First-Stop-Konferenz: Miteinander statt zueinander reden – Neue (Eigen-)Markenstruktur
First Stop emanzipiert sich mehr und mehr als unabhängige Reifenhandelsorganisation – und pflegt dabei gleichzeitig enge Beziehungen zum „wichtigsten Lieferanten“ Bridgestone. Am vergangenen Wochenende hatten die First-Stop-Partner aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in Frankfurt bei ihrer jährlichen Konferenz die Gelegenheit, sich über aktuelle Entwicklungen im Unternehmen zu informieren und – mehr noch – der Geschäftsleitung von First Stop und von Bridgestone die eigenen Erwartungen an eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit im persönlichen Gespräch mitzuteilen und die Partnerschaft weiter zu vertiefen. Die personelle und strukturelle Neuordnung der vergangenen drei Jahre scheint dabei Früchte zu tragen, lobten doch Vertreter der Händlerschaft wie auch von First Stop gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG die Qualität der Zusammenarbeit als überaus gut; man arbeite konstruktiv miteinander und höre aufeinander.
Etwas, das im vergangenen Jahr in der First-Stop-Händlerschaft offenbar zu großem Unmut geführt hatte, war das Eigenmarkensortiment der Zentrale. Die Lösung dieses Problems zeigt unterdessen nun exemplarisch, wie sehr der Einfluss der Partner auf die Zentrale und den dahinterstehenden Reifenhersteller ist. Im vergangenen Jahr hatte Bridgestone für Deutschland die Sommerreifen der Marke „First Stop“ durch die neue Marke „Starfire“ ersetzen wollen, während die Marke mit dem Namen des Verbunds zunächst weiterhin als Winterreifen verfügbar sein sollte. Das Problem dabei, das nun auch der Beiratsvorsitzende Peter Deubzer (Speichersdorf) in seiner Rede vor der Konferenz deutlich machte, war zweierlei.
Einerseits passte die Preisgestaltung der neuen Eigenmarke offensichtlich nicht in das Marktsegment, in dem ein entsprechendes Produkt in der Regel vermarktet wird: namentlich dem Preissegment. Dies führt die landläufige Argumentation zugunsten einer Eigenmarke ad absurdum, sollen mit diesem exklusiven und daher nicht vergleichbaren Produkt doch überdurchschnittliche Margen erzielt werden.
Zweitens stammte das Produkt nicht aus eigener Bridgestone-Fertigung, anders als die „First-Stop“-Reifen. Schlimmer noch: Auf der Seitenwand der Starfire-Sommerreifen prangte der Hinweis „Made in China“. Damit verbinden insbesondere unbedarfte Endverbraucher in der Regel nicht die beste Produktqualität – mit anderen Worten: Der Preis passte einfach nicht zu der erwarteten Produktqualität, unabhängig davon, was der Starfire-Reifen wirklich konnte.
Weitere Nachteile ergaben sich durch das vermeintlich unübersichtliche Eigenmarkensortiment: Starfire im Sommer – First Stop im Winter, das war schwer zu vermitteln; außerdem war ein umfassendes Starfire-Winterreifenangebot durch den westlichen Offtake-Partner mit Produktion in China nicht in Sicht.
Wie Alexander Hild nun anlässlich der Partnerkonferenz betonte: „Wir haben verstanden!“ Der Leiter der First-Stop-Partnerbetriebe in Deutschland, Österreich und der Schweiz kündigte demnach das Ende dieses Versuchs an, das Eigenmarkensortiment entsprechend umzubauen. „Wir müssen zugeben, Starfire war kein Erfolg.“ Dies wird aber nicht bedeuten, dass es in Zukunft wieder das ‚alte’ Sortiment mit Sommer- und Winterreifen der Marke „First Stop“ geben wird. Im Gegenteil. Auch diese Marke soll bald nicht mehr verfügbar sein. „First Stop“ und „Starfire“ werden beide abgeschafft, die Restbestände jetzt abverkauft. Dabei setzt der Reifenhersteller Bridgestone in Zukunft ganz klar auf eine Vereinheitlichung seiner (Eigen-)Markenstruktur in Europa, wurde und wird die Marke „First Stop“ außerhalb Deutschland doch nahezu nicht angeboten, genauso wenig wie „Starfire“.
