Reifen Schwarz: Fortgesetztes Rätselraten
Wie sich inzwischen herauskristallisiert, verlief die Schwarz-Gläubigerversammlung letzten Donnerstag noch weitaus frustrierender als bisher bekannt geworden ist. Und insbesondere der in der Gläubigerversammlung von Theres Schwarz indirekt erhobene Vorwurf mangelnder Unterstützung durch die großen Reifenlieferanten erweist sich im Nachhinein als schwerer taktischer Fehler und zwar deshalb, „weil gerade dieses Unternehmen in der Vergangenheit bereits“ – so ein Großgläubiger – „mit unserer Hilfe nun wirklich mehr als nur ein einziges Mal vom Schlingerkurs in ruhigeres Fahrwasser gezogen worden ist.“ Wie schon berichtet, behauptete Schwarz-Anwalt Sallek zwar, ein Sanierungskonzept zu haben, doch könne er dies zur Zeit noch nicht vorlegen, weil es ansonsten anderentags in der Presse stünde. Doch damit könnten sich alle noch vorhandenen Chancen, doch noch eine Schwarz-Nachfolgegesellschaft auf die Beine stellen zu können, trotz gegenteiliger optimistischer Schlagzeilen in der örtlichen Presse zerschlagen haben.
„Wir sind zum wiederholten Mal nach Passau gekommen und haben wiederum nichts gehört, alles nur vage, vielleicht und gegebenenfalls. Also, reine Zeitverschwendung. Und mit jedem Tag, an dem in den Niederlassungen nicht gearbeitet wird, verschlechtert sich unsere Quote.“ So deutlich äußerte sich ein Gläubigervertreter, der namentlich nicht genannt werden möchte, gegenüber der Neue Reifenzeitung und fügte hinzu: „Was wir bisher alles den Passauer Tages- und Sonntagszeitungen (Passauer Neue Presse, Am Sonntag, Redaktion) entnehmen konnten, stammt doch von der Schwarz-Geschäftsführung selbst, deren Auskunftsfreudigkeit trotz mehrerer Anmahnungen zur Zurückhaltung in der Öffentlichkeit nicht nachgelassen hat. Und nun kann also über ein Sanierungskonzept mit Hinweis auf die Presse nicht gesprochen werden? Warum waren wir eigentlich da?“ Und was Gläubigern absolut sauer aufstößt ist dies: Der Schuldner (Reifen Schwarz/Familie Schwarz) müsste ein Sanierungskonzept vorlegen, doch die Schuldner haben es bisher stets so nach außen dargestellt als habe „die Reifenindustrie“ ein solches Konzept, so dass im Falle des Scheiterns der „Schwarze Peter“ an die Gläubiger ausgegeben werden könnte. Doch von Schlagzeilen wie in der Passauer Neue Presse vom 20.12.: „Gläubiger von Reifen Schwarz machen Neustart zum Jahresbeginn möglich. Endgültiges Konzept wird in den nächsten Tagen fixiert – Ab 1. Januar rollen Reifenlieferungen an – Entgangenes Wintergeschäft hat viel Geld gekostet.“ will sich nicht mehr jeder Gläubiger unter Druck setzen lassen.
Schwarz-Anwalt Sallek konnte den Gläubigern wieder einmal nur ein sehr grobes Bild verschaffen. Offensichtlich sollte ein freiwilliger Vergleich versucht werden, in dem die kleineren Gläubiger voll befriedigt werden und den Großgläubigern eine Quote von circa 40 Prozent in Aussicht gestellt worden ist. Zu einer detaillierten Erläuterung hinsichtlich dieser Quote soll es aber gar nicht erst gekommen sein, vielmehr sei im Dunkeln geblieben, woher das Geld kommen sollte. Zwar sollen insbesondere die Bridgestone-Vertreter auf mehr Klarheit bestanden haben, doch auch Vertretern anderer Gläubiger schwante schnell, dass auch nach dieser erneuten Runde wieder keine positiven Nachrichten mit nach Hause zu nehmen waren. Deutlich soll aber geworden sein, dass es zu dem angestrebten außergerichtlichen Vergleich nicht kommen kann. Wenn das so ist, stellt sich die Frage, ob und wie der jetzige Alleininhaber der Firma Schwarz, „Hardy“ Schwarz, um einen Insolvenzantrag herumkommen will.
Zur Höhe der gesamten Verbindlichkeiten hatte Theres Schwarz vor etwa zwei Wochen der Passauer Neuen Presse mitgeteilt, die öffentlich genannten 25 Millionen Euro seien bei weitem zu hoch angesetzt. Das scheint nicht ganz falsch zu sein. Zwar sollen die Verbindlichkeiten weit, sehr weit über 30 Millionen Euro hinausgehen, doch stehen diesen Verbindlichkeiten Kundenforderungen entgegen. Doch selbst unter positiven Annahmen verbleiben knappe 20 Millionen Euro an Schulden.
Derzeit sind die Schwarz-Niederlassungen zwar geöffnet, aber kein Reifenhersteller liefert, so dass sich das Unternehmen mit der Vermarktung runderneuerter Reifen aus eigener Produktion (Respa) begnügen muss. Das ist sowieso keine Dauerlösung. Sollte Schwarz Insolvenz anmelden, fielen die Forderungen der Respa ohnehin in die Insolvenzmasse.
Dass eine von Thomas Schwarz gegründete Reifenhandelsgesellschaft, in welcher Rechtsform auch immer, noch als so etwas wie eine Auffanggesellschaft für die Altfirma in Erscheinung treten kann, gilt seit letztem Donnerstag allen anderen öffentlichen Bekundungen zum Trotz als eher unwahrscheinlich. Zwar schließen Gläubiger eine Prüfung eines vorzulegenden Konzeptes nicht aus, wohl aber kategorisch eine Gewährung einer weiteren Finanzspritze. Die Zeit rennt gegen die Interessen der Familie Schwarz, aber auch gegen die Interessen der Gläubiger. Erfahrene Beobachter und Fachleute sehen im Grunde nur noch zwei Möglichkeiten. Erstens: Bridgestone kommt mit dem ursprünglich vorgelegten Konzept zum Zuge. Dann würden die Gläubiger nur eine kleine Quote bekommen, aber immerhin eine Quote. Dem steht allerdings entgegen, dass Bridgestone bereits vor Wochen erklärt hatte, es müsse nur sehr schnell gehen, anderenfalls habe man kein Interesse mehr an einer völligen Übernahme. Die nun schon wochenlange Agonie hat das Unternehmen nicht attraktiver gemacht. Oder zweitens: Die Reifenhandelsgesellschaft wird zerschlagen. Das verspricht auf den ersten Blick eine bessere Quote, allerdings könnte es auf der Kostenseite zu unangenehmen Überraschungen kommen. Eine dritte Möglichkeit wäre schon eine ziemliche Überraschung.
Nachdem Vermieter von Schwarz-Niederlassungen seit zwei Monaten und teils wohl auch länger keine Pachten mehr bekommen haben, stehen die Türen für andere Interessenten weit offen. Wie zu hören ist, sollen bereits seit einiger Zeit Verhandlungen zwischen den Verpächtern auf der einen und Abgesandten von Handelsketten sowie von interessierten freien Reifenhändlern auf der anderen Seite laufen.
klaus.haddenbrock@reifenpresse.de
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