Goodyear-Konzern steht unmittelbar vor der “Stunde der Wahrheit.”

In der kommenden Woche verhandelt das Goodyear-Management mit nicht weniger als 35 Banken um eine Restrukturierung aller Kreditverpflichtungen. Mag man sich im Top-Management nach außen hin auch noch so optimistisch und entspannt zeigen, so ist doch alles andere als sicher, ob The Goodyear Tire & Rubber Co. noch vermeiden kann, was eigentlich immer als ausgeschlossen galt: Flucht unter Chapter 11. Immerhin aber besteht noch Hoffnung. Obwohl Edouard Michelin und Michel Rollier auf ihrer gestrigen Bilanzpressekonferenz in Paris den Namen Goodyear nicht ein einziges Mal erwähnten, war das amerikanische Unternehmen stets gegenwärtig. So zum Beispiel, als die Rede auf den Pensions Fond kam und die Herren feststellen konnten, alles getan zu haben, was gesetzlich und darüber hinaus notwendig sei, so dass die Michelin-Lage in dieser Hinsicht als “gesund” beschrieben werden durfte. Jedermann in der Runde wusste: Goodyear’s Pension Fund hat eine Unterdeckung in Milliardenhöhe und der Hersteller weiß nicht ob und wie er diese noch beherrschen kann. Und noch ein zweites Mal stand der Name Goodyear auch unausgesprochen im Raum. Der französische Konzern hat im letzten Jahr eine Restrukturierung seiner Verbindlichkeiten vorgenommen und dabei keine so bezeichneten “trigger clauses” akzeptiert, so dass die Liquidität absolut sicher ist. Dem Reifenkonzern aus der Auvergne stehen ungenutzte Kreditlinien in Höhe von etwa drei Milliarden Euro offen. Allein die Tatsache, dass Michelin keine “trigger clauses” akzeptieren muss, zeigt, dass die Franzosen derzeit in einer anderen Liga spielen als die Amerikaner, denn diese könnten ihrerseits an der “trigger clause” ersticken. Diese besagt, dass unter bestimmten Umständen die zugesagten Kreditlinien schlicht in Fortfall geraten können, wenn das Rating zu Befürchtungen Anlass gibt. Davon ist Goodyear nun wirklich nicht mehr weit entfernt. In einigen Zeitungsberichten wird im Grunde weiter um den heißen Brei herum geredet. Man analysiert, zwar grundsätzlich dass Chapter 11 unvermeidbar werden könnte jedoch ohne das Wort Chapter 11 auch auszusprechen. Es steht fest, dass Goodyear eine Milliardenverpflichtung aus der Unterdeckung des Pension Fund genauso drückt wie ein Schuldenberg von 3,6 Milliarden US-Dollar und andererseits nun schon seit Jahren nichts mehr verdient. Eine solche Situation mit Verbindlichkeiten zwischen fünf bis sechs Milliarden US-Dollar in Verbindung mit jahrelanger und bisher anhaltender gleichzeitiger Ertragsschäche ist nicht weiter auszuhalten. Goodyear bleiben -theoretisch- nur noch zwei Möglichkeiten: Verkauf von Vermögensteilen oder Verpfändung nahezu des gesamten verbliebenen Vermögens inklusive der Markenrechte; sofern denn dies noch reicht. Die Continental AG bemüht sich zum Beispiel seit vielen Monaten um den Verkauf des Unternehmensteils ContiTech, hat aber eingesehen, dass ein solcher Verkauf momentan einfach unmöglich, der faire Preis im schwachen Markt nicht zu erhalten ist. Die Deutschen können es sich aber leisten, die Verkaufsabsichten einfach auf unbestimmte Zeit zurückzustellen. Goodyear aber muss verkaufen, Engineered Products und am besten die Chemical Division noch zusätzlich. Selbst das aber reicht nicht aus. Man wird weitere Vermögensteile zu Geld machen müssen. Bei dem Druck, der auf dem Unternehmen ruht, müssten durch Verkäufe mindestens etwa zwei Milliarden US-Dollar realisiert werden. Das ist aber im derzeitigen Marktumfeld kaum realistisch. Die Zeit für Goodyear wird knapp. Ob die Interessen von 35 am Tisch sitzenden Banken doch noch unter einen Hut zu bekommen sind, wird man in ein paar Tagen, spätestens wenigen Wochen wissen. klaus.haddenbrock@reifenpresse.de

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