast 100 Prozent der im angepeilten Fahrzeugsegment vertretenen Reifengrößen abdecken.
Bei der Entwicklung des Reifens hat man eigenen Angaben zufolge auf einen breiten Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Schließlich kam 1936 und damit vor genau 70 Jahren der weltweit allererste Winterreifen namens „Goliath“ aus einer der Vulkanisationspressen des Werkes Traiskirchen (Österreich) der damaligen „Semperit österreichisch-amerikanische Gummiwerke AG“. Die hat zwar bis heute ebenso wenig überlebt wie die Reifenproduktion an dem Standort selbst, doch der Markenname ist unter dem Conti-Dach erhalten geblieben. Kruse beschreibt die „Architektur der Marke“ mit dem Begriff „alpenbewährt“, was schon einmal prinzipiell einen Hinweis in Richtung guter Fahreigenschaften auf winterlichen Straßen geben soll. Obwohl Kruse die Marke nicht auf das Wintersegment reduziert sehen will, denn Sommerreifen hat man ja ebenfalls im Angebot. Nichtsdestotrotz wolle man mit dem neuen Reifen an die „Tradition der Semperit-Winterreifen anknüpfen, die auch unter alpinen Witterungsbedingungen ein Maximum an Fahrsicherheit gewährleisten“.
Und insbesondere bei den Reifen für die kalte Jahreszeit erwartet der Hersteller weiteres Marktwachstum: Prognostiziert wird für dieses Jahr ein europaweiter Absatz von 45 Millionen Stück, der in den kommenden vier Jahren zudem auf gut 52 Millionen steigen soll. Als Gründe dafür werden ein zunehmendes Sicherheitsbedürfnis der Verbraucher auf winterlichen Straßen sowie gesetzliche Regelungen wie etwa die Ende vergangenen Jahres festgeschriebene Änderung der Straßenverkehrsordnung in Deutschland oder sogar in Form einer Winterreifenpflicht wie in anderen Staaten Europas genannt. Innerhalb dieses Szenarios wird davon ausgegangen, dass das Marktwachstum bei Winterreifen regional unterschiedlich ausfallen wird: Während in der Bundesrepublik ein Anstieg um rund eine Million Reifen innerhalb den nächsten vier Jahren auf gut 21 Millionen Stück erwartet und für die Schweiz eine Zunahme um rund 300.000 Stück auf gut 3,1 Millionen Reifen vorhergesagt wird, ist bezüglich des österreichischen Marktes von einer „Stabilisierung auf hohem Niveau“ die Rede. Nach Angaben des Reifenherstellers wurden 2005 in der Alpenrepublik drei Millionen Winterreifen abgesetzt – 2009 sollen es 3,3 Millionen sein.
Wachstumsmotor dabei seien vor allem Reifen mit Freigaben für Geschwindigkeiten von bis zu 210 beziehungsweise 240 Kilometern pro Stunde (H- bzw. V-Index). Wurden im vergangenen Jahr circa neun Millionen dieser „schnellen Winterreifen“ in Europa abgesetzt, erwartet man bis 2009 einen Anstieg auf rund 13 Millionen Einheiten. Allein in Deutschland wird mit einem Nachfrageanstieg von derzeit 4,3 auf 4,8 Millionen Reifen im Jahr 2009 gerechnet, für Österreich geht man von einer Steigerung von 420.000 auf 700.000 Reifen aus und in der Schweiz soll der Markt für die H- bzw. V-markierten Winterreifen von den 2005 verkauften 570.000 Einheiten bis 2009 auf jährlich 740.000 Stück anwachsen. Eine stark anziehende Nachfrage nach Winterreifen mit einer Freigabe für Geschwindigkeiten jenseits der Marke von 210 Kilometern pro Stunde prognostiziert man insbesondere auch für die osteuropäischen Länder, sodass sich der Hersteller mit dem überwiegend mit H- und V-Kennung produzierten Semperit „Speed-Grip“ gut vorbereitet wähnt. Zumal bei diesem Reifen die – so Kruse – „vielfältigen Kundenanforderungen an einen Winterreifen“ mit in die Entwicklung eingeflossen seien.
Der von einer Umfrage (Isi-Studie 2003) her bekannten Verbrauchererwartungen wurde seinen Worten zufolge bei der Erstellung des Lastenheftes für den neuen Reifen entsprechend Rechnung getragen. Ganz oben auf der Liste standen dabei demzufolge Sicherheit auf Schnee und Eis, gute Fahreigenschaften auf nassen und trockenen Straßen gleichermaßen sowie Wirtschaftlichkeit, während Parameter wie Fahrkomfort, Marke oder der Preis eher hintere Plätze belegten. Unter guten und sicheren Fahreigenschaften auf winterlichen Straßen versteht man bei Semperit nicht nur Traktion für das Anfahren und Bremsen, sondern darüber hinaus, dass der Reifen hohe Seitenführungskräfte bei Kurvenfahrten aufbauen kann. Auf nassem Asphalt müsse wirkungsvoll dem Aquaplaning vorgebeugt werden, und Schneematsch dürfe den Reifen ebenfalls nicht vor Probleme stellen, erklärt Kruse detaillierter, was die Verbraucher heute von einem modernen Winterreifen verlangen. „Und auf trockener Straße werden kurze Bremswege und gutes Handling erwartet“, ergänzt der Semperit-Markenmanager.
