Das wäre Ihr Preis gewesen
Den richtigen Preis für ein Produkt festzulegen scheint manchmal beinahe unmöglich zu sein – oft ist man zu teuer, gelegentlich auch zu günstig. Um ihren Partnern jetzt eine umfangreiche Preisempfehlung geben zu können, die sich an lokalen Marktgegebenheiten orientiert, haben die Goodyear-Dunlop Handelssysteme das so genannte Preisanalyse-Tool (PAT) als wesentliche Neuerung beim Leistungsbaustein „Pricing“ eingeführt. Die optimale Einordnung der Preise im eigenen Wettbewerbsumfeld soll Premio- und HMI-Partnern dazu dienen, einen individuell richtigen Preis zu finden; Rohertragssteigerungen um einige Prozent seien möglich, erklärt Peter Wegener im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG.
Bei zwei Dritteln der Reifenhändler gebe es ein „nicht unerhebliches Optimierungspotenzial“ bei der Gestaltung der Sell-out-Preise, zeigt sich Peter Wegener überzeugt. Der Leiter Pricing sowie Quick-Verantwortliche bei der GDHS hat bereits „viele Fehlpositionierungen“ ausgemacht, seitdem seine Organisation vor vier Jahren begann, intensiv Datenmaterial zu lokalen Reifenpreisen für die Outlets der Quick Reifendiscounts zu sammeln. Es gebe lokal teilweise Preisdifferenzen von bis zu 20 Prozent. Vor dem Hintergrund eines immer härter werdenden Wettbewerbs im Reifenhandel – auch Endverbraucher werden immer preissensibler – sowie unter Druck geratener Margen, „da sind ein Prozent mehr Rohertrag Welten“, erläutert Wegener. Doch um entsprechende Preisentscheidungen richtig treffen zu können, fehlen dem Unternehmen oft die Entscheidungsgrundlagen, also Daten über das lokale Preisgefüge. Das richtige Pricing entscheide künftig über den betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens.
Das „unprofessionelle Pricing im Markt“ lässt sich allerdings nur teilweise erklären, so Wegener. Während der GDHS-Experte nicht nachvollziehen kann, warum die Preispflege im Reifenhandel oft „nicht zu ernst genommen“ werde, hat er andererseits aber Verständnis für die fehlende Manpower und das fehlende Know-how bei der Beschaffung wichtiger Entscheidungsgrundlagen für die richtige Preisbildung, also die Beschaffung der Wettbewerbspreise aus dem lokalen Umfeld des einzelnen Händlers. „Bei kleinen und mittelständischen Betrieben fehlt oft auch einfach die Zeit.“ Nicht selten bildet sich eine gewisse Vorstellung über den lokalen Marktpreis eines bestimmten Reifens durch Werbeaktionen des Wettbewerbs, an deren Preise – gerade wenn sie vom Platzhirschen stammen – sich viele gerne und bequem einfach dranhängen. Dieser Preis liege aber stets einige Prozent unter dem eigentlichen lokalen Marktpreis.
Um dieses Problem zu lösen, sammelt die GDHS gemeinsam mit der Unternehmensberatung Wolk & Partner seit vier Jahren kontinuierlich Marktdaten mit und für die Outlets der Quick Reifendiscounts. Es sei in dieser Zeit gelungen, so der Quick-Verantwortliche im Hause der GDHS, die Roherträge um 0,5 Prozent zu steigern, und das jedes Jahr. Diesen Erfolg will die Tochter der deutschen Goodyear-Dunlop-Holding nun auf die Systempartner von Premio und HMI übertragen und stellt hier sogar „Rohertragssteigerungen von bis zu fünf Prozent in den Kerngrößen“ in Aussicht, wenn eine „optimale Preispositionierung“ bzw. ein „marktgerechtes Pricing“ gefunden wurde.
Künftig, so die Hoffnung Peter Wegeners, könnten sich alle 750 GDHS-Partner an dem Preisanalyse-Tool (PAT) beteiligen und somit maßgeblich an der Ertragssteigerung aller beteiligten Unternehmen mitwirken. Der Leistungsbaustein Pricing sei natürlich kein Pflichtbaustein, es hätte sich allerdings auf Anhieb jeder dritte Partnerbetrieb zum Mitmachen bereit erklärt.
Über die webbasierte Datenbankstruktur können Partnerbetriebe nun dazu beitragen, maßgebliche lokale Wettbewerbspreise in das PAT aufzunehmen. Die teilnehmenden Händler wie auch der GDHS-Außendienst konzentrierten sich dabei auf die Erfassung von Internet-, Anzeigen- und Handzettelpreisen von vier vorher bestimmten Wettbewerbsbetrieben aus dem lokalen Umfeld, erläutert Silke Hörstgen von Wolk & Partner. Darüber hinaus tragen die Unternehmensberatung Wolk & Partner bzw. damit beauftragte Call-Center bundesweit Telefonpreise zusammen. Es werden pro Jahr etwa 30.000 bis 40.000 Telefonate geführt, in denen sich der Anrufer nach Preisen erkundigt. Dabei werde auf Authentizität des Anrufs geachtet: Die Call-Center-Mitarbeiter stellen – oft unter Gebrauch des lokalen Dialekts des Angerufenen – eine alltägliche Preisanfrage, ohne sich indes als Mitarbeiter eines Call-Centers zu erkennen zu geben. Darüber hinaus finden auch Mystery Shopping statt – auch bei den teilnehmenden Partnern – sowie Gegenprüfungen vor Ort beim lokalen Wettbewerb.
