Die Zukunft bietet keinen Platz für Einzelkämpfer
Der 20-jährige Geburtstag der Goodyear-Dunlop Handelssysteme (GDHS) gab den Partnern des Premio Reifen-Service‘ anlässlich der diesjährigen Partnertagung eine passende Gelegenheit, sich intensiv mit der Vergangenheit und natürlich mit der Zukunft zu befassen – dieses Tagungsziel spiegelt sich auch in der Stadt wider, in der die rund 100 Premio-Partner plus Anhang zusammen kamen: Dresden. Der Wandel hat die Partner seit der Gründung der Kooperation begleitet, und der Wandel muss die Partner auch weiterhin begleiten, wenn sie auch in Zukunft zum Benchmark im Reifenhandel gehören wollen, so das Fazit der dreitägigen Veranstaltung. Vertreter der GDHS, des Mutterkonzerns sowie der Kooperation selbst stimmten Premio auf weiteres Wachstum ein, das die Position der Partner trotz steigender Konkurrenz als Produkt- und Dienstleistungsspezialisten am Markt festigen soll; es gehe um die Vorherrschaft im deutschen Reifenhandel.
Gleich zu Beginn des offiziellen Teils der Tagung im „Alten Schlachthof“ in Dresden skizzierte GDHS-Geschäftsführer Goran Zubanovic die aktuelle Situation im deutschen Reifenhandel. Wollten die heute rund 120 Premio-Partner der zunehmenden Konzentration und Blockbildung im Handel erfolgreich begegnen, müsse die Kooperation weiter wachsen. Zubanovic in Anlehnung an einen namhaften italienischen Schriftsteller: „Es muss sich alles ändern, damit alles bleibt wie es ist.“ Die zehn Zu- und sechs Abgänge während des vergangenen Jahres dürften da nicht ausreichen, denn es komme nicht nur auf ein mengenmäßiges Wachstum der Kooperation an. Die Sortiments- und Dienstleistungsebene, also das angebotene Gesamtpaket, sei in Zukunft viel wichtiger. Man dürfe nicht einfach erwarten, dass die Zukunft eine Fortsetzung der Vergangenheit sei, so Zubanovic, schließlich ruhe die strategische Positionierung des Wettbewerbs am Markt auch nicht.
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für ein konkurrenzfähiges Fortbestehen der Kooperation sieht Premio-Leiter Ulrich Pott in der Fortentwicklung der Leistungsbausteine der Goodyear-Dunlop Handelssysteme, darunter allen voran Weiterbildung und Training für die Kooperationspartner. Derzeit umfasse das Gesamtangebot rund 51 Schulungen. Im kommenden Jahr wolle Premio einen neuen Schwerpunkt auf Verkaufsschulungen legen, so Pott, was auch die jüngste Untersuchung einer Unternehmensberatung nahe legt – dazu unten mehr. Weiter voranbringen soll die Kooperationspartner auch die nach wie vor intensive Nutzung der unterschiedlichen Kommunikationsforen unter dem Premio-Dach. Neben der jährlich stattfindenden Tagung spielten Meistertreffen, Unternehmerzirkel und lokale Stammtische eine wichtige Rolle für den reibungslosen Informationsfluss unter den Partnern sowie zwischen ihnen und der GD Handelssysteme. Den Erfolg dieser Foren belegte der Premio-Leiter am Beispiel „Finanzierung“. Präsentationen in den Unternehmerzirkeln hätten dazu geführt, dass das Finanzierungsvolumen im vergangenen Jahr bei rund 400.000 Euro lag; im laufenden Jahr werden es rund 1,5 Millionen Euro sein. Ulrich Pott: „Bieten Sie Finanzierungen an. Der Markt dafür ist da, mehr denn je. Die Kunden die etwas kaufen wollen, kaufen sowieso. Wenn Sie als Händler es nicht finanzieren wollen, dann finanziert es eben jemand anders.