„Fußball-WM das effizientere Investment“
Durch ihre Beteiligung an der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland will die Continental AG ihren internationalen Bekanntheitsgrad noch weiter steigern. Dieses sportliche Großereignis sei geradezu wie geschaffen dafür, um Menschen zu emotionalisieren. Darüber hinaus biete die Fußball-WM einen ganz entscheidenden Vorteil, so Lars Fahrenbach, Marketing-Direktor für die Geschäftseinheit Pkw-Reifen Ersatzgeschäft Europa bei Conti: „Im Motorsport tummeln sich alle.“
Als Continental im Januar 2003 den Vertrag als „Offizieller Partner der FIFA“ unterzeichnete, dem Fußballweltverband, kam es für viele Beobachter nicht allzu überraschend. Schließlich hatte sich der Reifenhersteller auch vorher schon stark im Sponsoring von Sportveranstaltungen jenseits reifennaher Ereignisse wie etwa Formel 1, DTM etc. hervorgetan. Von 1995 bis 1999 hatte das Unternehmen aus Hannover bereits positive Erfahrungen als Sponsor der europäischen Fußball-Champions-League gesammelt. Ein erfülltes Ziel damals: „Die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Marke Continental“, erläutert Lars Fahrenbach in einem Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG. Insbesondere in europäischen Schlüsselmärkten und den großen Fußballnationen wie Frankreich, Italien, Spanien oder Großbritannien habe der Reifenhersteller damals große Fortschritte in Sachen Bekanntheitsgrad gemacht. „Dies hat bei der Champions League hervorragend funktioniert“, stellt der Marketing-Direktor fest. Man sei damals zwar nach fünf Jahren aus einigen – unter anderem auch finanziellen – Gründen aus der Champions League ausgestiegen; die UEFA wollte Verträge mit weniger Sponsoren für dann höhere Beiträge abschließen. Dennoch habe sich die „Frage der Kontinuität“ immer gestellt, meint Lars Fahrenbach. Folglich scheint die Continental AG gut beraten gewesen, vom europäischen Mannschaftsfußball zu einem internationalen Großereignis zu wechseln, das im laufenden Jahrzehnt in Deutschland, wenn nicht sogar in ganz Europa, seines Gleichen suchen wird.
Fußball verbindet, und zwar nicht nur Sportbegeisterte auf der ganzen Welt, sondern auch Autofahrer, die unter Umständen Interesse an Reifen aus Hannover haben könnten. Es werden alleine 35 Milliarden (!) TV-Zuschauer während der vierwöchigen Veranstaltung erwartet, darüber hinaus etwa 3,2 Millionen Zuschauer aus aller Herren Länder zu den 64 Spielen in den deutschen Stadien. Dies sei „für uns eine Chance, denn die Veranstaltung findet in Deutschland statt“. Nicht nur, dass das Unternehmen das Thema „German Engineering“ im Heimatland anders und plastischer darstellen kann als im Ausland, schließlich könne man so „vom guten Ruf in Deutschland profitieren“, meint Lars Fahrenbach. Darüber hinaus sei ein Engagement im Fußball eben etwas ganz anderes als im Motorsport.
Das Problem im Motorsport sei nicht eine fehlende Aufmerksamkeit seitens der Öffentlichkeit. Ein Nachteil im Motorsport sei allerdings, „es tummeln sich alle drin“, so dass es extrem schwierig für den – nur halbwegs interessierten – Zuschauer sei, zu differenzieren, wenn man von den Insidern und wirklichen Fans einmal absieht. Dies schließe die Formel 1 mit ein. Schließlich gibt es zahllose Motorsportveranstaltungen, deren Teams von den verschiedensten Reifenherstellern ausgestattet werden. Darüber hinaus sei sowieso nur die Formel 1 mit einem Großereignis wie der Fußball-Weltmeisterschaft zu vergleichen, was das öffentliche Interesse und die Anzahl der Zuschauer (etwa 70 Milliarden in der Saison 2004) betrifft. Aber: „Alles andere als die Formel 1 ist, als ob man seine Schwester küsst“, meint der Marketing-Direktor der Continental AG, und will damit sagen, dass ein Engagement in einer x-beliebigen Rennserie eben nichts Halbes und nichts Ganzes sei. Außerdem sei allein Fußball im Stande, eine weltweite Begeisterung hervorzurufen und somit dem „weltweiten Marketing-Approach“ des Hannoveraner Automobilzulieferers und Reifenherstellers zu genügen.
Das oberste Ziel des WM-Engagements zu erreichen, den Bekanntheitsgrad der Marke Continental zu steigern, wird nur über einen entsprechenden Betrag möglich sein, den der Konzern für die Partnerrechte an die FIFA bezahlen musste. In Hannover werden zwar keine Zahlen genannt, doch die Summe dürfte gut im zweistelligen Millionenbereich liegen. Hyundai zum Beispiel, ein anderer der 15 Exklusivpartner der Fußball-WM, sei „mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag“ involviert, meldet Auto-Reporter.net. Und die Deutsche Telekom – ebenfalls in der exklusiven Gruppe der 15 globalen Sponsoren – will sich ihr WM-Programm sogar rund 100 Millionen Euro kosten lassen, wie die dpa berichtet. Irgendwo in diesen Regionen dürfte demnach auch Contis Partnerbeitrag liegen, wenn 100 Millionen als Schätzung aber ein wenig zu hoch gegriffen sein dürfte. Dritter deutscher Hauptsponsor ist übrigens der Sportartikelhersteller Adidas-Salomon.
