Aufreger: Von Aspern folgt auf Dr. Neb und bleibt Euromaster-Chef
Die Entscheidung des Reifenherstellers Michelin, nicht allein den gesamten Vertrieb – also sowohl Pkw- als auch Lkw-Reifen – fortan wieder in eine Hand zu legen, sondern dem verantwortlichen Manager auch die operative Führung der großen eigenen Handelskette Euromaster zu belassen, ist im deutschen Reifenersatzmarkt auf Unverständnis und zum überwiegenden Teil scharfe Ablehnung gestoßen. Hätte es schon ausgeprägt professionellen Verhaltens bedurft, sich künftighin ausgerechnet vertrauensvoll mit dem Manager zusammensetzen zu können, der bis dato nur als scharfer, damit äußerst unbequemer und somit unbeliebter Wettbewerber bei Reifenhändlern in Erscheinung getreten war, so empfinden es nahezu alle von dieser Zeitschrift befragten Reifenhändler als Zumutung, sich mit Michelin über Konditionen, Kunden, Pläne und Strategien austauschen und dem Wettbewerber Euromaster das Wissen darum frei Haus liefern zu sollen. Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) hat sich bereits mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet, die jedoch nach Auskunft von der Redaktion befragter Händler als „zu moderat“ kritisiert wird. Auf jeden Fall aber hat BRV-Geschäftsführer Peter Hülzer sehr klar differenziert. Es gehe nicht um die Person Dieter von Aspern, sondern es gehe um Funktionen und Konstellationen. Diesen aber wird jegliches Vertrauen verweigert. Und es hat den sicheren Anschein, dass der momentanen Verärgerung eine durchaus spürbare Gegenwehr erst noch folgen wird. Der gesamte Vorgang lässt nach Ansicht vieler Reifenhändler befürchten, dass die Konzernspitze einer totalen Fehleinschätzung des deutschen Reifenmarktes erlegen ist. Nach Ansicht der Redaktion handelt es sich aber wohl doch eher um einen Strategiewechsel.
Der sehr erfolgreiche Michelin-Konzern hat in den zurückliegenden Jahren in Deutschland permanent Marktanteile im Geschäft mit Pkw-Reifen verloren. So liegt der Marktanteil bei Standardreifen um die fünf Prozent, und bei hochklassigen Reifen fällt es schon schwer, an ein Kratzen an der Zehnprozenthürde innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens glauben zu können. Und das in Verbindung mit einer Handelskette, die in Deutschland an mehr als 300 Orten täglich ihre Tore öffnet. Sehen so Erfolge aus? Es dürfte somit die Aufgabe des neuen Spitzenmanagers sein, verlorene Marktanteile zurückzugewinnen. Intern heißt es bereits, Dieter von Aspern habe die Aufgabe, den Marktanteil binnen drei Jahren zu verdoppeln.
Anzuerkennen ist, dass von Aspern bei Euromaster Aufräumungs- und Restrukturierungsarbeiten geleistet hat, die offenbar erste Früchte tragen und er von daher als der geeignete Mann erschien für diese herausragende Aufgabe. Sollte es ihm gelingen, die im Handel aufgebauten Barrieren zu überwinden, wäre ein erster Schritt getan.
Einer der entscheidenden Fehler des Michelin-Konzerns dürfte sowieso darin gelegen haben, in personeller Hinsicht keine Kontinuität gezeigt zu haben. Während beispielsweise der Continental-Konzern mit Jescow von Puttkamer und Norbert Busch in den letzten 20 Jahren gerade mal zwei Managern die Verantwortung für das Reifenersatzgeschäft übertragen hat und damit ausgezeichnet gefahren ist, waren schnelle Wechsel bei Michelin an der Tagesordnung: Faber, Hannezo, Guillon, Kéfalas, Grün, de la Seiglière, Garcin. Die Deutschlandaufenthalte wurden immer kürzer, eine wirkliche Kunden-Lieferanten-Beziehung konnte so nicht gelingen. Kein Wunder, dass Michelin-Wettbewerber die Personalie als „Steilvorlage“ für sich selbst sehen, aus der es nun Kapital zu schlagen gilt.
Wie aus Michelin-Kreisen zu hören war, sollte Alexis Garcin – seit letztem Jahr Leiter Vertrieb Pkw-Reifen – als Euromaster-Chef nach Kaiserslautern wechseln. Dies sei dann jedoch „aus familiären Gründen“ zunächst gescheitert, möglicherweise nur um ein paar Monate verschoben.
Den Verlust an Marktanteilen über die Jahre sehen ein paar Michelin-Verantwortliche durch eine rosa gefärbte Brille als „Missverständnis“ und als Ausdruck dafür, vom Handel so oder so nicht geliebt zu werden. Sonst müssten die aus Herstellersicht qualitativ herausragenden Reifen sich wie geschnitten Brot verkauft haben. Diese falsche Analyse könnte nun dazu führen und verführen, dem Reifenfachhandel, sofern er denn gar nicht anders will, zu zeigen, was eine Harke ist. Michelin ist – so hat es den Eindruck – einfach nicht mehr gewillt, um Partnerschaften zu buhlen und ist nicht bereit anzuerkennen, dass man das Funktionieren solcher Partnerschaften in der Vergangenheit zu stark strapaziert hat. Was als gut zu bewerten ist, entscheidet Michelin. Ansonsten: Friss Vogel oder stirb? Aber das ist nicht allein Michelin-typisch, denn der eine oder andere Kooperationsgeschäftsführer hat ebenso Maß und Selbsteinschätzung verloren. Sehr zum Schaden des gesamten Reifenfachhandels, auch der eigenen Kooperationsmitglieder. Über Jahre gepflegte und halbwegs funktionierende Partnerschaften gehen nicht per Zufall den Bach hinunter. Brauchen sie auch nicht, es gibt genug Kräfte, die sich darum bemühen.
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