“ Aber auch Mobile Fitting biete ein hohes Service-Potenzial, mit dem Premio-Partner Kunden gewinnen und an sich binden könnten, so Pott weiter, und das bei verhältnismäßig geringen Investitionskosten. Diese seien für Kooperationspartner um ein Vielfaches gesunken, betonte Pott: „Wir kalkulieren jetzt mit zwischen 5.000 und 6.000 Euro für das Mobile-Fitting-Equipment.“ Insbesondere in Ballungszentren ortet Pott Spielraum, den die Partner ausnutzen müssten. Ein weiteres Instrument zur Kundenbindung, das bisher kaum genutzt werde, sei „SafeDrive“. Dieses Rund-um-Paket erlaube es Premio-Kunden, zwei Jahre lang sicher Auto zu fahren. Zusätzlich zur Erstmontage der Reifen werde das Fahrzeug im Frühjahr, vor der Urlaubsreise und vor dem Wintereinbruch gecheckt. Zudem könnten sich Kunden mit diesem Angebot ihre Reifen einmal kostenlos auswuchten lassen. Teil des Pakets sei auch der Reifenschutzbrief, für den sich bisher 892 Kunden entschieden hätten. Für Ulrich Pott ist SafeDrive „die Königsklasse und nur Premio hat sie am Markt“, dieses Angebot sollten die Partner intensiver nutzen. Intensivere Nutzung dürfe aber nicht bedeuten, kritisierte Pott, dass Händler Gefälligkeitsreparaturen durchführten. Bei Einführung des Reifenschutzbriefs habe man bei Premio mit 1,7 Prozent Schadensfälle gerechnet, abgerechnet wurden jedoch 4,7 Prozent.
Einem konkurrenzfähigen Fortbestehen der Kooperation dienten auch Marketing- und verkaufsfördernde Maßnahmen. So etwa das Seriensponsoring der V8STAR. Im vergangenen Jahr hatten die Händler rund 10.000 Eintrittskarten zur Verfügung, um diese unter den Kunden zu verteilen; darunter waren auch 300 VIP-Karten für besondere Kunden. Zum Seriensponsoring gehörte natürlich auch die Beschriftung einiger V8STAR-Fahrzeuge. Zu den verkaufsfördernden Maßnahmen gehörten auch Auftritte im Deutschen Sportfernsehen DSF. Mit 30-Sekunden-Spots und kürzeren Präsentern erreicht Premio im Fernsehen immerhin 2,68 Millionen Kundenkontakte, von denen 90 Prozent zur Zielgruppe gehören. „Wir haben mit dem DSF eine kleine Medien-Basis“, so Ulrich Pott, „mehr als DSF ist leider nicht drin“. Eine wesentlich größere Medien-Basis hat Premio allerdings mit seiner Rundfunkwerbung. Im Frühjahr erzielte die Kooperation mit ihrer Radio-Kampagne – zwei wechselnde Spots, die sechs Mal täglich zur Drive-Time auf 34 Sendern ausgestrahlt wurden – rund 36 Millionen Kontakte. „Das ist wichtig, denn es stärkt die Premio-Partner bei ihrem lokalen Marktauftritt, stellt zugleich ein Gegengewicht zum nationalen Auftritt unserer Wettbewerber dar“, so Ulrich Pott weiter. Die in Dresden anwesenden Premio-Partner hatten auch exklusiv die Gelegenheit, Teile der neuen Radio-Kampagne zu hören, mit der die Kooperation in diesem Winter und dem kommenden Frühjahr Kaufinteressenten erreichen will.
Dass durch den konkreten Gebrauch der Premio-Leistungsbausteine sowie durch die verkaufsfördernden Maßnahmen ein Nutzen für die Partner entsteht, sieht Ulrich Pott als erwiesen an. Ein gutes bis sehr gutes Betriebsergebnis hätten immerhin 92 Prozent der Premio-Betriebe im zurückliegenden Jahr erwirtschaftet, so der Kooperationsleiter. Dennoch läge im Nutzungsgrad der Leistungsbausteine noch Potenzial. Einer eigenen Messung zufolge nutzten lediglich 52 Prozent der Betriebe bis zum 95 Prozent der Leistungsbausteine der Goodyear-Dunlop Handelssysteme, 40 Prozent noch bis zu 75 Prozent der Systemleistungen.