Um alle diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen und in den relevanten Leistungskriterien noch einmal gegenüber dem Vorgänger zuzulegen, wurde an mehreren Stellen gleichzeitig angesetzt. „Einen wichtigen Beitrag zu den verbesserten Fahreigenschaften des ‚Speed-Grip’ auf verschneiten und vereisten Straßen liefert vor allem die neuartige Netzlamellentechnik, die bei diesem Reifen verwendet wurde. Zusätzlich wurde das Profildesign auf dynamische Handlingeigenschaften auf trockener Straße und gute Wasserableitung bei Regenfahrten ausgelegt“, erläutert Stefan Heine, bei Continental unter anderem verantwortlich für die Winterreifenentwicklung für die Marke Semperit. Bezüglich der Traktion auf Schnee soll der Neue im Vergleich mit dem Vorgängermodell um drei Prozent besser sein, für die Seitenführung wird ein Plus von vier Prozent angegeben. Für die um vier Prozent kürzeren Bremswege auf nasser Straße machen die Entwickler vor allem die Verwendung einer neuen Mischung bei dem „Speed-Grip“ verantwortlich, und der Aquaplaningschutz konnte demzufolge sogar um sechs Prozent gegenüber dem „Sport-Grip“ angehoben werden.
Neu ist jedoch nicht nur die Mischung des aktuellen Semperit-Reifens, sondern insbesondere die bei ihm erstmals verwendete Netzlamellentechnologie, die gute Traktionswerte beim Anfahren und Bremsen mit hoher Seitenführung auf Schnee kombinieren soll. „Die hohe Flexibilität der Netzlamelle in Quer- und Längsrichtung resultiert in einer hervorragenden Seitenführung sowie einem verbesserten Schneegrip“, erklärt Stefan Heine. „Unter Belastung – also etwa beim Anfahren/Bremsen oder bei der Kurvenfahrt – bildet sich eine Vielzahl von Griffkanten, die für einen Verzahnungseffekt mit dem Untergrund sorgen. Dabei ist die Zahl der Griffkanten im Vergleich zur konventionellen Sinuslamelle deutlich höher“, fügt er hinzu. Doch die höhere Zahl der Griffkanten komme nicht nur beim Fahren auf Schnee zum Tragen, sondern auf nassen oder vereisten Fahrbahnen. Denn je mehr Kanten vorhanden sind, desto öfter wird unter beiden Bedingungen der Wasserfilm zwischen Reifen und Fahrbahnoberfläche durchtrennt, sodass letztendlich mehr Gummi in Kontakt mit der Straße komme und so die Haftung erhöhe.
Um einen höheren Griplevel zu erreichen, statteten die Entwickler der „Speed-Grip“ im Schulterbereich außerdem noch mit einer hohen Anzahl von Profilblöcken aus. „Der ‚Speed-Grip’ weist rund 25 Prozent mehr Schulterblöcke auf als der Durchschnitt der meisten Wettbewerber“, sagt Heine. Auch dies führe dazu, dass sich unter Belastung eine entsprechend höhere Anzahl von Griffkanten ausbilde. Als weiterer positiver Effekt dieser Konstruktion wird die Ausbildung einer Vielzahl von Kanälen im Schulterbereich genannt, die das Wasser bei Regenfahrten schnell aus der Aufstandsfläche ableiten könnten und auf diese Weise das Aquaplaningrisiko verringerten. Ein Effekt, der laut Heine außerdem noch durch die Laufrichtungsbindung des Reifenprofils unterstützt wird.
Was bei schneebedeckten, vereisten oder auch nur nassen Fahrbahnen von Vorteil sein mag, ist bei trockenen Straßen eher kontraproduktiv. Für gute Fahreigenschaften im Trockenen sind nämlich eher stabile Profilblöcke bzw. eine hohe Profilsteifigkeit gefordert. Als Ausweg aus diesem Dilemma setzte man bei Semperit auf ein durchgehendes Mittelband im Zentrum der Lauffläche – Heine spricht in diesem Zusammenhand von einer „lamellenfreien Zone“. Die daraus resultierende Längssteifigkeit sorge für verkürzte Bremswege, während den stabilen Blöcken im Mittelbereich des Reifens eine hohe Quersteifigkeit attestiert wird, die zu einer präzisen Lenkansprache sowie einer hohen Spurstabilität beitrage. Um die Blockbewegung beim Kurvenfahren zu verringern, sind die Netzlamellen des Weiteren im Schulterbereich in stabile Profilelemente ohne Lamellierung – so genannte „Stützmauern“ – eingebettet.
Durch eine den einzelnen Profilblöcken angepasste Lamellendichte wollen die Semperit-Entwickler darüber hinaus eine gleichmäßige Profilsteifigkeit über die gesamte Breite und den gesamten Umfang des Reifens erreichen. Denn damit verbindet man einen gleichmäßigen Abrieb. „Und ein gleichmäßiger Abrieb ist der Schlüssel zu einer hohen Laufleistung und trägt folglich dem Kundenwunsch nach Wirtschaftlichkeit Rechnung“, meint Stefan Heine. Seinen Worten zufolge soll der neue „Speed-Grip“ bezüglich der Laufleistung daher um nicht weniger als etwa 15 Prozent besser sein als sein Vorgänger, der durch den neuen Reifen komplett ersetzt wird. „Zusammen mit unserem ‚Winter-Grip’ wird die Marktabdeckung im Wintersegment bei 98,7 Prozent liegen, wenn der ‚Speed-Grip’ ab August für den Handel verfügbar ist“, sagt Jan Kruse. Zu Preisveränderungen gegenüber dem Vorgänger „Sport-Grip“ soll es trotz der verbesserten Leistungswerte des neuen Reifens nach seinen Angaben nicht kommen.
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