Anstatt auch in Zukunft mit einer Sonderregelung für den deutschsprachigen Reifenmarkt weiterzumachen, haben die Verantwortlichen bei Bridgestone nun beschlossen, dass ab diesem Jahr das Eigenmarkensortiment durch die Einführung der Reifenmarke „Dayton“ als Sommer- und Winterreifen für das Consumer-Segment ersetzt wird. Die traditionelle Reifenmarke stammt aus Nordamerika und kam mit der Firestone-Akquisition Ende der 1980er Jahre zu Bridgestone. Während Dayton-Reifen auf dem angestammten Heimatmarkt in Nordamerika seit 2010 als Lkw-Reifen und seit 2011 als Pkw-/LLkw-Reifen nicht mehr angeboten werden, hat sich die Drittmarke des japanischen Reifenkonzerns in den vergangenen Jahren aus europäischer Produktion stammend in Europa sehr wohl als Drittmarke etabliert – und zwar außerhalb Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Dies wird nun geändert.
Positiv beeinflusst haben dürfte dies dabei eine Entscheidung, die Bridgestone im vergangenen Sommer in Bezug auf seine Pkw-Reifenfabrik im italienischen Bari getroffen hat. Nachdem der Konzern die Fabrik, in der vorwiegend Standardreifen gefertigt wurden, ursprünglich hatte schließen wollen, habe man zum Ende des Sommers hin ein Abkommen mit den regionalen Behörden geschlossen, das den Fortbestand der Fabrik sichern sollte. Während man im vergangenen Sommer zunächst den Eindruck hatte, dass sich mit dem regionalen Abkommen die Schließung der Fabrik lediglich verzögern werde, erweckten die Bridgestone- und First-Stop-Manager auf der Konferenz in Frankfurt nun den Eindruck, dass es sich dabei um eine langfristige Lösung handeln könne. So oder so, in Zukunft sollen auch Dayton-Reifen in Deutschland vermarktet werden, und zwar aus der eigenen Bridgestone-Fabrik in Bari.
Das aktuelle Dayton-Sortiment ist dabei bereits relativ lückenlos verfügbar und besteht aus drei Sommerreifen – den Dayton D110, D210 und D320, ein UHP-Reifen bis 18 Zoll – und dem Winterreifen Dayton DW510 mit V-Profil.
Da die Einführung der neuen Reifenmarke Dayton in den deutschsprachigen Märkten als exklusive First-Stop-Marke nicht auf einen Schlag vorzunehmen ist, wird sie in diesem Jahr zunächst nach Deutschland kommen, wo sie bisher noch gar nicht vermarktet wird. 2015 dann wird Dayton auch in Österreich und der Schweiz als Exklusivmarke der First Stop eingeführt werden. In beiden Märkten sind Reifen der Marke Dayton derzeit noch frei verfügbar. Unterdessen wird die Reifenmarke Starfire nicht weiter angeboten, lediglich die restlichen Lagerbestände sollten in der kommenden Umrüstsaison abverkauft werden. Anlässlich der Partnerkonferenz in Frankfurt machte First Stop den Händlern auch eine Kondition, der kaum zu widerstehen sein wird. Die Winterreifen der Marke First Stop werden vermutlich auch noch im Laufe dieses Jahres komplett abverkauft, so dass der Markenübergang dann im kommenden Jahr komplett abgeschlossen sein dürfte; 2014 ist „das Übergangsjahr“. Die neuen Dayton-Reifen sollen den First-Stop-Partnern dabei exklusiv angeboten werden.
Auch wenn die Umstrukturierung des (Eigen-)Markenangebots in den deutschsprachigen Ländern sicherlich zum Teil durch konzernweite Überlegungen beeinflusst worden ist, wie die Reifenfabrik in Bari in Zukunft genutzt werden kann, wird sie von vielen First-Stop-Partnern doch zurecht als „Erfolg der Händler“ gegenüber dem Systemgeber aus der Industrie gesehen; das Verhältnis zwischen beiden gestaltete sich in früheren Jahren ja mitunter schwierig. Dieses hat sich aber in den vergangenen drei Jahren durchaus geändert. Das Nebeneinander ist einem konstruktiven Miteinander gewichen, wie der NEUE REIFENZEITUNG in etlichen Gesprächen am Rande der Partnerkonferenz bestätigt wurde.
