Goodyear: F und E in Europa als Wettbewerbsfaktor
Rund 1.000 Techniker, Ingenieure, Physiker und Chemiker sind im F&E-Center – intern als GTC-L bezeichnet, Goodyear Technical Center Luxemburg – tätig. Dieses Center ist für Entwicklungen und Produkte weltweit zuständig mit Ausnahme von Nord- und Südamerika (GTC Akron) und Japan. Im Rahmen eines Jointventures ist Goodyear dort mit Sumitomo Rubber Industries liiert. Es verbleibt für das GTC-L somit die gesamte Region Europa, Mittlerer Osten, Fernost, Australien/Neuseeland und Afrika. Entsprechend international sollte die Belegschaft sein. Auf den ersten Blick ist es auch so. Doch bei etwas genauerem Hinsehen stellt man fest, dass die Internationalität sich dadurch ausprägt, dass schon mal rund 70 Prozent der Belegschaft aus Benelux rekrutiert sind. Deutschland, der größte Markt im Reich des GTC-L und der weltweit mit Abstand wirtschaftlich erfolgreichste, geht in dieser Betrachtung mit gerade mal drei Prozent allerdings ziemlich unter. Dass dort nicht mehr fähige Ingenieure, Chemiker und Physiker zu finden sind, muss auch deshalb überraschen, weil die deutsche Automobilindustrie europaweit den Ton angibt.
Ansonsten aber dürfte das GTC-L eine Einrichtung sein, die ihresgleichen weltweit sucht bzw. keinen Vergleich scheuen muss. Es bietet sich zudem auch die Chancedem inzwischen pensionierten und zuletzt glücklos agierenden CEO Gibara Dank zu sagen dafür, dass er in seiner Zeit Erweiterungen zuließ, so dass Teststrecken erweitert und zusätzliche Labore gebaut werden konnten.
Der selbst gesetzte Anspruch in Luxemburg ist sehr hoch, denn man will nicht nur Produkte in den Markt bringen und damit Erfolge feiern, sondern die neu entwickelten Reifen sollen stets die Erwartungen der Kunden noch übertreffen. Es ist mehr als legitim, sich ein solches Ziel zu setzen. Dabei sind die Aufgaben sehr vielfältig. Im Verantwortungsbereich des GTC-L generiert der Konzern immerhin einen Umsatz von fast fünf Milliarden US-$. Mehr als 30 Fabriken hängen von der Unterstützung durch Luxemburg ab. Und es geht nicht allein darum, von Zeit zu Zeit neue Produkte einzuführen, sondern auch für die längst im Markt befindlichen Reifen die weitere Akzeptanz und Produktqualität stets zu gewährleisten. Wie vielfältig die Anforderungen sind, sei mit dem Hinweis darauf beantwortet, dass nicht allein Personwagenreifen zu entwickeln sind, sondern auch Nutzfahrzeug- und Landwirtschaftsreifen. Das funktioniert auch deshalb, weil die Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen des Konzerns untereinander ein Netz gebildet haben, dem nicht allein die konzerneigenen Center angehören sowie das von Sumitomo, sondern angeschlossen sind auch fremde Partner, so Automobilfirmen, Spezialprojekte und Universitäten. Mehr als nur erwähnenswert ist die Zusammenarbeit mit den dem US-Staat gehörenden SANDIA-Laboratorien. Von besonderem Wert ist dabei ein Computersystem, das seinen Ursprung im militärischen Bereich der Vereinigten Staaten von Amerika hatte, auf das Goodyear zugreifen kann und das nach Jean Berghs Überzeugung wegen seiner großen Leistungsfähigkeit und Schnelligkeit dem Reifenkonzern einen wirklichen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz sichern kann. Die Rede ist in Luxemburg an allen Ecken und Enden von großen Supercomputern, deren Rechengrößen in Giga Flops und der Speicherkapazitäten in Terabytes (1000fache Gigabytes) gemessen werden.
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