Aber auch auf anderem Gebiet erkennt der Kooperationsleiter Verbesserungsmöglichkeiten. So habe eine Untersuchung der Wolk & Partner Car Consult GmbH beispielsweise ergeben, dass die Premio-Partner bei telefonischen Preisanfragen nicht immer richtig reagierten. Zwei Drittel der von der Unternehmensberatung angerufenen Premio-Betriebe habe dem vermeintlichen Kaufinteressenten zu wenig bedarfsorientierte Fragen gestellt, schloss Michael Zülch von Car Consult aus seiner Untersuchung, „da haben wir noch Handlungsbedarf“. Die Mitarbeiter müssten lernen, richtig auf Preisanfragen zu reagieren. Auch deshalb will Premio im kommenden Jahr einen Schwerpunkt auf Verkaufschulungen legen, zu denen jeder Betrieb mindestens einen Mitarbeiter entsenden soll. Schließlich sei das „Erscheinungsbild am Telefon immer eine Visitenkarte“ des angerufenen Unternehmens, so Zülch. In nur sechs Prozent der 363 durchgeführten Telefonanfragen reagierten die angerufenen Betriebe mit einem Terminvorschlag, der eine gewisse Verbindlichkeit dem Kunden gegenüber herstellen kann. Und in rund zwei von drei Anrufen gaben die Verkäufer auf die Preisanfrage nur einen einzigen Preis an, und diesen von der Premiummarke. Wenn dies geschehe, so Zülch, werde der Kunde erschreckt zurückweichen, den Wettbewerb anrufen und sich vermutlich einen billigeren Reifen anbieten lassen. Die Lösung sei das Führen eines Verkaufsgesprächs, in dem einerseits der Bedarf des Kunden ermittelt und andererseits die Vorzüge eines Premiumreifens gegenüber günstigeren Produkten herausgestellt werden muss. Die Car Consult bewertete ein Drittel der geführten Telefonat mit befriedigend oder schlechter. Anhand dieser Zahlen lasse sich aber kein direkter Vergleich mit dem Wettbewerb anstellen, so Zülch weiter, da schließlich nur Premio-Betriebe angerufen worden sind.
Eine wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der Premio-Betriebe sieht GDHS-Geschäftsführer Andreas Penkert auch in der Eingliederung der Kooperation in ein umfassendes Netzwerk. In der GD Handelssysteme verfolge man eine „Sechs-Säulen-Strategie“, wovon Premio eine darstellt. Gemeinsam mit den anderen fünf Säulen – Holert Konz, HMI, Quick, die 4Fleet Group sowie TYSYS – könne die GDHS auf „jede Markt- und Kundenanforderung eine Antwort“ geben, wobei TYSYS als neuestes Kind der GDHS B2B-Solutions für Großhandelspartner anbietet. Und dass die Premio-Partner in einem leistungsfähigen Netzwerk integriert sind, ließ Penkert auch nicht unerwähnt: Im aktuellen Jahr erwartet GDHS einen Außenumsatz von rund 650 Millionen Euro, was pro Store einen Umsatz von 0,9 Millionen Euro ausmacht (bei über 700 Partnern). Von den 5,4 Millionen Reifen, die über die GDHS insgesamt abgesetzt werden, gehören 70 Prozent zum Goodyear-Konzern; 4,8 Millionen darunter sind Pkw-Reifen.
