Dank APIA sollen zukünftige Autos Unfälle vermeiden können
„Die Vernetzung aktiver und passiver Sicherheitssysteme und der Einsatz hochkomplexer Sensoren wird die Sicherheit im Auto in der Zukunft entscheidend erhöhen“, ist Continental überzeugt. Bei dem Automobilzulieferer läuft daher ein Serienprojekt unter dem Namen APIA (Aktiv-Passiv-Integrations-Ansatz), das die Vermeidung von Unfällen und Verletzungen zum Ziel hat. Bei APIA fließen zu diesem Zweck alle relevanten Informationen über Aktivitäten von Fahrer, Fahrzeug und Fahrzeugumfeld in einem zentralen „Gefahrenrechner“ zusammen, der daraus das aktuelle Unfallrisiko abschätzt und gegebenenfalls Maßnahmen zur Vermeidung eines Unfalls oder unfallbedingter Verletzungen einleitet – und das nicht nur bei den Insassen des Autos selbst, sondern auch bei anderen Verkehrsteilnehmern.
Wie effektiv ein solches Netzwerk funktionieren kann, sollen Zahlen aus der Continental-Forschung belegen. Mit APIA ausgerüstete Versuchsfahrzeuge realisierten demnach bei einer Notbremsung aus 100 km/h je nach Routine der Testperson um sechs bis 13 Meter kürzere Anhaltewege als mit konventionellem ESP und Bremsassistent bestückte Autos. Eine Anhaltewegverkürzung um 13 Meter bedeutet: Wenn das mit APIA ausgerüstete Auto schon steht, fährt das konventionell gebremste Auto noch mit ca. 50 km/h weiter – vielleicht direkt in ein Hindernis.
Bremst beispielsweise ein vorausfahrendes Auto leicht, sodass der Sicherheitsabstand unterschritten wird, weist APIA den Fahrer optisch auf eine potenzielle Gefahrensituation hin (Cockpit-Anzeige) bzw. warnt ihn haptisch über ein aktives Fahrpedal. Bei einer stärkeren Bremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs und einer folglich schnelleren Annäherung beider Autos, erfolgt ein Vorfüllen des Bremssystems, sodass die Bremsbeläge an den Bremsscheiben anliegen. Gleichzeitig werden die Gurte mit geringer Kraft gestrafft, um den Insassen einen optimalen Schutz zu bieten, sowie Seitenfenster und Schiebedach werden geschlossen.
Bei noch stärkerer Bremsung des Vordermannes leitet APIA zusätzlich aktiv eine Bremsung mit bis zu 0,3 g zur Wahrung bzw. Wiederherstellung des Sicherheitsabstands ein. Die Gurtstraffer werden aktiviert, um die zu schützenden Personen optimal im Sitz zu fixieren. Darüber hinaus wird der elektrisch verstellbare Beifahrersitz in Position gebracht und auch die Sitzkissen beim Fahrersitz in eine optimale Position bewegt. Wird eine Notbremsung des Vordermanns erkannt, folgt die Aktivierung des erweiterten Bremsassistenten. Das heißt: Baut der Fahrer nicht selbst den erforderlichen Druck auf, um die Kollision zu verhindern, wird aufgrund der Informationen der Umfeldsensorik zusätzlich autonom Bremsdruck erzeugt. Kommt es trotz Notbremsung zum Auffahrunfall, werden so genannte „Smart“-Airbags in Abhängigkeit von Unfallschwere und Unfallart ausgelöst.
Zur Realisierung aller aufgeführten Maßnahmen muss das Fahrzeug über ein fremd ansteuerbares Bremssystem mit ESP und eine Umfeldsensorik, wie bei dem Abstandsregelsystem ACC vorhanden, verfügen. Dessen Radar- oder Infrarotsensoren zur Abstandsmessung ermöglichen die Einleitung eines autonomen Bremsvorgangs. Aber auch ohne Umfeldsensorik können – so Conti – sicherheitsfördernde Schutzmaßnahmen eingeleitet werden. In diesem Fall stützt sich der „Gefahrenrechner“ auf die Regelzustände der aktiven Sicherheitssysteme wie Bremsassistent, ESP und Active Rollover Protection (ARP), deren kombinierte Wirkung durch eine erweiterte ESP-Software realisiert wird.
Da nach der Überzeugung Automobilzulieferer eine weiter entwickelte Umfeldsensorik auf dem Weg zum unfall- und verletzungsvermeidenden Auto von morgen eine zentrale Rolle spielt, hat Continental Temic hat unter der Bezeichnung Closing Velocity (CV) einen Precrash-Sensor entwickelt. Mit hoher Dynamik und einem großen Naherfassungsbereich eigne er sich hervorragend zur Erfassung des näheren Fahrzeugumfelds, heißt es. Dadurch ermögliche der CV-Sensor eine recht genaue Bestimmung der zu erwartenden Unfallschwere und der Aufprallrichtung, wodurch der „Gefahrenrechner“ die Zeit vor dem Unfall noch effektiver nutzen und zum Beispiel eine situationsgerechte Zündung der Airbags veranlassen (Smart-Airbag) könne.
„Neben der Verbesserung des Insassenschutzes kann dieser CV-Sensor in Kombination mit zusätzlicher Kontaktsensorik auch in Fußgängerschutzsystemen eingesetzt werden“, sagt Continental. Die neueste APIA-Entwicklungsstufe mit zusätzlichen Funktionen wie einem Stauassistenten, der die Abstandsregelung bei niedrigen Geschwindigkeiten übernehmen kann, oder eine aktive Parkhilfe mit Brems- und Lenkeingriff zeigt der Konzernbereich Automotive Systems derzeit im Rahmen des Genfer Automobilsalons.
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