Der Grund dafür sei nicht zuletzt die organisatorische Neustrukturierung der First Stop, die hierzulande nun nicht mehr als Tochtergesellschaft der hiesigen Bridgestone-Vertriebsgesellschaft geführt wird, sondern – zusammen mit den anderen Retail-Gesellschaften in Europa – direkt auf europäischer Ebene angesiedelt ist und sich zu den regionalen Vertriebsgesellschaften neuerdings ausschließlich in einer Kunden-Lieferanten-Beziehung sieht und identifiziert. Zum konstruktiven Dialog trägt im Übrigen auch bei, dass seit Neuestem die Partnerkonferenzen eben öffentlich sind und die Fachpresse daran teilnehmen kann. Bridgestone und First Stop stellen sich ihren Partner – im positiven Sinne – und scheuen sich dabei auch nicht vor öffentlich vorgetragener Kritik. Dies kann für die Zusammenarbeit der Partner mit ihrer Zentrale und dem dahinterstehenden Hersteller nur von Vorteil sein, so die einhellige Meinung vieler, die an der Konferenz teilgenommen haben.
Partner-Einkaufsplattform wächst
Neben den brandaktuellen Entscheidungen zum (Eigen-)Markenangebot haben die Vertreter von First Stop – allen voran Geschäftsführer Dr. Urban Uttenweiler, Alexander Hild und Einkäufer Axel Moll – in ihren Vorträgen noch auf weitere Neuigkeiten hingewiesen. Dabei nahmen viele First-Stop-Partner die Informationen wohlwollend zur Kenntnis, dass in Bälde auch die Konzernmarken über die Partner-Einkaufsplattform angeboten werden sollen. Die Plattform wird seit 2012 in eigener Regie in Deutschland geführt (zuvor wurde sie bereits seit 2006 durch einen externen Anbieter betrieben) und ging im darauffolgenden Jahr auch für die österreichischen First-Stop-Partner online; im aktuellen Jahr soll sie dann auch für die Partner in der Schweiz nutzbar sein. Wie es dazu anlässlich der Konferenz hieß, habe man bereits ein kontinuierliches Wachstum an Transaktionen über die Plattform verzeichnen können; 2013 hätten regelmäßig über 100 Partner die Plattform für ihre Bestellungen genutzt. Allein in Deutschland wurde darüber im vergangenen Jahr über 160.000 Reifen bestellt.
Besonders wichtig dabei: Über die Partner-Einkaufsplattform könne man mittlerweile Preise darstellen, die sich durchaus im Wettbewerb mit anderen Plattformen sehen lassen können. Dies liegt zuallererst wohl auch daran, dass die Plattform nun nicht mehr durch einen Dienstleister betrieben wird, sondern in eigener Regie. Wenn dauerhaft die Preise nicht stimmen, bedeutet das für jede Plattform in der Regel das sichere ‚Todesurteil’ in der durch das Internet maximal-transparenten Reifenwelt. Darüber hinaus betonte First Stop, auf der Plattform gebe es nicht nur wettbewerbsfähige Preise, sondern etwaige Bestellungen würden sich auch automatisch positiv und in vollem Umfang auf die Bonuszahlungen für die Partner auswirken. Beides beeinflusst sich demnach positiv.
Dass aktuell noch keine Marken aus dem Hause Bridgestone direkt über die Partner-Einkaufsplattform bezogen werden können, liegt vorwiegend an der Komplexität der Datenintegration. Doch die betreffenden Hindernisse sollen demnächst beseitigt worden sein, wird der NEUE REIFENZEITUNG versichert. Seit mehreren Wochen laufe nun bereits ein Test mit den Konzernmarken für die deutschen Equity-Betriebe. Gegenwärtig können Partner über die Einkaufsplattform Reifen des Goodyear-Konzerns (Goodyear, Dunlop, Sava und Fulda) sowie von Kumho direkt beziehen sowie die Ware von aktuell 35 gelisteten Großhandelslieferanten. Angeboten werden dort neben Pkw- und Lkw-Reifen mittlerweile auch alle anderen Produktgruppen, etwa Motorrad-, Landwirtschafts- oder EM- und Industriereifen. Darüber hinaus können Partner über die Plattform aktuell auch 18 Rädermarken im Direktbezug ab Hersteller beziehen; die Integration eines Beratungsprogramms soll demnächst folgen. Auch arbeite man aktuell daran, auf der Plattform alternative Lieferanten anzuzeigen, sollten einmal Lieferengpässe bestehen. Das entsprechende Sortiment der Partner-Einkaufsplattform in Österreich und der Schweiz könne davon abweichen.