Was macht Goodyear? Diese Frage beantwortete Dr. Rainer Schieben in einem eigenen Beitrag: Der Sparzwang mache zwar auch vor dem Automobil nicht vollends halt, insgesamt jedoch mache die Entwicklung Mut. Der Anstieg des Durchschnittsalters aller Pkw werde generell höheren Wartungsbedarfs verursachen. Auch die Haltedauer der Fahrzeuge in erster Hand verlängere sich. Hier die Tendenz: Markenreifen werden nachgerüstet, zudem nehme auch die Umrüstfreundlichkeit von Sommer auf Winter zu. Eine Gefahr für die Branche sieht Schieben in der Differenzierung über den Preis. Die Alternative sei es, den Wert der Marke zu kommunizieren. Autoteile-Zulieferer expandierten zur Zeit aggressiv. Auch im Wettbewerbsumfeld gehe man von reinen Preisstrategien weg, so der Goodyear-Geschäftsführer. Schieben: „Für Premio ist das jetzt die Chance, sich über die Marke zu positionieren.“ Goodyear selbst investiert in den Markenwert über Bekanntheit, Image, Positionierung und Innovation. Inklusive aller Medien generiere Goodyear, so Schieben, 161 Millionen Kontakte allein für den Winterreifen Ultra Grip 6. „Damit schaffen wir Bekanntheit, die in diesem Jahr um 43 Prozent gestiegen ist. Gestiegen sind auch die Erinnerungswerte von 17 auf 39 Prozent. Auf 18 Prozent gestiegen ist auch die Kaufbereitschaft.“ Auch beim Thema Innovation habe Goodyear die Nase vorn: Der Reifenhersteller sei Lead Development-Partner bei dem SUV-Fahrzeug Audi „Pikes Peak“ und nehme eine führende Stellung mit seinem pannensicheren Reifen „EMT“ ein. Zulegen wolle der Konzern vor allem im Lkw-Geschäft: „Wir werden das Flottenmanagement verstärken und das Key-Account-Geschäft ausbauen. Dabei wird die Zusammenarbeit mit 4Fleet Group intensiviert.“ Der Anteil von Premio an Truck Force liege bei 43 Prozent. Über 50 Prozent des Umsatzes werde durch Premio-Partner generiert.
Kritische Töne stimmte indes der Premio-Beirat an. So hätten die Händler etwa ihre Einflussnahme auf die Preisgestaltung der Industrie verloren, meinte Heiner Späth. Der Beiratsvorsitzende forderte daher vom Reifenhersteller die Einrichtung eines Händler-Gremiums, „das bei Preisgesprächen als fairer Partner bei der Industrie anwesend ist“. Für die Aussage, die unabhängigen Partner wollten keine „Bittsteller“ sein, erntete Späth lauten Applaus. Im Vergleich zu Holert Konz etwa hätten die Premio-Partner „viel mehr Kosten“, konstatierte Späth, daher müsse „man mit den Herren der Industrie über mögliche Konditionen reden“. Auch die Vertragskonditionen, die den Premio-Partner im Rahmen des Flottengeschäfts unter der 4Fleet Group angeboten werden, seien durchaus verbesserungswürdig, meinte der Beiratsvorsitzende. Zum Abschluss seines Beitrags leistete Späth Überzeugungsarbeit. Er habe nicht nur Hoffnung, dass der Mutterkonzern den Turnaround schaffe, sondern er sei sich sicher: „Die Goodyear wird den Turnaround schaffen.“
Zu tun gibt es für die Premio-Partner auch künftig noch genug. Das machte ein Vortrag von Prof. Dr. Ing. Henning Wallentowitz deutlich. Der Experte vom Aachener Institut für Kraftfahrwesen skizzierte die Zukunft des Automobils. Wallentowitz: „Das wartungsfreie Auto wird es auch in den nächsten 20 Jahren nicht geben. Aber die Wartung wird anders sein.“ Immer anspruchvoller würden die technologischen Entwicklungen, die auch an den Autoservice neue Anforderungen stellen. Qualität und Kompetenz im Servicebereich, seien die Faktoren, die den Kfz-Werkstätten nur im Verbund ihr Überleben sicherten. Die Premio-Partner bräuchten also nicht trotz, sondern gerade wegen der zunehmenden Komplexität des Reifenhandels „keine Sorge um unsere Jobs haben“, folgerte Ulrich Pott. Um die zukünftigen Aufgaben zu bewältigen, seien ein lebenslanges Lernen und hohe Investitionen erforderlich. „Ein Einzelkämpfer, der nicht in einem Verbund ist, kann diese Investitionen nicht leisten“, unterstrich Pott noch einmal den Nutzen einer Kooperation.
arno.borchers@reifenpresse.de
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