Was erhält der Hannoveraner Konzern für sein Geld und wie nutzt es den Reifenhändlern?
Zu allererst ist natürlich die Bandenwerbung in den Fußballstadien entscheidend und zuschauerwirksam. Wie gesagt: Etwa 35 Milliarden TV-Zuschauer starren während der 96 Stunden Fußball, die mindestens geboten werden (ohne Verlängerungen und Elfmeterschießen), auf die orange Bandenwerbung mit dem Schriftzug der Continental. Die entsprechenden Banden stehen allesamt gegenüber der Kamerapositionen in den Stadien. Darüber hinaus prangt Contis Logo auf sämtlichen Aufstellerwänden im Kabinengang und im Pressezentrum, so dass bei Kurzinterviews mit Spielern und bei Pressekonferenzen ebenfalls ein Effekt erzielt werden kann.
Eines der wichtigsten Rechte, das das Unternehmen mit dem Sponsoring der Fußball-Weltmeisterschaft verbindet, ist „das Recht, Tickets zu kaufen“, erklärt Ralf Fahrenbach im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG. Es geht dabei um Eintrittskarten in fünfstelliger Zahl. Dies sei ein Recht, „das ausgesprochen attraktiv ist“, da es zahlreiche Möglichkeiten eröffnet. Einmal können somit natürlich gute Kunden und Geschäftspartner zu Spielen eingeladen werden. Andererseits kann die Continental ihr Ticketkontingent aber auch für Promotionaktionen und Medienpartnerschaften nutzen, die wiederum dem eigenen Bekanntheitsgrad förderlich sind.
Beispiel Medienpartnerschaften. Auf Sportkanälen wie dem DSF oder in Sportzeitungen wie der Gazzetta dello Sport aus Italien können Verlosungen etc. von Conti-Eintrittskarten stattfinden. Dies sei „ein Punkt, mit dem man sich attraktiv machen kann“, ist sich Fahrenbach sicher, denn über die normale Sportberichterstattung hinaus tritt die Continental somit als Sponsor auch im weiteren Umfeld der Fußball-WM in Erscheinung. Darüber hinaus sei es auch ein besonderes Merkmal, als Hauptsponsor der Weltmeisterschaft auftreten zu dürfen, dass man innerhalb der eigenen Branche Exklusivität beanspruchen kann. Es gibt neben der Continental AG also keinen weiteren Reifenhersteller weltweit, der einen ähnlichen Status wie das Hannoveraner Unternehmen innehat. Dieses „Alleinvertretungsmerkmal“, so Fahrenbach, sei überaus hilfreich, um das Ziel zu erreichen, den Bekanntheitsgrad der eigenen Marke zu steigern. Daher sei die Fußball-WM auch das „effizientere Investment“, so der Marketing-Direktor, wenn man den Vergleich zum Motorsport zieht.
Durch eine – nachweisbare – Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades unter den Endverbrauchern wird es nicht nur dem Hersteller auf den internationalen Märkten besser gelingen, seine Produkte abzusetzen. Auch den Händlern weltweit wird dies sehr wahrscheinlich noch besser gelingen, wobei die Continental – wenn überhaupt – sicherlich eher im Ausland als in Deutschland einen Nachholbedarf hat, wo der größte heimische Hersteller eine herausragende Stellung innehat. Der Zusammenhang zwischen einem Markennamen, dem Bekanntheitsgrad dieser Marke und den Kauf- und vor allem Verkaufsentscheidungen im Handel ist ja erwiesen. Somit richtet sich das Engagement der Continental im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft nicht nur auf die Endverbraucher, sondern eben auch auf die Reifenfachhändler, die es zu überzeugen oder zu beeinflussen gilt.
Natürlich wird die WM auch zu Werbezwecken genutzt, so darf die Continental AG etwa das offizielle Logo der FIFA nutzen. Insgesamt wird das Thema „Fußball und Conti“ thematisiert, so stützt sich etwa ein Großteil der Werbe- und Anzeigenaktivitäten des Reifenherstellers auf das in Form eines Reifen stilisierte Fußballstadion, und das bereits seit Monaten. Auch will das Unternehmen eine „interne Konzern-Weltmeisterschaft“ austragen, bei der Teams aus Continental-Mitarbeitern aus verschiedenen Ländern gegeneinander antreten. Im April soll der so genannte ContiTeamCup als weltweiter Wettkampf beginnen, alle 70.000 Mitarbeiter können sich beteiligen, und einige von ihnen werden im Sommer 2006 ein Finale in Hannover spielen.
Die Fußball-Weltmeisterschaft ist zwar das größte Sportereignis des Jahrzehnts in Deutschland, wenn nicht sogar in ganz Europa. Dennoch wird mit dem Schlusspfiff im Finalspiel in Berlin am 9. Juli auch dieses Fußballgroßereignis vorbei sein. Folglich machen sich die Marketingverantwortlichen in Hannover bereits jetzt Gedanken darüber, wie es in der Zeit nach der WM weitergehen kann. Eins sei bereits jetzt sicher, kündigt Marketing-Direktor Lars Fahrenbach an: „Wir wollen über 2006 hinaus im internationalen Topfußball bleiben.“ Dies sei der „Premiumanspruch“ an ein „Premiumevent“, den man in Hannover habe. Was genau mit „Topfußball“ gemeint ist, bleibt indes noch ein Geheimnis.
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