Um die Wettbewerbsfähigkeit der Partner und der Bridgestone-eigenen Regiebetriebe in Zukunft weiter zu steigern, führt First Stop aktuell intensive Gespräche mit den hiesigen Vertriebsgesellschaften etlicher Reifenhersteller. Ziel sei es dabei auch, eine möglichst einfache und direkt nachzuvollziehende sowie attraktive Konditionsgestaltung und -abrechnung umzusetzen, seien viele Partner doch in der Vergangenheit mit der Komplexität der verschiedenen Konditionsbestandteile unzufrieden gewesen, so dass sich oftmals erst Monate nach der Bestellung der wirkliche Kaufpreis als Basis für eine nachhaltige Kalkulation berechnen ließ, nämlich wenn die entsprechenden Boni etc. komplett zur Anrechnung gekommen waren. In Zukunft wolle man auch aufseiten des Lieferanten Bridgestone soweit wie möglich „nachträgliche“ Berechnungen von Konditionsparametern zugunsten von Berechnungen jeweils direkt auf der Rechnung abschaffen; darüber hinaus wolle man aber anders als andere Hersteller (zunächst) an der Gewährung von Skonto festhalten, wie seinerseits Peter Gulow, Director Consumer Products bei Bridgestone, betonte.
Auch Bridgestone als größter und wichtigster Lieferant der First-Stop-Partner hat im Sinne einer größeren Wettbewerbsfähigkeit seiner Partner ein entsprechendes Zeichen von sich gegeben – auf Vorschlag des Händlerbeirats. So habe man jetzt den First-Stop-Partnerbonus von der Bridgestone-KB-Preisliste entkoppelt, was die Boni vor einem Verfall in Relation zu eventuell sinkenden KB-Preisen schützen soll. „Wir wollen den Bonus 2014 stabil halten“, formulierte First-Stop-Geschäftsführer Dr. Uttenweiler das Ziel für das neue Jahr. Gleichzeitig forderte er noch einmal die Partner dazu auf, die First-Stop-Einkaufsplattform in Zukunft noch intensiver zu nutzen, da darüber eben die jeweilige Bonushöhe entsprechend positiv beeinflusst wird. In diesem Zusammenhang hatte der Beiratsvorsitzende Peter Deubzer ebenfalls die Notwendigkeit betont, Boni möglichst zeitnah auszuschütten. Auch daran lässt sich die neue Form der kooperativen Zusammenarbeit zwischen der First-Stop-Zentrale und den Partnern erkennen.
„Einfach näher dran“
Während viele Händlerveranstaltungen in der Regel vollgestopft sind mit Terminen, Vorträgen und Tagesordnungspunkten, hatte man sich bei First Stop jetzt ganz gewusst Freiräume für die Kommunikation untereinander geschaffen, und zwar im Rahmen der Industriemesse mit ihren 30 Ausstellern. First Stop und Bridgestone wollten nicht zu den Partnern, sondern eben mit den Partnern sprechen – ein kleiner, aber feiner Unterschied, der ebenfalls auf die neue Beziehung zwischen den Beteiligten Unternehmen und Unternehmern hindeutet. Ein Konferenzprogramm, das lange Pausen für die Kommunikation bietet, diene dem Zusammengehörigkeitsgefühl im First-Stop-Partnernetzwerk sicherlich mehr als mehrstündige Power-Point-Präsentationen im Plenum, ist der Leiter der Partnerbetriebe Alexander Hild überzeugt. Mehr Dialog, Diskussionen und Gespräche – das sei jetzt und in Zukunft das Credo der First-Stop-Partnerkonferenzen. arno.borchers@reifenpresse.de
Erst muss Dayton in Amerika sterben. Dann holt man die Toten wieder hervor. Das ist Marketing vom Allerfeinsten. Wann kommen Marken wie Power und First-Stop wieder? Sieht so Zukunft aus?