Insgesamt, erklärt Unternehmensberaterin Hörstgen weiter, werden so im laufenden Jahr etwa 180.000 bis 190.000 verschiedene Reifenpreise für die 22 wichtigsten Pkw- und Llkw-Reifenmarken ermittelt. Preise für Motorradreifen und Lkw-Reifen werden nicht abgebildet, wohl aber Preise für Dienstleistungen, Felgen und Zubehör. Die abgebildeten Preise böten „eine sehr hohe Treffergenauigkeit“. Jeder Partnerbetrieb könne auf wenigstens 500 repräsentative und ihn betreffende Preise zurückgreifen; in Ballungszentren wie etwa Hamburg können dies sogar bis zu 4.000 entsprechende Preise sein.
Nach diesem ersten Schritt der Datenerfassung aus dem lokalen Wettbewerbsumfeld des teilnehmenden Partnerbetriebes folgt der zweite Schritt der Datenanalyse. Dabei liefere die GDHS eine „aktive Unterstützung bei der Interpretation der Ergebnisse“, heißt es in einer Veröffentlichung zum „Leistungsbaustein Pricing“. Die von Wolk & Partner ausgewerteten Preise fließen wenigstens einmal pro Monat in eine aktuelle Preisempfehlung ein, die die GDHS dem Partnerbetrieb macht. Im Saisongeschäft sowie bei Bedarf können solche Preisempfehlungen aber auch häufiger – fast bis in Echtzeit – gegeben werden, da die Preisanalyse ein immerwährender Prozess ist und somit ständig neue Daten generiert werden. Dabei werden Endverbraucherpreise nicht mehr nach der klassischen Auf- bzw. Abschlagskalkulation errechnet, sondern es werden für alle relevanten Rennergrößen durchschnittliche Marktpreise für das lokale Wettbewerbsumfeld ermittelt. Anhand dieser Feststellung lässt sich dann die eigene Preispositionierung im Vergleich zum Wettbewerb festlegen sowie – vonseiten des GDHS Pricing-Teams – eine Handlungsempfehlung für die Festlegung des Hofpreislevels geben. Die Goodyear-Dunlop Handelssysteme bieten ihrer Partnerbetrieben statt wie bisher fünf Preislevels nunmehr 14 unterschiedliche Levels für unterschiedliche Kundengruppen und Marktbedürfnisse; der bisherige „Hofkunde“ wird im Übrigen nun zum „Privatverbraucher“ umgetauft. Insgesamt, so hofft man in der Kölner GDHS-Zentrale, sollen Partnerbetriebe den Preis als eines der wichtigsten absatzpolitischen Instrumente nicht mehr nur kurzfristig und aktionsorientiert einsetzen, sondern mithilfe des PAT eine langfristige, intelligente Preisstrategie entwickeln, die bisher brachliegende Gewinnpotenziale nutzt.
Das Preisanalyse-Tool der GDHS biete eine wesentlich nützlichere Entscheidungshilfe für Partnerbetriebe als etwa die gelegentlich von Herstellern ausgegebenen unverbindlichen Preisempfehlungen. Diese funktionierten „nach dem Gießkannenprinzip über alle Distributionswege hinweg“ und „differenziert nicht nach regionalen Gegebenheiten“. Oftmals haben sich Preise lokal, regional oder in bestimmten Distributionswegen „historisch anders entwickelt“, betont Silke Hörstgen von Wolk & Partner. All dem trage das GDHS-PAT Rechnung.
Neben potenziell höheren Erträgen, die der teilnehmende Partnerbetrieb erzielen kann, bietet das Preisanalyse-Tool vor allem auch Preissicherheit und den „psychologischen Effekt, Preiskompetenz zu erlangen“ – der Reifenfachhändler müsse sich mit seiner lokalen Wettbewerbslandschaft befassen und trage die Früchte davon. Der zeitliche Aufwand sei dabei mehr als gerechtfertigt; die Eingabe der Daten sei schließlich durch die webbasierte Datenbankstruktur problemlos möglich, betonen Peter Wegener und Silke Hörstgen. Insgesamt diene der Leistungsbaustein der „Verbesserung der individuellen Wettbewerbsfähigkeit“ des Partnerbetriebes und sichere somit seine wirtschaftliche Existenz. Preisempfehlungen aufgrund lokaler Wettbewerbspreise sind in der Reifenbranche neu, allerdings sei die Zeit reif dafür, denn in anderen Branchen wie etwa dem Lebensmittelhandel werde dies bereits seit langem praktiziert.
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